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Gabriel zu Atomabkommen
Trumps "gefährliches Signal"

Außenminister Gabriel kritisiert die Haltung von US-Präsident Trump in Bezug auf das internationale Atomabkommen mit dem Iran. Der SPD-Politiker sagte im Deutschlandfunk, es sei ein schwieriges und gefährliches Signal, das der US-Präsident mit seiner Rede im Weißen Haus gegeben habe.

14.10.2017
    Außenminister Sigmar Gabriel (SPD)
    Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) (imago / photothek)
    Gabriel hat nach eigenen Angaben Sorge, dass es nicht nur ein iranisches Problem bleiben würde, falls die USA das Atomabkommen infrage stellten. Auch andere Länder könnten sich dann atomar bewaffnen. Der Außenminister sagte wörtlich: "Dann werden unsere Kinder und Enkelkinder in einer ganz gefährlichen Welt aufwachsen." Deutschland soll seiner Ansicht nach keine weiteren Sanktionen gegen den Iran mittragen, so wie Trump es vorschwebe. Das internationale Atomabkommen sei über 10 Jahre lang ausgehandelt worden und Teheran halte sich an die Vereinbarungen. Die Internationale Atomaufsicht habe Zugang zu allen Anlagen und Informationen, deshalb seien Sanktionen gegen den Iran in Hinsicht auf das Abkommen nicht zu rechtfertigen.
    "Kriegsgefahr in relativer Nähe zu Europa"
    Der Bundesaußenminister sagte im Deutschlandfunk, er habe größte Befürchtungen für den Fall, dass sich weitere Staaten im Nahen und Mittleren Osten atomar bewaffnen. "Dann sind wir da, wo wir vor 10 Jahren schon waren." Damit entstehe eine Kriegsgefahr in relativer Nähe zu Europa. Gabriel äußerte auch generell Unverständnis für das Vorgehen des US-Präsidenten. Es gehe Trump offenbar vor allem darum, alles, was sein Vorgänger Obama in die Wege geleitet habe, wieder rückgängig zu machen. Sanktionen gegen den Iran würden darüber hinaus auch die deutsche Unternehmen treffen, die Geschäfte mit dem Iran betreiben.
    "Wir haben uns absolut eindeutig positioniert"
    Kritik an der Haltung der Bundesregierung gegenüber der US-Regierung in der Sache ließ Gabriel nicht zu. "Es nützt nichts, wenn wir jetzt starke Sprüche machen - wir wollen ja nicht so sein wie der amerikanische Präsident." Deutschland und die anderen Länder, die mit dem Iran das Abkommen ausgehandelt hätten, würden weiter an der Vereinbarung festhalten. Etwas anderes, als mit den Amerikanern reden, könne man nicht nicht. Außerdem habe sich die Bundesregierung eindeutig positioniert.
    Die Grafik zeigt, wie sich die Atomeinigung mit dem Iran auf das Land auswirkt und zu welchen weiteren Konsequenzen sie führt.
    Die Atomeinigung mit dem Iran im Detail. (picture-alliance/ dpa-infografik / Grafik: Andreas Brühl; Redaktion: Wolfgang Fink)
    Gemeinsames Statement von Merkel, Macron und May
    Deutschland, Frankreich und Großbritannien veröffentlichten eine gemeinsame Erklärung, in der sie die USA davor warnen, der Vereinbarung zu schaden. "Wir, die Staats- und Regierungschefs Frankreichs, Deutschlands und des Vereinigten Königreichs nehmen die Entscheidung von US-Präsident Trump zur Kenntnis, die Einhaltung des 'Joint Comprehensive Plan of Action' durch den Iran nicht zu bestätigen", heißt es wörtlich in der von Angela Merkel, Emmanuel Macron und Theresa May gemeinsam abgegebenen Erklärung - und weiter: "Wir sind besorgt angesichts der möglichen Auswirkungen." Zugleich betonten die drei Politiker aber auch, dass sie das iranische Raketenprogramm mit der gleichen Sorge sehen wie die Vereinigten Staaten.
    Die EU-Außenbeauftragte Mogherini stellte klar, dass ein einzelnes Land das Abkommen mit dem Iran nicht einfach aufkündigen könne. Sie rief zur Zusammenarbeit auf, damit der Nuklearvertrag seine Gültigkeit behalte.
    Hardt (CDU) warnt ebenfalls vor Abkehr
    Der außenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Hardt, sagte im Deutschlandfunk ( Audio-Link ), eine Abkehr vom Atomabkommen würde die Sicherheitslage in der Region bedrohen. Er hoffe, dass der US-Kongress das Abkommen aufrecht erhalte. Der Ball liege nun im Spielfeld der Abgeordneten. Wenn diese die Sanktionen, die im Rahmen des Abkommens aufgehoben worden seien, nicht wieder einführten, habe der Vertrag weiter Bestand. Man müsse sich darum bemühen, die US-Kollegen davon zu überzeugen, führte der CDU-Politiker Hardt weiter aus.
    Kritik aus Russland, Unterstützung durch Israel
    Die russische Regierung hat den verschärften Kurs von US-Präsident Trump im Umgang mit dem Iran kritisiert. Das Außenministerium in Moskau sprach von einer aggressiven Rhetorik. Diese sei inakzeptabel. Versuche, mit solchen Methoden Sicherheitsprobleme zu lösen, seien zum Scheitern verurteilt, hieß es weiter. Israel und Saudi-Arabien begrüßten die Rede Trumps. Der israelische Ministerpräsident Netanjahu betonte, Trump stelle sich gegen ein terroristisches Regime. Das schlechte Abkommen könne jetzt korrigiert werden.
    Trumps Drohgebärden
    In seiner Rede im Weißen Haus in Washington hatte Trump angekündigt, trotz massiver Kritik vorerst am Atomabkommen mit dem Iran festhalten zu wollen. Er drohte aber damit, jederzeit aus der Vereinbarung auszusteigen. Auch verweigerte er dem Abkommen die anstehende Bestätigung und will vielmehr gemeinsam mit dem US-Kongress daran arbeiten, die - wie er es beurteilt - Mängel der Vereinbarung zu beheben.
    Das Atomabkommen mit dem Iran war 2015 geschlossen worden. Alle 90 Tage muss der US-Präsident gegenüber dem Kongress bestätigen, dass sich der Iran an die vereinbarten Auflagen hält. Trump will diese Regel streichen lassen. Trump kritisierte die Führung des Iran massiv und kündigte neue Sanktionen an, insbesondere gegen die Revolutionsgarden. Er hatte der Führung in Teheran vorgeworfen, fanatisch und radikal zu sein. Außerdem habe der Iran mehrfach gegen das Atomabkommen verstoßen, indem er etwa Kontrolleure eingeschüchtert und Inspektionen verhindert habe. Dem widersprach der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde in Wien, Amano. Es gebe alle Möglichkeiten zur genauen Kontrolle des iranischen Atomprogramms. Bisher werde man zu allen Orten vorgelassen, zu denen man wolle.
    Iran reagiert mit Entrüstung
    Der iranische Präsident Rohani reagierte entrüstet auf die massive Kritik von US-Präsident Trump am Atomabkommen mit seinem Land. Rohani sagte, Trumps Ansprache sei voll von Beleidigungen und falschen Anschuldigungen gewesen. Er betonte, das Atomabkommen sei nicht verhandelbar und stellte klar, dass der Iran an dem Vertrag festhalte, solange die nationalen Sicherheitsinteressen des Landes gewährleistet blieben. Aus Sicht der Iran-Expertin Azadeh Zamirirad von der Stiftung Wissenschaft und Politik haben die Maßnahmen aus Washington einen kontraproduktiven Effekt. Zamirirad sagte im Deutschlandfunk ( Audio-Link ), man sehe nun eher einen Schulterschluss zwischen verschiedenen Fraktionen im Land, gerade auch zwischen der Regierung in Teheran und den Revolutionsgarden.
    (tep/wes)