Die Staats- und Regierungschefs ließen Putin wissen, dass sie sich die Möglichkeit scharfer Wirtschaftssanktionen ausdrücklich vorbehalten. Doch beim Gipfeltreffen in Brüssel forderten die G7-Staaten den russischen Präsidenten vor allem zum Handeln auf: Moskau soll jetzt aktiv zu einer Lösung der Krise beitragen.
Am Rande der Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag der Alliierten-Landung in der Normandie am Freitag soll Putin eine klare Botschaft überbracht werden, wie Bundeskanzlerin Angela Merkel ankündigte. "Die heißt, dass es jetzt wichtig ist, dass Russland seinen Beitrag leistet, um die Situation zu stabilisieren und zu deeskalieren."
Putin muss bis Ende Juni einlenken
In der Nacht zum Donnerstag hatte sich die Gipfel-Runde auf eine gemeinsame Erklärung verständigt. Der Westen erwartet von Russland vertrauensbildende Maßnahmen, anderenfalls drohen neue schärfere Sanktionen. Darin verlangen die G7-Staaten vier Punkte von Russland: Zusammenarbeit mit dem neuen ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko, Stopp des Zustroms von Separatisten und Waffen in die Ostukraine, Garantien für die Gasversorgung, vollständiger Abzug der Truppen von der ukrainischen Grenze.
Als Wegmarke zur Überprüfung von Russlands Verhalten nannte Merkel den EU-Gipfel am 26. und 27. Juni. Lenkt Putin bis dahin nicht ein, steht dann wieder die Frage im Raum, ob die EU nicht mehr nur einzelne Russen und ukrainische Separatisten mit Einreiseverboten und Vermögenssperren belegt, sondern auch die Wirtschaftsbeziehungen zu Russland teilweise aussetzt.
Strittige Fragen am Rande des Gipfels
Bundeskanzlerin Angela Merkel machte klar, dass eine russische Verweigerungshaltung Stufe drei der Sanktionen nach sich ziehen könne. Merkel wird Putin an diesem Freitag in der Normandie treffen. Frankreichs Präsident François Hollande und der britische Premier David Cameron werden noch an diesem Donnerstag mit dem Kremlchef in Paris über die Lage in der Ukraine beraten.
Russland kritisierte die Ausführungen der G7-Staaten zum Ukraine-Konflikt. Es sei grenzenlos zynisch, wenn die G7-Gruppe das Vorgehen der ukrainischen Armee gegen die Separatisten als maßvoll bezeichne, sagte Ministerpräsident Medwedew in Moskau. Tausende seien vor den Kämpfen auf der Flucht.
Am Rande des Treffens ging es offensichtlich auch um die strittige Frage, wer neuer EU-Kommissionspräsident werden soll. Bundeskanzlerin Angela Merkel traf noch in der Nacht Cameron und am Morgen Italiens Regierungschef Matteo Renzi zu bilateralen Gesprächen. Merkel unterstützt den Christsozialen Jean-Claude Juncker, Cameron ist strikt dagegen. Auf dem Spiel steht hier möglicherweise auch ein Verbleib Großbritanniens in der EU.
Zur G7-Runde gehören die Regierungschefs der USA, Kanadas, Japans, Frankreichs, Italiens, Großbritanniens und Deutschlands. Erstmals seit 16 Jahren kamen die G7 ohne Russland zusammen. Den Gipfel richtete erstmals die Europäische Union aus. Nach der Krim-Annexion war Putin aus dem G8-Kreis ausgeschlossen und ein ursprünglich im russischen Sotschi geplantes Treffen abgesagt worden.
(pg/dk)