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Gamescom 2019
Diskussion über Videogames im Unterricht

Games im Unterricht: Das wünschen sich Schülerinnen und Schüler auf der Messe für Computer- und Videospiele Gamescom in Köln. Anwesende Schulleitende und Lehrkräfte sind hingegen geteilter Meinung. Doch allein, dass sich ihre Lehrenden über Spiele informieren, begeistert die Jugendlichen.

Von Friederike Müllender |
Messebesucher beim Spielen der Gaming Neuheiten bei der Gamescom 2019 in Köln |
Manche Lehrkräfte sind mehr- und andere weniger skeptisch gegenüber Computerspielen (Flashpic)
Schon kurz nach dem offiziellen Einlass am Morgen sind die Messehallen der Gamescom in Köln brechend voll. Mittendrin in dem Getümmel: Einige Schulleiterinnen und Schulleiter aus Nordrhein-Westfalen. Mit Headsets ausgestattet laufen sie durch die dunklen Hallen. Christian Dern ist einer der Schulleiter, er ist mit einigen seiner Schüler aus Mönchengladbach angereist:
"Ich erwarte, dass ich eine Welt kennenlerne, die mir noch sehr fremd ist. Man sagt ja immer, in der Schule bereiten wir die Schüler auf eine Welt vor, die es gar nicht mehr gibt. Ich fand schon die Zugfahrt ganz interessant, nicht nur, dass viele Menschen im Zug waren, sondern auch sehr spezielle Menschen, die man so im Alltag nicht trifft. Die meisten verkleidet oder auf ihre Bildschirme fixiert, Menschen, die gerne eintauchen in eine andere Welt."
Noch etwas unsicher betritt die Gruppe die erste Messehalle. Oberstufenschüler Luca Hoffmann vom Wilhelm-Dörpfeld-Gymnasium in Wuppertal freut sich auf diese besondere Führung:
"Dann bin ich immer froh, wenn ich Erwachsene davon überzeugen kann, dass Videospiele auch viele gute Seiten an sich haben und nicht, wie meistens gesagt wird, dass durch gewaltsame Spiele die Gewaltbereitschaft gefördert wird"
Und er hat auch bereits konkrete Vorschläge an seine Schulleiterin Claudia Schweizer-Motte, wie man Videogames im Unterricht einbeziehen könnte:
"Dass man im Kunstunterricht kreative Spiele spielt wie Minecraft oder dass man eine kurze Unterrichtsreihe hat wie in Erdkunde, wo es dann um Stadtentwicklung geht, dass man da ein oder zwei Stunden Cities Skylines spielen kann, ist zwar alles simuliert aber dass man da die strukturellen Zusammenhänge sehen könnte."
"Sie haben die Wünsche gehört, wie realistisch ist die Umsetzung?"
"Ich denke so unrealistisch ist es nicht, es ist wie vieles eine Geldfrage, weil ja ein Grundstock an Technik dazu gehört. Spiele verlangen den Geräten ja einiges ab, da muss sich an der Stelle was tun, aber vom inhaltlichen, das halte ich gar nicht mal für so schwierig."
Gewalt in Videospielen
Der erste Halt der Führung ist bei einem Entwickler, der seine aktuellen Spieleblockbuster vorstellt. Absolute Renner bei den Gamern, für die meisten Schulleiterinnen und Schulleiter böhmische Dörfer. Schulleiter Christian Dern ist skeptisch:
"Als ich mir die Clips angeschaut habe, hat mich das so ein bisschen beängstigt, wenn man sich die Haltung der Spieler anschaut, die Freude über den Triumph über dem anderen, da fehlt mir das Miteinander. Das hat mich angesprochen aber im negativen Sinne, ich hoffe ja, dass wir auch erleben, hier auf der Messe, dass die Gamer sich so als Community verstehen, dann wäre das ja was Positives, ich bin noch etwas vorsichtig."
Die Abneigung seines Direktors gegenüber Spielen, die mit Gewalt zu tun haben, kann Jan Ölkes verstehen, aber:
"Ich würde mir wünschen, dass die Lehrer sich mehr Informieren, man könnte gut mit ihnen diskutieren, wenn beide Seiten Ahnung hätten, dann würde das auch Spaß machen, darüber zu diskutieren."
Historische Strategiespiele
Einer der letzten Stopps ist beim Computerspiel "Through the Darkest of Times". Ein historisches Strategiespiel über den Widerstand gegen den Nationalsozialismus während des Dritten Reichs in Berlin. Das Spiel sorgt bei Schulleiterin Claudia Schweizer-Motte für Fragezeichen:
"Ich bin Geschichtslehrerin und dann denke ich immer, es ist ambivalent, wenn so Spiele auf geschichtliche Hintergründe eingehen. Auf der einen Seite, wenn es gut gemacht ist, kann man da auch was lernen. Auf der anderen Seite, wenn so ein historisches Spiel suggeriert, man könnte auf Geschichte Einfluss nehmen, irgendwelche Diktatoren ermorden oder Kriege verhindern, ob das nicht falsche Bilder im Kopf generiert und die andere Gefahr ist, ob es nicht Dinge auch verharmlost- man konnte nicht Leute aus dem KZ befreien, das kann man vielleicht in dem Spiel aber real ging das nicht. Da bin ich hin- und hergerissen."
Ihr Schüler Luca Hoffmann sieht das Ganze nicht ganz so eng:
"Ich gehe bei Menschen immer von einer gewissen Grundintelligenz aus, auch wenn das vielleicht nicht immer richtig ist. Ich hoffe einfach, dass die Leute wissen, dass es so, wie es dargestellt ist, früher nicht war."
Bei Schulleiter Christian Dern ist die anfängliche Skepsis hingegen mittlerweile nahezu vollständig verschwunden:
"Sie erleben mich schon ein bisschen begeisterter als heute Morgen, Ich werde mich gleich auch nochmal konkret hinter Spiele begeben, weil ich das nochmal erleben möchte, aber das, was ich bisher erlebt habe, lässt mich hoffen. Wenn wir die beiden Welten zusammenbringen können, also the game und das Lernen, dann wäre das für alle ein guter Weg."
Und die Schüler ?
"Es war sehr interessant auch mal die Sicht der Lehrer zu sehen, weil das ist nichts, worüber man sich zwingend im Schulalltag unterhält. Es war auch schön, mal sich über die neusten Sachen mit den Lehrern zu unterhalten und Blickrichtungen auszutauschen. Ich habe sehr interessante Gespräche mit Lehrern geführt und auch ein paar Sachen, die so im Raum standen, die sie sich so gedacht haben, aus meiner Sicht erklärt und ich denke, sie haben auch Verständnis gezeigt und auch gewissermaßen verstanden, was wir darüber denken und ich hoffe, dass sie jetzt dadurch eine andere Meinung dazu haben."