Wenn es nach manchen Australiern geht, dann wäre dieses Treffen ein G-19- und kein G-20-Gipfel geworden. Russlands Präsident Putin solle doch bitte zu Hause bleiben, meint ein Mann, der in der Innenstadt von Brisbane an seinem Motorrad steht. "Der Mann ist ein Idiot", sagt er. "Der hat die Leute unterstützt, die dieses Flugzeug abgeschossen haben. Er sollte nicht hier sein dürfen."
Beim Absturz von Flug MH17 über dem Osten der Ukraine waren auch 27 Australier ums Leben gekommen. Die australische Regierung wirft Russland vor, am Abschuss der Maschine beteiligt gewesen zu sein. "Herr Putin, wir wollen eine Entschuldigung" titelte eine große Zeitung aus Brisbane heute Morgen. Doch Herr Putin hat sich bisher nicht entschuldigt und weist die Vorwürfe zurück. Stattdessen hat er vier russische Kriegsschiffe in internationale Gewässer vor Brisbane geschickt. Die australische Regierung ist nun sichtlich bemüht die Lage zu entschärfen. Das sei doch nicht ungewöhnlich, dass diese Schiffe bei solchen Veranstaltungen auftauchten, sagte dazu Australiens Finanzminister Joe Hockey.
Strukturreformen sollen für mehr Wachstum sorgen
Der Streit mit Russland soll den Gipfel nicht überschatten. Australiens Regierung will das Treffen stark fokussieren. Die Abschlusserklärung soll nicht mehr als drei Seiten umfassen. Das Ziel: Zwei Prozent mehr Wachstum für die Weltwirtschaft. Und das innerhalb von fünf Jahren. Dazu sollen sich die Staats- und Regierungschefs auf Strukturreformen einigen. So sollen Investitionen der Privatwirtschaft erleichtert und Handelsschranken abgebaut werden. Außerdem sollen internationale Großkonzerne wie Apple oder Starbucks in Zukunft nicht mehr so einfach Steuern vermeiden können. Finanzminister Joe Hockey:
"Die Leute haben früher kritisiert, dass die G20 keine handfesten Ergebnisse hervorbringen. Wir haben einen Plan für die Staats- und Regierungschefs. Wir wollen Wachstum schaffen, Jobs schaffen, die Leute aus der Armut befreien. Und wir sind entschlossen das an diesem Wochenende abzusprechen."
Das in Sachen Bevölkerung kleine Australien gibt sich also selbstbewusst. Doch als Finanzminister Joe Hockey gestern vor die internationale Presse trat, da zeigte sich, dass der Plan kaum aufgehen wird, sich fast ausschließlich auf das Wirtschaftswachstum zu konzentrieren.
Ebola, Klimawandel, Ukraine und IS
Werde man über den Kampf gegen Ebola sprechen? Der Finanzminister genervt. Natürlich sei das wichtig. Nächste Frage: Werde es um den Klimawandel gehen?
Australien gilt als äußerst zurückhaltend, wenn es um den Klimaschutz geht. Die Politikwissenschaftlerin Caroline Bracht glaubt dennoch, dass der Gipfel von diesem Thema bestimmt wird. Hinzu kämen Ebola, die Lage in der Ukraine und der Kampf gegen die Islamisten in Syrien und dem Irak. Bracht forscht an der Universität Toronto zu den G20.
"Viele Fragen wurden schon im Vorfeld des Gipfels geklärt", sagt sie. "Das gibt den Staats- und Regierungschefs den Raum andere Dinge zu besprechen. Die wirtschaftliche Agenda wird natürlich trotzdem behandelt."
Die Bundesregierung hat bereits erklärt, dass sie den Klimaschutz auf die Agenda bringen will – auch wenn die Australier das nicht so gerne sehen. Bundeskanzlerin Angela Merkel wird am Abend in Brisbane eintreffen. Der in Australien wenig geliebte Wladimir Putin landet ein wenig später.