Grobpixelige Acht-Bit-Figuren und Superhelden so real wie das echte Leben. Überall Bildschirme und Konsolen. Davor eine Armada der ersten Spielautomaten, die kastenförmig und groß wie Kühlschränke sind. Fast könnte man glauben, in einer gigantischen Spielhölle in Las Vegas zu sein und nicht im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg. "Game Masters", so heißt die neue Ausstellung des Hauses. Im Fokus: die 40-jährige Entwicklungsgeschichte von Video- und Computerspielen. Dabei soll auf einen Aspekt besonders hingewiesen werden, erklärt Dennis Conrad, Kurator von "Game Masters".
"Keiner weiß eigentlich, wer hat das denn gemacht"
"Wir kennen ganz viele bekannte Spiele wie Pac-Man, Space Invaders, Donkey-Kong - wie sie alle heißen -, die auch teilweise im kulturellen Gedächtnis eingebrannt sind. Aber keiner weiß eigentlich, wer hat das denn gemacht, wer hat das entworfen, wer hat sich dazu die kreativen Ideen gemacht. Und das versucht eben diese Ausstellung, da Licht ins Dunkel zu bringen."
Neben den Spielen - begleitenden Grafiken, Entwurfsskizzen und Figurenmodellen - werden prägende Spieleentwickler aus aller Welt in kurzen Wandtexten vorgestellt. Zusätzlich kommen sie auch selbst zu Wort. Leider nur in relativ konventioneller Form von Video-Interviews. Ihren Erfindern stehlen die Spiele da ganz klar die Show.
Spiele als Teil der Kulturgeschichte
Zum Beispiel Missile Command, 1980 entwickelt vom US-Amerikaner Dave Theurer. Die Aufgabenstellung: Der Spieler muss eine Stadt gegen einen Atomangriff verteidigen. Ein Szenario, das Anfang der 80er-Jahre zu Zeiten des Kalten Krieges durchaus auf eine reale Bedrohung anspielt. Der starke Bezug von Spielen zur Gesellschaft sei typisch, sagt Kurator Dennis Conrad.
"Sie sind Teil der Kulturgeschichte selber, reflektieren aber auch die Kulturgeschichte. Sowohl über zeithistorische Themen wie den Kalten Krieg oder gegenwartsbezogene Themen wie den Drohnenkrieg, aber natürlich auch popkulturelle Phänomene, an denen man ablesen kann, mit was hat sich eigentlich die Gesellschaft, mit was haben sich die Menschen zu der Zeit beschäftigt. Also, was war da sozusagen vorherrschend, weil das ja meistens die Dinge sind, die ihre Zielgruppen finden."
Vom Flipper bis zum 3-D-Spiel
Nächstes Exponat: In einer kreisrunden Arena tanzen zwei Besucher vor einem leinwandgroßen Bildschirm. Die Steuerung übernimmt hier nicht etwa ein herkömmliches Game-Pad, sondern der Spielerkörper.
Die Vielfalt der gezeigten Spiele ist beeindruckend: angefangen mit dem flipperartigen Automat der Vergangenheit bis zum individuellen 3-D-Spiele-Erlebnis der Gegenwart. Vielfalt dokumentieren auch die unterschiedlichen Genres: vom Strategiespiel bis zum Musik-Game, in dem der Spieler zum Rockstar wird. Die Branche war und ist innovativ. Oft geht sie dabei unorthodox vor.
"Teilweise ist es so, dass die Spiele dann ganz bewusst mit diesen Genretypen spielen und die negieren und sagen: Du hast jetzt gedacht, es ist ein Jump-and-Run-Spiel, aber es ist eigentlich gar keins. Und das sind so Momente, wo man so merkt, wie dieses Medium immer wieder seine eigenen Grenzen durchdringt und Spieleentwickler ganz andere Wege suchen", sagt Dennis Conrad.
Unterhaltsame Entdeckungsreise ohne Blick auf problematische Wirkungen
Während die Ausstellung den Besucher vor allem auf eine unterhaltsame Entdeckungsreise in die bunte Spiele-Welt schickt, werden bedenkenswerte Auswirkungen - wie zum Beispiel Computerspielsucht und Simulationsspiele im militärischen Kontext - vollkommen ausgeblendet. Es scheint fast, als ob die Gamifizierung manchmal nicht einmal vor dem Museum halt macht. Immerzu wird der Besucher in der Ausstellung selbst zum Daddeln aufgefordert. Wer mehr über das Spiel im gesellschaftlichen Diskurs erfahren will, wird das stören. Andere - wie dieser Besucher - werden sich über die verspielte Note der Ausstellung freuen:
"Ich find die super, vor allem, dass man hier alles nutzen kann und probespielen."
Die Ausstellung "Game Masters" im MKG Hamburg läuft noch bis zum 23. April 2017.