Das königliche Rührstück simuliert vordemokratische Zustände. Wenn der Prinz heiratet, steht das Volk Spalier und das Fernsehen überträgt stundenlang, wie dicke Damen mit breitkrempigen Hüten eine Kirche betreten. Popstars und Fußballer schreiten über den roten Teppich. Adel und High Society genießen ihren Auftritt. Soldaten mit seltsamen Mützen paradieren. Wenn der Prinz heiratet, säuselt auch Rolf Seelmann-Eggebert von der ARD stundenlang Intimes aus dem Buckingham Palace, es geht um Klatsch, aber vor allem um Distinktion, um Sitzordnungen und darum, welche Art von Anzügen die Herren tragen dürfen und welche Uniform.
Der Prinz heiratet eine Bürgerliche, das ist ein schöner Plot. Die ganze Stadt ist Bühne, von Whitehall bis Westminster Abbey. Der englische Staat leistet sich seit jeher dieses große Subventions-Theater, nämlich die Apanage für die königliche Familie; auch die heute stattgehabte Großveranstaltung wird per Steuer von den Bürgern finanziert.
Regisseur des Ganzen ist freilich nicht die Queen, dieses Fossil aus Zeiten des imperialistischen Great Britain, Regisseur sind wir alle. Ohne unsere dümmliche Neugier, ohne unsere Blicke wäre dieser Spuk nicht möglich, die makabre Inszenierung aus teuren Kleiderstoffen und aufgebauschten Gefühlen, die weltweite Fernseh-Übertragung, das anachronistische höfische Ritual. Regisseur ist freilich auch die anglikanische Church of England; ihre Botschaft während der Trauung beschränkte sich allerdings auf die schlichte Losung "verabscheut das Böse, haltet fest am Guten".
Dass die privilegierten Hochzeiter sich händchenhaltend ewige Treue schwören, "according to God's Law", ist einerseits pure Soap Opera, denn wir alle wissen, wie die ewige Treue des prinzlichen Elternpaares endete: im Rosenkrieg, in der Yellow Press, in einem Pariser Straßentunnel. Andererseits schleicht sich in Westminster Abbey das Gottesgnadentum noch einmal durch die Hintertür ins Rampenlicht: dass politische Macht irgendwie göttlich legitimiert sei - diese gegenaufklärerische Ansicht wird schon durch die Zulassung nur der Happy Few vor dem Altar zelebriert.
Die Hochzeit von Prince William und Kate Middleton war aber, rein vom Lärmpegel her betrachtet, durchaus auch ein Fest der Untertanen. Das hysterische Begeisterungsgeschrei der Masse, als das Paar nach erfolgter Eheschließung in der Kutsche am St.James's Park entlangfuhr, bleibt weitaus mehr im Ohr als der spätromantische Pomp englischer Hofkomponisten während der Trauung. Was reitet diese Menschen, sich freiwillig als Kulisse zur Verfügung zu stellen? Ist es das Bedürfnis, dazuzugehören, der Spaß an der Party, die Lust an der Regression? Wir wissen es nicht. Es muss aber eine tiefe Befriedigung darin liegen, Statist zu sein.
Statisten waren, zu einem hohen Grad, auch die Hauptakteure der ganzen Show: sie hatten wenig Gestaltungsmöglichkeiten. Wie jemand lächelt oder angezogen ist oder die Eheformel nachspricht, ob der Ring an den Finger passt oder nicht: diese nachrangigen Fragen waren in dieser Boulevard-Inszenierung hochwichtig. Im Normalfall ist die Liebe ein Kammerspiel: zwei Menschen finden sich oder finden sich nicht, und wenn man das auf die Bühne bringt, dann mit psychologischer Finesse und mit großer Dezenz. Hier aber gingen die Individuen unter im Bombast der Bühneneffekte, und man kann nur hoffen, dass diese bedauernswerten Menschenkinder abseits des Trubels irgendwann das finden, was ihnen heute verwehrt wurde: die Privatheit eines bürgerlichen Lust- und vielleicht auch Trauerspiels, abseits der Inspizienten und Disponenten der Mediengesellschaft.
Der Prinz heiratet eine Bürgerliche, das ist ein schöner Plot. Die ganze Stadt ist Bühne, von Whitehall bis Westminster Abbey. Der englische Staat leistet sich seit jeher dieses große Subventions-Theater, nämlich die Apanage für die königliche Familie; auch die heute stattgehabte Großveranstaltung wird per Steuer von den Bürgern finanziert.
Regisseur des Ganzen ist freilich nicht die Queen, dieses Fossil aus Zeiten des imperialistischen Great Britain, Regisseur sind wir alle. Ohne unsere dümmliche Neugier, ohne unsere Blicke wäre dieser Spuk nicht möglich, die makabre Inszenierung aus teuren Kleiderstoffen und aufgebauschten Gefühlen, die weltweite Fernseh-Übertragung, das anachronistische höfische Ritual. Regisseur ist freilich auch die anglikanische Church of England; ihre Botschaft während der Trauung beschränkte sich allerdings auf die schlichte Losung "verabscheut das Böse, haltet fest am Guten".
Dass die privilegierten Hochzeiter sich händchenhaltend ewige Treue schwören, "according to God's Law", ist einerseits pure Soap Opera, denn wir alle wissen, wie die ewige Treue des prinzlichen Elternpaares endete: im Rosenkrieg, in der Yellow Press, in einem Pariser Straßentunnel. Andererseits schleicht sich in Westminster Abbey das Gottesgnadentum noch einmal durch die Hintertür ins Rampenlicht: dass politische Macht irgendwie göttlich legitimiert sei - diese gegenaufklärerische Ansicht wird schon durch die Zulassung nur der Happy Few vor dem Altar zelebriert.
Die Hochzeit von Prince William und Kate Middleton war aber, rein vom Lärmpegel her betrachtet, durchaus auch ein Fest der Untertanen. Das hysterische Begeisterungsgeschrei der Masse, als das Paar nach erfolgter Eheschließung in der Kutsche am St.James's Park entlangfuhr, bleibt weitaus mehr im Ohr als der spätromantische Pomp englischer Hofkomponisten während der Trauung. Was reitet diese Menschen, sich freiwillig als Kulisse zur Verfügung zu stellen? Ist es das Bedürfnis, dazuzugehören, der Spaß an der Party, die Lust an der Regression? Wir wissen es nicht. Es muss aber eine tiefe Befriedigung darin liegen, Statist zu sein.
Statisten waren, zu einem hohen Grad, auch die Hauptakteure der ganzen Show: sie hatten wenig Gestaltungsmöglichkeiten. Wie jemand lächelt oder angezogen ist oder die Eheformel nachspricht, ob der Ring an den Finger passt oder nicht: diese nachrangigen Fragen waren in dieser Boulevard-Inszenierung hochwichtig. Im Normalfall ist die Liebe ein Kammerspiel: zwei Menschen finden sich oder finden sich nicht, und wenn man das auf die Bühne bringt, dann mit psychologischer Finesse und mit großer Dezenz. Hier aber gingen die Individuen unter im Bombast der Bühneneffekte, und man kann nur hoffen, dass diese bedauernswerten Menschenkinder abseits des Trubels irgendwann das finden, was ihnen heute verwehrt wurde: die Privatheit eines bürgerlichen Lust- und vielleicht auch Trauerspiels, abseits der Inspizienten und Disponenten der Mediengesellschaft.