Für Katar sei die WM ein riesiges Ereignis gewesen, sagt Max Tuñón von der Internationalen Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen (ILO). Tuñón ist der Chef des ILO-Büros in der katarischen Hauptstadt Doha, das vor fünf Jahren gegründet wurde. Er sagt: "Ich glaube, die WM hat dafür gesorgt, dass die Welt Katar kennengelernt und eine neue Kultur erlebt hat."
Auch für Tuñóns Arbeit war das Turnier essenziell: "Es war definitiv ein Meilenstein auf dem Weg, auf dem wir waren, der aber auch noch nicht zu Ende ist. Der Fakt, dass wir immer noch hier sind, zeigt, dass das noch nicht das Ende des Weges war und wir weiter an diesen bedeutenden Problemen arbeiten müssen. Es hat zwar Fortschritte gegeben, aber es gibt noch eine Menge Herausforderungen, die immer noch existieren. Und wir werden weiter mit der Regierung daran arbeiten, diese Probleme zu lösen."
Nicht bei allen Wirtschaftsakteuren in Katar sei angekommen, dass Verbesserungen der Arbeitbedingungen eine Win-Win-Situation hervorriefen. Katar zu einem attraktiven Ort für Arbeiter zu machen, helfe auch Unternehmen, weil sie vor Ort Menschen finden könnten, die besser zu ihnen passten.
Kein freier Tag
Zu Problemen gehört laut Tuñón zum Beispiel, dass bei vielen Hausangestellten weiterhin der verpflichtende freie Tag pro Woche nicht eingehalten würde. Schwierigkeiten für Gastarbeiter sieht Tuñón als globales Problem: "Ich denke, es gibt in jedem Land der Erde Probleme für Arbeiter und Ausbeutung. Und Gastarbeiter sind dem oftmals ausgesetzt, weil sie am verwundbarsten sind."
Als positiv hebt er ein Gesetz zum Schutz der Arbeiter bei extremer Hitze heraus, und dass in Unternehmen Komitees gewählt wurden. "Es ist das erste Mal in der Golf-Region, dass gewählte Gastarbeiter auf diesem Level ihre Interessen vertreten."
In Katar sei weder alles schlimm noch sei alles perfekt. Die Debatten seien aber in Teilen zu sehr polarisiert gewesen. Es gebe sehr viel Platz für Grauschattierungen. In Deutschland habe es vielleicht mehr Interesse an den Lebensbedingungen der Arbeiter gegeben. Oft sei ohne den notwendigen Kontext, die notwendige Nuance diskutiert worden. Tuñón sieht die Aufgabe seiner Organisation darin zu erklären, welche Fortschritte es gegeben habe und was immer noch passieren müsse.
Laut der Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) hat sich die Lage der Gastarbeiter in Katar ein Jahr nach dem Beginn der Fußball-WM kaum verbessert. Auch die von vielen Seiten geforderten Entschädigungen für die Arbeiter, die im Zusammenhang mit der Endrunde Menschenrechtsverstöße erlitten haben, bleiben laut Amnesty weiter aus.
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