Seit 60 Jahren werten Experten und Spieler im BBC-Fernsehen jedes Wochenende die wichtigsten Begegnungen aus. Seit 24 Jahren moderiert das Ganze der Ex-Fußballer Gary Lineker.
Und so klang Match of the Day diesen Samstag:
Kein Moderator, keine Studiogäste, keine Spieler-Kommentare. Stattdessen grob geschnittene Clips von entscheidenden Passagen der jüngsten Fußball-Spiele, wer da gegen wen antrat, wurde zwischendurch kurz eingeblendet. Dafür reichten dann auch 20 Minuten statt der sonst üblichen anderthalb Stunden.
Solidarischer Exodus zahlreicher Sport-Kollegen für Lineker
Tags zuvor hatte die BBC ihren mit umgerechnet 1,5 Millionen Euro Jahresgehalt teuersten Moderator suspendiert. Wegen eines Tweets an seine fast neun Millionen Follower, in dem Gary Lineker die Flüchtlingspolitik der Regierung „grausam“ nannte und schrieb, ihre Sprache sei der in Deutschland in den 30ern nicht unähnlich.
Lineker, urteilte BBC-Generaldirektor Tim Davie, habe damit gegen das eherne Gebot der Unparteilichkeit in dem öffentlich-rechtlichen Sender verstoßen. Womit sie in der Chef-Etage nicht gerechnet hatten, war der solidarische Exodus zahlreicher Sport-Kollegen.
"Wenn sie Gary loswerden wollen, bin ich auch weg", sagt hier der frühere Nationalspieler und Match of The Day-Kommentator Ian Wright. Auf seiner eigenen Plattform sollte er sagen können, was er will.
Die Sport-Berichterstattung der BBC steht still
BBC-Fernseh-Moderatoren weigerten sich, für Lineker einzuspringen, Kolleginnen vom Radio sagten ihre eigenen Sport-Sendungen ab, anders als üblich standen auch Fußballer nicht für Nachspiel-Interviews zur Verfügung. Die Sport-Berichterstattung der BBC steht seit diesem Wochenende so gut wie still. Und auch im Fußball stehen sie auf Linekers Seite, wie hier Jürgen Klopp.
Gary Lineker sollte seine Meinung in Menschenrechtsfragen äußern dürfen, findet der deutsche Trainer vom FC Liverpool. Der Mann im Auge des Orkans schaute sich derweil ein Spiel seines Heimatvereins Leicester City im Stadion an statt im Studio zu arbeiten. Und wurde zu Hause von Reportern belagert.
Er könne all diese Fragen nicht beantworten, sagt Gary Lineker, es tue ihm leid. In einem Exklusiv-Interview mit dem eigenen Sender sagt auch BBC-Generaldirektor Tim Davie Sorry.
"Es war ein schwerer Tag, und es tut mir leid, dass die Zuschauer kein Programm bekommen haben."
Die BBC steht unter Druck und steckt in der Krise
Tim Davie hat die Unparteilichkeit der BBC zu seinem Leib- und Magen-Thema gemacht. Auf Druck der konservativen Regierung, mutmaßen deren Kritiker.
Die Tories werfen der BBC immer wieder vor, zu links zu sein. Und drohen mit der Abschaffung der Rundfunkgebühr. Tatsächlich dürfen BBC-Mitarbeiter ihre politischen Ansichten nicht öffentlich verbreiten. Aber gilt das auch auf ihren privaten Social Media-Accounts? Und kann es überhaupt für einen freien Mitarbeiter wie Lineker gelten, der noch dazu über Sport und nicht über Politik berichtet? Die BBC-Regeln sind nicht eindeutig.
Trotzdem forderten viele Tories nach dem umstrittenen Tweet Linekers Rausschmiss. Ist die BBC, wie ihre Kritiker sagen, vor der Regierung, den Tories und der rechten Presse eingeknickt, fragt die BBC-Interviewerin ihren eigenen General-Direktor.
Doch, es ist wahr, jedenfalls sei dieser Eindruck entstanden, moniert Greg Dyke, der früher selbst mal BBC-Generaldirektor war.
"Das eigentliche Problem ist, dass die BBC ihre eigene Glaubwürdigkeit untergraben hat. Denn es sieht so aus, als ob die BBC sich dem Druck der Regierung gebeugt hat."
Der Generaldirektor rudert zurück
Offenbar sieht auch Tim Davie, dass die Sache aus dem Ruder läuft. In seinem Interview mit dem eigenen Haus hat er Gary Lineker über den grünen Klee gelobt und gesagt, er wolle alles tun, um ihn wieder auf den Sender zu holen.
"Wir haben den besten Sport-Moderator der Welt, wir wollen, dass er zurückkommt. Wir arbeiten zusammen, um das zu ermöglichen."