Die Krawalle: Sie beherrschten in weiten Teilen die Berichterstattung über den G20-Gipfel: die schwere Ausschreitungen während des Hamburger Treffens. Polizeivertreter und Politiker sprachen von einer neuen Dimension der Gewalt. Vor allem im Szeneviertel Schanze hinterließen die Randalierer eine Spur der Verwüstung.
Die vorläufige Bilanz aus Polizeisicht: 144 Festnahmen, mehr als 200 verletzte Beamte. Zur Zahl der verletzten Demonstranten konnten weder Polizei noch Feuerwehr Angaben machen. Bundesaußenminister Gabriel warnte, dass die Hamburger Krawalle dem Ansehen des Landes in der Welt schadeten. Kanzlerin Merkel hat den Opfern der Krawalle schnellstmögliche Hilfe und Entschädigung zugesagt.
Das Sicherheitskonzept: Die Ausschreitungen der vergangenen Tage und Nächte wurden von Politikern aller Lager verurteilt. Kanzleramtschef Altmaier sprach sogar von "linksextremem Terror". Allerdings geriet auch Hamburgs Regierungschef Scholz unter Druck. Die oppositionelle CDU und die FDP warfen ihm vor, die Lage unterschätzt und alle Warnungen "weggelächelt" zu haben. Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft Wendt legte Scholz den Rücktritt nahe. Scholz selbst räumte ein, sein Sicherheitsversprechen an die Bürger nicht eingehalten zu haben.
Das Vorgehen der Polizei: Von führenden Politikern wie etwa Bundesinnenminister de Maizière bekommt die Polizei Rückendeckung. Der Rechtsstaat habe die Kontrolle nicht verloren. Bei einem solchen Ausmaß an völlig enthemmter Gewalt könne trotz aller Konsequenz und auch bei bester Vorbereitung nicht jede Ausschreitung erfolgreich sofort unterbunden werden, sagte de Maizière der "Bild am Sonntag". Kritisiert wird die Polizei vor allem für ihren harten Einsatz bei der "Welcome to Hell"-Demonstration am Freitag.
Die Demonstrationen: Auch wenn die Bilder der Krawalle etwas anderes suggerieren: Die meisten der rund 30 angemeldeten Demonstrationen gingen bunt und überwiegend friedlich über die Bühne, oder es blieb bei "zivilem Ungehorsam" in Form von Sitzblockaden auf Straßenkreuzungen. Bei den beiden größten Demonstrationen am Samstag protestierten Zehntausende gegen die Politik der G20 und forderten mehr Gerechtigkeit.
Was erreicht wurde
Partnerschaft und Hilfe für Afrika: In Zukunft soll es nicht nur klassische Entwicklungshilfe geben, sondern auch mehr Förderung für reformorientierte afrikanischen Staaten. Entwicklungsorganisationen sind wenig überzeugt, weil der Fokus mehr auf den Investoren als auf den Bedürfnissen der Menschen liege. Ursula Eid von der deutschen Afrika-Stiftung nannte den "Compact with Africa" im Deutschlandfunk dringend notwendig, allerdings könnten nicht alle Länder direkt von dem Vertrag profitieren. Die USA stellen dem Welternährungsprogramm 331 Millionen US-Dollar zur Bekämpfung der drohenden Hungersnöte im Südsudan, Jemen, Nigeria und Somalia zur Verfügung.
Der Kampf gegen Terror: Das unstrittigste Thema in Hamburg. Die G20-Staaten vereinbarten, gemeinsam verstärkt gegen Terrorfinanzierung und Propaganda im Internet vorzugehen und Verdächtigen Kommunikationswege zu verbauen. Der Kampf gegen die Geldwäsche von Terroristen oder für einen besseren Informationsaustausch der Ermittler ist allerdings nicht neu - die konkrete Umsetzung erfolgt oft schleppend.
Der Freihandel: In ihrer Abschlusserklärung einigten sich die G20 auf einen klassischen Kompromiss. Dort heißt es, die Gruppe erkenne die "Rolle rechtmäßiger Handelsschutzinstrumente" an. Damit machen die G20 ein Zugeständnis an Trumps Abschottungspolitik - im Vergleich zu früheren Erklärungen ist das ein Rückschritt. Im Gegenzug schaffte es eine Absage an Protektionismus in die Erklärung. Der Begriff wird aber unterschiedlich interpretiert. Der US-Präsident hält seine "Amerika zuerst"-Politik nicht für Protektionismus, die Europäer schon.
Die USA und Russland: Auf dem G20-Gipfel gab es das erste direkte Treffen zwischen US-Präsident Trump und Kremlchef Putin. Zwei Stunden und 15 Minuten und damit deutlich länger als im Protokoll vorgesehen dauerte das erste Gespräch der beiden. Die Einigung der beiden Präsidenten auf eine Waffenruhe für Teile Syriens bezeichnete der Russlandbeauftragte der Bundesregierung, Erler, im Deutschlandfunk als "Höhepunkt des Gipfelprogramms" und sprach vom Beginn einer weiteren Zusammenarbeit zur Beilegung des Syrien-Konflikts. Kanzlerin Merkel betonte, es könne nur zum Wohle aller sein, wenn es einen "guten, ehrlichen, aufrichtigen Gesprächskanal zwischen Russland und den Vereinigten Staaten von Amerika" gebe.
Was nicht erreicht wurde
Der Klimaschutz: Beim politisch wichtigsten Thema des Treffens gab es keine Einigung, aber ein Novum: Erstmals in der Geschichte des G20-Gipfels wurde ein Dissens in der Abschlusserklärung festgeschrieben. Im Abschlussdokument wurde ausdrücklich die ablehnende Haltung der USA gegenüber dem Pariser Abkommen benannt. Die übrigen 19 Länder stimmten darin überein, dass das Ende 2015 beschlossene Klimaabkommen "unumkehrbar" sei. Damit stellten sich auch China, Russland und Saudi-Arabien gegen den US-Präsidenten. Dieser hatte Anfang Juni den Ausstieg seines Landes aus dem Abkommen angekündigt.
Das Thema Flüchtlinge: Gemeinsam gegen die Flüchtlingskrise - das war ein dringender Wunsch der Europäer beim G20-Gipfel. Gelungen ist aber nur eine halbherzige Einigung im Kampf gegen Schleuser und Menschenhändler. Dazu werden "Maßnahmen" angekündigt, die vage bleiben. UNO-Sanktionen wie Reiseverbote und Vermögenssperren gegen Schleuser und Menschenhändler soll es wegen des Widerstands von Russland und China nicht geben.
Der Ukraine-Konflikt: Das Dreiertreffen von Bundeskanzlerin Merkel, Frankreichs Präsident Macron und Russlands Präsident Putin hat keine Fortschritte gebracht. Diplomaten hofften aber, dass das so genannte Normandie-Format nach dem Präsidentenwechsel in Frankreich nun wieder in Gang kommt und von US-Präsident Trump unterstützt wird.
Die Bilanz
Die Gastgeberin: Trotz der beispiellosen Gewalt auf den Straßen und tiefgreifender Differenzen mit den USA hat sich Kanzlerin Merkel zufrieden mit dem ersten G20-Gipfel in Deutschland gezeigt. In einigen Bereichen seien durchaus gute Ergebnisse erzielt worden, sagte Merkel auf ihrer Abschluss-Pressekonferenz. Sie selbst konnte während des Gipfels ein Projekt voranbringen, dass ihr persönlich sehr wichtig ist: Der erst vor kurzem gestartete Weltbank-Fonds zur Stärkung von Unternehmerinnen in Entwicklungsländern erhielt Geldzusagen in Höhe von umgerechnet 285 Millionen Euro. US-Präsident Trump lobte die Kanzlerin für die Ausrichtung des Gipfels, Russlands Präsident Putin hob hervor, dass sie 19 Mitglieder für die Bestätigung des Klimaabkommens gewinnen konnte.
Die Bewertung: UNO-Generalsekretär Guterres hat die Ergebnisse des G20-Gipfels in Hamburg als wichtige Bestandsaufnahme bezeichnet. Dies ermögliche es, "die Fundamente" zu legen für gemeinsame Maßnahmen gegen die bestehenden Probleme. Das akuteste und schwierigste sei dabei der Klimawandel.