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Galerist Johann König
Kampf der Kunstmessen

Fast hätte sich die "Art Cologne" dieses Jahr mit dem "Gallery Weekend" in Berlin überschnitten - das gab heftige Proteste. Beide kämpfen um Sammler und sehr viel Geld. Immerhin: "Die 'Art Cologne' hat einen "Abstrahleffekt, den das 'Gallery Weekend' mitnehmen kann", erklärt Galerist Johann König im DLF. Im Corsogespräch verrät er, was die Kunstszenen unterscheidet.

Johann König im Corsogespräch mit Fabian Elsäßer |
    Die Außenansicht der Galerie König in der St. Agnes Kirche in Berlin, aufgenommen am 27.04.2017, einen Tag vor Eröffnung des "Gallery Weekend" in Berlin. (Foto: Monika Skolimowska / dpa)
    Johann Königs Galerie in Berlin - einen Tag vor Eröffnung des "Gallery Weekend" (dpa / Monika Skolimowska)
    Fabian Elsäßer: Es ist ja fast schon ein Kampf der Kunstmessen, beziehungsweise ein Kampf um kaufkräftige Kunstsammler: Gestern wurde die diesjährige "Art Cologne" eröffnet, die am Samstag endet - morgen wiederum beginnt in der Hauptstadt das "Gallery Weekend Berlin", das bis Sonntag läuft.
    Da gabs im Vorfeld heftige Diskussionen und Vorwürfe, zum Beispiel, dass die Kölner Kunstmesse den Berlinern das Wasser - also die Sammler - abgraben wolle. Im nächsten Jahr werden die Termine deshalb auch entzerrt werden, die beiden Messen also mehr zeitlichen Abstand haben.
    Wir sprechen jetzt mit jemandem, der beide Städte und beide Szenen kennt, nämlich mit Johann König - Berliner Galerist, der aber, das kann man schon so sagen, aus einer Dynastie von Kunstkennern aus Köln stammt. Sein Vater Kasper König war lange Zeit Leiter des Museums Ludwig, sein Onkel Walther verlegt Kunstbücher. Willkommen zum Corsogespräch, Johann König.
    Johann König: Vielen Dank, guten Tag.
    US-Sammler kommen traditionell zur "Art Cologne"
    Elsäßer: Herr König, vor einigen Monaten haben Sie sich öffentlich darüber beschwert, dass die Kölner dieses Jahr fast im selben Zeitraum ausstellen, wie die Berliner. Jetzt sitzen wir hier in einer Hotellobby in der Nähe der Messe, denn Sie waren bei der Eröffnung der "Art Cologne". Woher dieser Sinneswandel?
    König: Also erstmal war es so, dass die koelnmesse, also die "Art Cologne", ihren Eröffnungstag einen Tag nach vorne geschoben hat, was das Ganze ein bisschen entspannt hat und es ja auch zwei unterschiedliche Formate sind. Und wir auch in der Vorplanung gemerkt haben, dass wir so gut ausgestattet sind als Team – also ich hab ein hervorragendes Team –, dass wir das eben durchaus gut stemmen können.
    Und wir sind auch sehr zufrieden, dass wir das gemacht haben. Hatten eine sehr erfolgreiche Messe, und es zeigt sich jetzt auch, dass auch durchaus das Galeriewochenende stark von der "Art Cologne" profitiert, weil zum Beispiel Don und Mera Rubell, das sind zwei bedeutende – oder ein bedeutendes Sammlerehepaar aus Miami – die kommen traditionell schon immer zur "Art Cologne", und die kommen dieses Jahr, durch die "Art Cologne", dann auch zum Galeriewochenende.
    Gleiches gilt für Susan und Michael Hort, also auch amerikanische Sammler. Und das ist eben, würde ich mal sagen, ein Abstrahleffekt, den das "Gallery Weekend" da mitnehmen kann.
    Abstrahleffekt von Köln auf Berlin
    Elsäßer: Das heißt, es gibt eigentlich gar keine Konkurrenz? Ich meine, man muss ja sagen, Köln hat die längere Kunst- und Galeristentradition oder die größere? Und es gibt ja viele Galeristen, die dann aber damals, als Berlin Hauptstadt wurde, glaube ich, auch umgezogen sind oder zwei Dependancen haben. Sie haben glaube ich nur in Berlin? Also wie groß ist diese Konkurrenz?
    König: Also ich glaube nicht, dass es da so eine starke Konkurrenz gibt. Also ich glaube, das Problem war eher, dass viele eben das logistisch - also es haben ja auch einige Berliner Galerien gefehlt - es ist schon eine ganz schön anstrengende Woche und bedarf viel Aufwand. Das kann nicht jeder stemmen, vor allem nicht auf einem hohen Qualitätsniveau. Wir eröffnen drei Ausstellungen am Freitag, und das ist schon ein Kraftakt.
    Wir haben noch länger mit Johann König gesprochen – hören Sie hier die Langfassung des Corsogesprächs
    Köln: Kunst als Lebensbereicherung
    Elsäßer: Sie sprachen gerade überwiegend von internationalen Künstlern - ist es dann eigentlich egal, wo die Messen stattfinden oder gibt es auch noch einen Unterschied zwischen einem Berliner Sammlermarkt und einem rheinischen Sammlermarkt, also wo man sagen könnte: Naja, in Berlin, da sitzen eher die Hipster, die sich zwar interessieren aber noch nicht so recht das Kaufpotential, die Kaufkraft, haben. Und hier im Rheinland ist eher so traditionell der Markt für potente Sammler?
    König: Also ich denke mal, dass auf der "Art Cologne" … also wir haben sehr viel an den deutschen Mittelstand verkauft, hier, weiß ich nicht, Maschinenbau-Unternehmer, Fassaden… also so Leute, die richtig solide Unternehmen führen, selber ihr Geld erwirtschaften.
    Sind mir extrem angenehme Kunden, weil die die Kunst quasi richtig als Lebensbereicherung wahrnehmen, und für die – im Gegensatz zu einigen amerikanischen Sammlern aus der Finanzwelt – ist das für die wirklich überhaupt gar kein … also vielleicht ist es eine langfristige Anlage, aber eigentlich geht es nicht um Investition, sondern eher wirklich um die Lebensbereicherung an Kunst. Ja, das ist so das Kölner Publikum.
    Berlin: Mit dem Shuttle von Galerie zu Galerie
    In Berlin, würde ich sagen, sind es auch durchaus auch einfach internationale Leute aus der ganzen Welt, von Argentinien, von überall her, die sich an Berlin freuen. Und es ist ja auch was anderes, ob man jetzt durch eine Messehalle läuft oder mit einem Shuttle von einer Galerie zur anderen Galerie fährt, wenn das Wetter schön ist.
    Und es gibt ja auch viele Veranstaltungen: Also wir haben zum Beispiel eine Veranstaltung, machen wir am Freitagabend für unsere Gäste im "Berghain", was eine ziemliche Sensation ist. Weil das ist ja auf der ganzen Welt berühmt, als wichtigster und bekanntester Techno-Club der Welt und mit seiner harten Tür-Politik.
    Und wir haben eben mit denen, weil ein Künstler dort von uns eine Arbeit realisiert, machen wir mit denen diese Eröffnungs-Auftakt-Veranstaltung und dadurch können wir da unsere Gäste einladen. Und das sind so Highlights, die man nicht jeden Tag so geboten bekommt. Und das ist natürlich ein Anlass, dann auch mal nach Berlin zu kommen.
    Investment + Liebhaberei = gesundes Gleichgewicht
    Elsäßer: Nochmal zurück zum Publikum, zu den Sammlern. Sie haben es ja gerade schon ein bisschen angedeutet, den Unterschied zwischen denen, die wirklich auch Kunst lieben und denen, die nur anlegen, oder Geld anlegen möchten. Der Vorwurf ist ja nicht neu.
    Seit ungefähr zehn oder fünfzehn Jahren steht er im Raum, dass Kunst eben im Grunde nur noch, da geht es nur noch um das Investment. Wie groß, würden Sie sagen, ist da der Anteil derjenigen, die es nur noch als Investment sehen? Und vor allem, was macht das auch mit dem Markt?
    König: Ich weiß nicht, ob man das so pauschal sagen kann. Ich sammle ja auch und wenn ich was kaufe in einem hohen sechsstelligen Bereich oder auch, weiß ich nicht, in einem fünfstelligen Bereich, dann will ich ja schon ein bisschen von der Wertstabilität ausgehen.
    Und ich glaube, das gefällt niemandem, wenn er was für 50.000 kauft, was dann in einer Auktion noch 10.000 bringt. Also das ist, wenn es um höhere Summen an Geld geht, hat man, glaube ich, immer ein Interesse daran: Wie funktioniert der Markt? Gibt es einen Markt? Ist das reine Liebhaberei? Und da muss es, glaube ich, ein gesundes Gleichgewicht geben.
    "Da wäre ein Berater nicht schlecht, bei wahllosen Käufen"
    Manchmal denke ich mir: Mannomann, da wäre ein Berater nicht schlecht, bei irgendwie wahllosen Käufen, die ich so manchmal bei der Kundschaft sehe. Aber genauso, das ist quasi problematisch - genauso problematisch ist es, wenn ich das Gefühl habe, jemand will nur was kaufen, um zu spekulieren. Also das muss man differenzieren.
    Ich verstehe das, die Presse hat es immer leicht irgendwie… die hohen Ergebnisse, die da erzielt werden sind natürlich sensationell. Aber den Aufwand, der auch betrieben wir… also wir haben fünf Tage die Woche offen, es kostet keinen Eintritt, wir haben einen Skulpturengarten, den wir pflegen, der auch kostenlos zu besichtigen ist.
    Wir arbeiten auch mit Schulklassen, haben Führungen, wir sind quasi wie so ein kleiner Mini-Museumsbetrieb, der weder gefördert ist noch Eintrittsgelder erwirtschaftet. Und das ist überhaupt nicht elitär.
    "Ich halte Messen wirklich für sehr wichtig"
    Elsäßer: Jetzt ist aber auch mit einer Schweizer Messegesellschaft noch eine Kunstmesse in Düsseldorf geplant – da frage ich Sie: Wie viele Messen verträgt dieser Markt überhaupt? Und was halten Sie von dieser Idee?
    König: Also erstmal finde ich wichtig, nochmal ganz kurz zu sagen, was an Messen überhaupt wichtig ist. Und ich halte Messen wirklich für sehr wichtig. Weil: Sie bieten dem Besucher, dem kunstinteressierten Besucher – gar nicht unbedingt jetzt direkt Sammler, auch Künstler, Kuratoren – die Möglichkeit, auf einer guten Messe kann man sich wirklich sehr gut einen Überblick verschaffen über das Geschehen am Markt.
    Und man sieht relativ schnell: Wer macht was? Welcher Galerist, welche Galerie steht für welchen Ansatz? Und dann kann man auf einer Messe sehr gut überprüfen: Wo fühle ich mich zugehörig? Wer teilt meine Vision? Oder was interessiert mich? Und davon kann man dann stärker quasi das Interesse vertiefen.
    Man merkt eben auch, was einen nicht interessiert und das ist, finde ich wirklich, eine erwähnenswerte Funktion von so einer Messe.
    "Für Düsseldorf sehe ich wenig Perspektive"
    Die "Art Cologne" zum Beispiel ist unheimlich stark, weil man da eben auch Klassische Moderne sehen kann und dann eben in diesem Wechselspiel zwischen Gegenwart und Klassische Moderne überprüfen kann: Wie gut ist das überhaupt, was ich da sehe? Man kommt irgendwie wegen des Einen da hin und sieht das Andere - und das ist, glaube ich, immer das Problem bei reinen Gegenwartsmessen, deshalb ist Basel auch so stark.
    Und da sehe ich, glaube ich, ein Problem. Ich denke, das wird mit Düsseldorf – ich weiß nicht genau, was die vorhaben –, also ich glaube, dass man nicht noch eine weitere Messe braucht. Für Düsseldorf sehe ich wenig Perspektive, weil das muss ja alles von Grund auf aufgebaut werden und es gibt auch so eine "Art-Fair-Fatigue", also so eine Messemüdigkeit. Ich weiß jetzt nicht, wie das noch unterbringbar ist im Kalender und wie man da jetzt die Leute davon überzeugen soll, dass sie sich das auch noch angucken sollen.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.