Im Vorgehen gegen Russland im Ukraine-Konflikt ist sich die G7 einig. Der Brüsseler Gipfel will sich nicht lang mit der Konfrontation mit Moskau aufhalten - nach dem Motto: Es gibt Wichtigeres. Doch die Lage der Ukraine nahm beim Abendessen zum Auftakt des Gipfels einen breiten Raum ein. Stichwort: Sanktionen. "Wir sind bereit, die gezielten Sanktionen zu intensivieren und die Verhängung weiterer Maßnahmen zu erwägen, um die Kosten für Russland zu erhöhen, wenn die Ereignisse dies nötig machen sollten", hieß es in dem der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden jüngsten Entwurf der G7-Erklärung. Eine genaue Erklärung, wann der Moment für Wirtschaftssanktionen gekommen ist, wird nicht gegeben.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) drohte bereits vor dem Treffen einmal mehr mit weiteren Sanktionen: "Wir haben einen langen Atem, wenn es darum geht, Freiheit, Recht und Selbstbestimmung auf dem europäischen Kontinent durchzusetzen." US-Präsident Barack Obama warnte in Warschau vor weiteren Aggressionen in Osteuropa. "Die Zeiten von Imperien und Einflusssphären sind vorbei", sagte Obama. Seine Regierung werde die Truppenpräsenz in Europa wegen der Sicherheitslage neu bewerten.
Und so wurde der russische Präsident Wladimir Putin von dem Gipfeltreffen ausgeschlossen. Merkel rechtfertigte dies in einer Regierungserklärung im Bundestag: Die G7 sei auch eine Gemeinschaft, die Werte teile, und dazu gehöre "zwingend" die Achtung des Völkerrechts. Und dieses hat Russland nach einhelliger Einschätzung des Westens mit der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim gebrochen. "Wir werden diese Annexion niemals akzeptieren", sagte Obama. Merkel sicherte Moskau Dialogbereitschaft zu, aber: "Indem Russland seine Grenzen nicht oder nicht ausreichend kontrolliert und in großem Umfang Kämpfer und Munition in den Südosten der Ukraine gelangen können, trägt dies weiter zur Destabilisierung des Nachbarn bei", kritisierte die Bundeskanzlerin. "Wenn dies nicht aufhört, dann werden wir uns nicht scheuen, weitere Sanktionen zu verhängen."
EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy - Gastgeber neben EU-Kommissionschef José Manuel Barroso - betonte, Russland sei von diesem Gipfel, nicht aber dauerhaft aus der Gruppe der Acht (G8) ausgeschlossen worden. Der nächste G7- oder G8-Gipfel findet im kommenden Jahr unter deutscher Präsidentschaft statt. Russland werde sich nun auf das größere G20-Format konzentrieren, zu dem aufstrebende Nationen wie China, Indien und Südafrika gehören, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow einem Radiosender. Eine Rückkehr in den Kreis der G8 stehe derzeit nicht zur Debatte. Nicht ausgeschlossen wurde Putin von den Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag der Landung der Alliierten in der Normandie. Dort wird er am Rande auch Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande treffen.
Die Themen des Gipfels
Die G7-Länder suchen in zentralen globalen Fragen wie Klima, Sicherheitspolitik und Regulierung der Finanzmärkte nach Angaben der Bundeskanzlerin den Schulterschluss. Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und die USA wollen gemeinsame Positionen für das Treffen der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer Ende des Jahres in Australien vorbereiten. Entscheidend dafür sei das gemeinsame Verständnis, dass dauerhaftes Wachstum nur mit Strukturreformen und einer Haushaltskonsolidierung zu erreichen sei.
Einigkeit soll auch hergestellt werden bei Fragen des Freihandels, der verstärkten Energiesicherheit und der Wahrung des Völkerrechts. Zugleich forderte Merkel erneut eine stärkere Regulierung sogenannter Schattenbanken. Beim Thema Energie verwies die Kanzlerin auf Beschlüsse der G7-Fachminister: "Bis 2015 wollen sie einen umfassenden, langfristigen Aktionsplan erarbeiten, mit dem verhindert werden soll, dass Energie als politisches Zwangsmittel eingesetzt wird", sagte Merkel mit ausdrücklichem Hinweis auf den russisch-ukrainischen Streit um Gaslieferungen.
Zudem wollen die G7 einen neuen Anlauf in der Klimapolitik nehmen. Auf der Weltklimakonferenz 2015 müsse ein verbindliches Abkommen zur Begrenzung des Ausstoßes von Treibhausgasen vereinbart werden, das bis 2020 in Kraft treten solle, sagte Merkel. Es müsse wesentlich mehr getan werden, um die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen. Erst am Dienstag hatte US-Präsident Barack Obama angekündigt, dass auch die USA nun ihren Ausstoß an Treibhausgasen drastisch reduzieren wollten.
This is huge: President Obama proposed the first-ever national limits on carbon pollution from existing power plants. pic.twitter.com/vea1QRmAkC— Barack Obama (@BarackObama) June 3, 2014