Melodiös und expressiv fiel der Tonsatz aus, der die Rückblenden auf den „ideellen Gesamtdiktator“ ausstattet, aufschäumt und ausgleiten lässt. Der Dirigent Stefan Klingele nutzt mit dem erheblich geforderten Chor und den zu Raumklang disponierten Bremer Philharmonikern die reichen Effekte der neuen musikalischen Prächtigkeit und Inbrunst wie die filigranen Momente zu einer höchst effektiven und am Ende stürmisch gefeierten Leistung. Der Ton, in dem es gelegentlich brahmst und Verdi-Spurenlese bereichert, indem sich sogar der Hodenbruch immer wieder mit einer Sopranpartie zu Wort meldet, etablierte ein Aroma besonderer Art, allerdings ohne offensichtlichen folkloristischen Zitate; am Ende mag es einem dennoch vorkommen, als wäre man zur Exkursion ins Unterhaus einer verwirrenden Neuen Welt mitgenommen worden, in dem nicht nur andere politische Regeln gelten, sondern auch nicht die mitteleeuropäischen ästhetischen Normen. [Der Auftraggeber, Generalintendant Klaus Pierwoß, weiß, was sich das Bremer Theater durch diesen Komponisten an Land gezogen hat:
Weit weniger als die dichte und sehr wohl in oratorischer Aufführung plausible Musik überzeugte die Szene. „Überall Kühe“ sieht das Libretto immer wieder vor. Konsequent hat Rosamund Gilmore die dreistufige Bühneninstallation von Carl Friedrich Oberle mit den weißen Tieren bevölkert, die wohl auf die Rückständigkeit und Duldsamkeit der diktatorisch regierten Landstriche anspielen. Die multifunktionale Stufen-Architektur deutet den Palast des Patriarchen an und einen mediterranen Friedhof; auf den Dachsparren lauern Chiffren der Vogelwelt und darüber erhebt sich ein Gewölbe aus Bananenblättern unterm postkartenblauen Himmel. Man hätte sich die Annäherung an das überlebensfähige Überlebte weit weniger konkretistisch vorstellen können – eher also große Momente von hundert Jahren Einsamkeit auf der Bühne als immer wieder neu kostümierte Volksmassen.
Doch Battistellis elaborierte und für sich allein schon bildmächtige Musik entschädigt für die szenischen Schwächen.
Und die kleinen Pannen bei der Premiere werden in den Folge-Aufführungen sicher behoben werden – die Kürbisse also nicht mehr zu früh explodieren und die Choristen, die die Fensterläden aus den Angeln heben, umdrehen und zum großen Bild des großen Patriarchen auf großem Fahnenhintergrund fügen, das Puzzle vollends richtig zusammensetzen.