Den größten Auftritt auf dem "Gallery Weekend" hat in diesem Jahr der Berliner Maler Jonas Burgert mit "Zeitlaich" - 22 Meter ist sein bisher größtes Ölgemälde lang. Nur mit einer Hebebühne schaffen es die Arbeiter, das Großwerk an die riesige Wand der Schöneberger Galerie Blain Southern zu wuchten. Auf der gigantischen Leinwand: Eine düstere und chaotische Welt. Ein wildes und farbenreiches Durcheinander. Ein Mann im Dreiteiler mit entrücktem Blick trifft auf wilde Bestien, orange Totenschädel und ein kopfloses Zebra:
Jonas Burgert: "Ich hatte so das Gefühl, ich möchte mal diese maßlose Überforderung, die wir haben, die möchte ich auch mal da haben. Ich möchte diese Ballung von Irritation zeigen. Habe ich am Ende nicht nur einen Haufen von, vielleicht schönem, geistigen Dreck, den ich da male?"
Jonas Burgert: "Ich hatte so das Gefühl, ich möchte mal diese maßlose Überforderung, die wir haben, die möchte ich auch mal da haben. Ich möchte diese Ballung von Irritation zeigen. Habe ich am Ende nicht nur einen Haufen von, vielleicht schönem, geistigen Dreck, den ich da male?"
"Aus der ganzen Welt kommen Leute"
Ein Gemälde als Antwort auf Überforderung und Reizüberflutung? Ein Gefühl, das Besucher des "Gallery Weekends" nur zu gut kennen. Nicht weniger als 47 Galerien stehen diesmal auf dem Plan - Besucher müssen kreuz und quer durch die Stadt, von Charlottenburg bis Friedrichshain, von Mitte bis Kreuzberg. Am besten klappt es mit dem Fahrrad. Wenn ein Sammler die Direktorin des "Gallery Weekends", Maike Cruse, fragt, warum er, nur für dieses eine Wochenende, um die halbe Welt bis nach Berlin reisen soll, antwortet sie ganz selbstbewusst:
"Dann sage ich, dass Berlin die interessanteste Galerienstadt der Welt ist. Dass es nach New York nirgends so viele Galerien gibt. Und nirgendwo eine so hohe Dichte an Qualität stattfindet. Das hängt natürlich auch damit zusammen, dass die Künstler hier in der Stadt leben und sehr eng mit den Galerien zusammenarbeiten."
Und das hat für die Sammler, die neue Künstler entdecken wollen, einen entscheidenden Vorteil - findet Jonas Burgert:
"Das ist eigentlich das große Prädikat vom 'Gallery Weekend', dass man die ganzen Künstler hier hat in der Stadt und dadurch ist es spannend. Die Leute können hier eben auch Atelierbesuche machen. Ich hab immer wahnsinnig viele Atelierbesuche in diesen Tagen - aus der ganzen Welt kommen Leute."
"Dann sage ich, dass Berlin die interessanteste Galerienstadt der Welt ist. Dass es nach New York nirgends so viele Galerien gibt. Und nirgendwo eine so hohe Dichte an Qualität stattfindet. Das hängt natürlich auch damit zusammen, dass die Künstler hier in der Stadt leben und sehr eng mit den Galerien zusammenarbeiten."
Und das hat für die Sammler, die neue Künstler entdecken wollen, einen entscheidenden Vorteil - findet Jonas Burgert:
"Das ist eigentlich das große Prädikat vom 'Gallery Weekend', dass man die ganzen Künstler hier hat in der Stadt und dadurch ist es spannend. Die Leute können hier eben auch Atelierbesuche machen. Ich hab immer wahnsinnig viele Atelierbesuche in diesen Tagen - aus der ganzen Welt kommen Leute."
Kuratierte Ausstellung statt "Best-of-Programm"
Die künstlerische Bandbreite beim "Gallery Weekend" ist groß. Von älteren Stars wie Günther Foerg oder Charlotte Posenenske bis zu junger Videokunst aus China von Guan Xiao und einer Sexhibition der englischen Künstlerin Kasia Fudakowski. Sich alle Ausstellungen an nur einem Wochenende anzuschauen, ist fast unmöglich.
"Im Prinzip ist es ein großes öffentliches Museum, das auf ganz Berlin verteilt ist. Das hängt damit zusammen, dass man in Berlin 50 perfekt kuratierte Ausstellungen sieht, die mit den Künstlern zusammen gestaltet wurden. Einzelausstellungen - meistens neue, ortsspezifische Arbeiten. Das ist natürlich was anderes als eine Messe, wo es Stände gibt und die Leute ihr 'Best-of-Programm' zeigen."
"Im Prinzip ist es ein großes öffentliches Museum, das auf ganz Berlin verteilt ist. Das hängt damit zusammen, dass man in Berlin 50 perfekt kuratierte Ausstellungen sieht, die mit den Künstlern zusammen gestaltet wurden. Einzelausstellungen - meistens neue, ortsspezifische Arbeiten. Das ist natürlich was anderes als eine Messe, wo es Stände gibt und die Leute ihr 'Best-of-Programm' zeigen."
"Art Berlin"
Dass Maike Cruse sich besonders scharf von Kunstmessen abgrenzen muss, liegt auch daran, dass die "Art Cologne" in diesem Jahr zum ersten Mal parallel zum "Gallery Weekend" stattfindet. Kleinere Berliner Galerien schaffen es diesmal nicht, auch auf der "Art Cologne" dabei zu sein. Doch wer dachte, dass die alte Rivalität zwischen den Kunststädten Köln und Berlin wieder aufkocht, wunderte sich, als Maike Cruse verkündete, sie wolle sich mit der "Art Cologne" zusammentun. Für eine große Kunstmesse in Berlin, schon in diesem Herbst: Die "Art Berlin". Also Annäherung durch Streit, Maike Cruse?
"Ja, genau. Richtig gestritten haben wir uns nicht. Wir hatten eine Meinungsverschiedenheit. Dann haben wir irgendwann gesagt: 'Lass uns das proaktiv angehen.' Ich denke auch, dass es auf jeden Fall auch bei dieser Verbrüderung darum geht, alte Gräben zuzuschütten, dass man den deutschen Kunstmarkt insgesamt sieht und nicht irgend so eine komische Rivalität zwischen Städten aufmacht, weil das bringt unseren Galeristen überhaupt nichts. Sondern, dass man gemeinsam sieht, wie gestaltet man das deutsche Kunstjahr."
"Ja, genau. Richtig gestritten haben wir uns nicht. Wir hatten eine Meinungsverschiedenheit. Dann haben wir irgendwann gesagt: 'Lass uns das proaktiv angehen.' Ich denke auch, dass es auf jeden Fall auch bei dieser Verbrüderung darum geht, alte Gräben zuzuschütten, dass man den deutschen Kunstmarkt insgesamt sieht und nicht irgend so eine komische Rivalität zwischen Städten aufmacht, weil das bringt unseren Galeristen überhaupt nichts. Sondern, dass man gemeinsam sieht, wie gestaltet man das deutsche Kunstjahr."
Wirtschaftskraft und großartiger Schwachsinn
Vielleicht sei es sogar an der Zeit, dass Berlin als zukünftige Bruderkunststadt von Köln erwachsener werde und den Ruf ablegt, dass es hier viel Kunst, aber nur wenig Geld gibt. Die Idee einer "Art Berlin" gefällt auch dem Künstler Jonas Burgert:
"Viele Künstler brauchen eine Plattform, damit sie was verkaufen, damit sie wieder Farben kaufen können und den Kühlschrank voll machen. Ich hab auch so gelebt und musste gucken, dass ich da durchkomme. Auf der anderen Seite müssen wir unbedingt diesen Schwachsinn beibehalten, der hier in Berlin passiert. Der ist ja grandios. Dass die Leute etwas riskieren und auch mal scheitern dürfen – das ist einer der großen Qualitätspunkte in Berlin."
Vielleicht bekommt Berlin dann ab Herbst das Beste aus beiden Welten: Die Wirtschaftskraft der "Art Cologne" und großartigen Schwachsinn.
"Viele Künstler brauchen eine Plattform, damit sie was verkaufen, damit sie wieder Farben kaufen können und den Kühlschrank voll machen. Ich hab auch so gelebt und musste gucken, dass ich da durchkomme. Auf der anderen Seite müssen wir unbedingt diesen Schwachsinn beibehalten, der hier in Berlin passiert. Der ist ja grandios. Dass die Leute etwas riskieren und auch mal scheitern dürfen – das ist einer der großen Qualitätspunkte in Berlin."
Vielleicht bekommt Berlin dann ab Herbst das Beste aus beiden Welten: Die Wirtschaftskraft der "Art Cologne" und großartigen Schwachsinn.
Das Gallery Weekend beginnt am Freitagabend mit vielen Vernissagen in 47 Galerien der Stadt und dauert bis Sonntagabend. Die meisten Ausstellungen laufen aber auch nach dem Wochenende noch weiter.