"Der Zug ist endlos, der Zug geht weiter… Es sind unglaubliche Menschenmassen unterwegs. Alles ist in Bewegung geraten. Mustergültige Disziplin, alles verläuft geordnet."
30. Januar 1933, Hitlers Machtergreifung. Die Weimarer Republik wird Schritt für Schritt in eine Diktatur umgebaut. Aber es gibt Widerstand - katholischen, kommunistischen, sozialdemokratischen, konservativen, und es ist dieser zivile Widerstand gegen das Nazi-Regime, dem "Through the Darkest of Times" ein bemerkenswertes, interaktives Denkmal setzt. Denn in diesem Strategiespiel lenkt man eine Widerstandgruppe.
Mehr als ein Strategiespiel
Man knüpft Kontakte, besorgt Geld, schmuggelt Bücher, trifft sich mit Arbeitern und ehemaligen Gewerkschaftern, verteilt Flugblätter oder versucht andere Widerständler aus den Fängen der SA zu befreien. Jede Aktion kostet Ressourcen, man muss mit Bedacht vorgehen, hat oft nur die Wahl zwischen einer schlechten und einer noch schlechteren Entscheidung.
Aber "Through the Darkest of Times" ist nicht nur ein Strategiespiel. Es erzählt zugleich mit den Mitteln der Popkultur die Geschichte des Dritten Reiches und vor allem die seiner Gegner. Dafür sorgen kurze Story-Einschübe, die zunehmende Repressalien gegen die jüdische Bevölkerung oder die Bücherverbrennungen thematisieren. Wer glaubt, ein Computerspiel zu diesem Thema trivialisiere den Schrecken des Nationalsozialismus, dem sei gesagt: Es ist schwer, sich einen weniger trivialisierenden Umgang mit diesem Thema vorzustellen.
Swing-Musik und "Entartete Kunst"
Für das Spiel wurde Swing Musik aus den 20er-Jahren neu eingespielt - Musik also, die den Nazis besonders verhasst war. Der Schwarz-weiß-Stil der Grafik zitiert Künstler wie Käthe Kollwitz, Otto Dix oder John Heartfield, deren Kunst im Dritten Reich als "entartet" diffamiert wurde. Kurze Audiosequenzen wurden von der Journalistin Nora Hespers eingesprochen, deren Großvater als Widerstandkämpfer von den Nazis umgebracht wurde. Selten hat sich ein populäres Werk so durchdacht und mit so viel Fingerspitzengefühl seinem Thema genähert.
Spielausschnitt: "Die Köpenicker Blutwoche war nicht das erste Ereignis dieser Art – und es würde nicht das letzte bleiben… Tausende Oppositionelle wurden von SA und Polizei verhaftet. Viele wurden eingesperrt, gefoltert oder ermordet… Die Nazis verboten alle Parteien, bis auf die NSDAP und machten klar, dass von nun an sie allein das Land regierten. Im November gewannt Hitler die Widerwahl mit 92 Prozent der Stimmen. Wir tauchten untere, es schien, als könnten wir nichts mehr tun."
Ein wichtiges Spiel zur richtigen Zeit
März 1936: Mit der Zeit nimmt die Überwachung zu, schon das Einkaufen von Papier wird zum Risiko, Streit um die richtige Taktik und die richtige Ideologie lähmt die Gruppe. Über die Spielmechanik zeigt "Through the Darkest of Times", wie die Spielräume der Widerständler nach und nach unerbittlich zusammenschrumpfen.
Natürlich: Ein Computerspiel kann nicht vermitteln, wie es sich damals angefühlt haben muss, gegen die Nazi-Maschinerie zu opponieren. Kein Medium könnte das - kein Buch, kein Film, kein Theaterstück. Aber "Throught the Darkest of Times" gelingt es, mit dem Mitteln seines Mediums wichtige Botschaften zu vermitteln. Wer "Through the Darkest of Times" spielt, der weiß, dass Zivilcourage nicht umsonst zu haben ist, dass es sich manchmal lohnt, für das richtige im falschesten aller Leben zu kämpfen, dass Solidarität eine Waffe ist und ein Fahrrad Leben retten kann.
Und so ist "Through the Darkest of Times" ein gutes und ein wichtiges Spiel und mehr als das. Es ist ein gutes und ein wichtiges Spiel zur richtigen Zeit.