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Gabriel zu Vorwürfen gegen Weil
"Ich hätte mich genauso verhalten"

In der VW-Abgasaffäre erhält der niedersächsische Ministerpräsident Weil Rückendeckung von SPD-Parteikollegen. Bundesaußenminister Gabriel sagte, es sei normal, die Regierungserklärung rechtlich mit VW abzustimmen. Alles andere wäre ein Grund für Vorwürfe gewesen.

    Bundesaußenminister Sigmar Gabriel, SPD, bei einem Wahlkampfauftritt in Salzgitter.
    Heute will der niedersächsische Ministerpräsident Weil (SPD) mit den Fraktionsvorsitzenden über einen Wahltermin beraten. (picture alliance / Silas Stein/dpa)
    Bundesaußenminister Gabriel nannte die Vorhaltungen gegen Weil "abenteuerlich". Er hätte sich in der Situation "exakt genauso verhalten", betonte der SPD-Politiker. Er verwies darauf, dass er ebenfalls Ministerpräsident in Niedersachsen und im Aufsichtsrat von VW gewesen sei. Es wäre vielmehr ein Grund für Vorwürfe gewesen, wenn Weil die Regierungserklärung zur VW-Affäre nicht rechtlich mit dem Konzern abgestimmt hätte.
    Zugleich kritisierte Gabriel die CDU: Man habe bereits Erfahrung damit gemacht, dass die Christdemokraten versuchten, "sich auf nicht ganz anständigen Wegen zur Macht zu schleichen". So seien 1976 "zwei Stimmen gekauft worden mitten in der Periode, damit Herr Albrecht Ministerpräsident werden konnte".
    Die "Bild am Sonntag" hatte berichtet, Mitarbeiter des Volkswagen-Konzerns hätten den Entwurf einer Regierungserklärung Weils umgeschrieben und Kritik an VW entschärft.
    Lühmann fordert Lobbyregister
    Die Obfrau der SPD im Verkehrsausschuss des Bundestages, Lühmann, sagte im Deutschlandfunk, es sei in dem Fall lediglich um die Klärung rechtlicher Fragen gegangen. Grundsätzlich sei mehr Transparenz gefragt, etwa durch ein Lobbyregister, dass Aufschluss gebe über Kontakte von Lobbyisten gleich welcher Couleur mit der Politik.
    Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Stegner erklärte, die Vorwürfe gegen Weil sollten die Aufmerksamkeit von den "Machenschaften der CDU" ablenken, die hinter dem Wechsel der Grünen-Abgeordneten Twesten zur CDU stünden. Es sei ein "plumper Versuch, die erfolgreiche Regierung unter Stephan Weil zu diskreditieren", so Stegner.
    Trittin: "Kein Vorgang, den man kritisieren muss"
    Auch der frühere Bundesumweltminister Trittin von den Grünen verteidigte das Vorgehen von Weil: Er sehe darin keinen Vorgang, den man kritisieren müsse, sagte Trittin im Deutschlandfunk. Es sei allerdings unnötig gewesen, dass der Ministerpräsident in seiner Rede die Verdienste des damaligen VW-Vorstands Winterkorn hervorgehoben habe.
    Die Landesregierung veröffentlichte nun den Entwurf der Rede, der VW zugeleitet wurde, sowie die Fassung, die Weil schließlich im Oktober 2015 vor dem Landtag hielt. Demnach machte VW eine Reihe von Änderungsvorschlägen, die zum Teil angenommen, aber zum Teil auch abgelehnt wurden. Bei den akzeptierten Änderungen ging es vor allem um technische und rechtliche Fragen.
    Schärfste Formulierung blieb erhalten
    Die inhaltlich schärfste Formulierung, mit der Weil Kritik an Volkswagen übte, blieb demnach erhalten. So heißt es auch in der Endfassung, das Vorgehen von VW in der Abgasaffäre sei "unverantwortlich". Thema der Rede war der Skandal um illegale Abschalteinrichtungen in der Motorsteuerung von VW-Diesel-Fahrzeugen, die in den USA Schadenersatzklagen ausgelöst hatten.
    Die SPD-geführte Landesregierung bezeichnete die Berichterstattung von "Bild am Sonntag" über den Vorwurf der Abschwächung als "grob verzerrend und irreführend". Weil selbst sprach gegenüber "Bild" von einer "ollen Klamotte", einem "absurden Vorwurf" und einem Wahlkampfmanöver.
    Weiter Streit um Twestens Wechsel
    An diesem Montag berät Weil mit den Fraktionsvorsitzenden über einen Termin für eine vorgezogene Landtagswahl. Die rot-grüne Koalition in Niedersachsen hatte durch den Austritt der Abgeordneten Twesten aus der Partei und Fraktion der Grünen vergangene Woche ihre Ein-Stimmen-Mehrheit verloren. Twesten soll den Wechsel zur CDU bereits im Juni erwogen haben. Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Limburg, sagte der Deutschen Presse-Agentur, sie habe damals von einem "unmoralischen Angebot" der CDU gesprochen.
    Der frühere Landtagspräsident, der SPD-Politiker Wernstedt, bestätigte den Wortlaut in der "Nordwest-Zeitung". Twesten selbst hatte im Deutschlandfunk erklärt, es habe keine Lockangebote seitens der CDU gegeben. SPD und CDU streben an, den Landtag parallel zur Bundestagswahl am 24. September neu wählen zu lassen.
    (vic/kis)