In einem Zeitkorridor zwischen dem kommenden Wochenende und dem 22. Mai wollen die Bundesländer Restaurants und Gaststätten schrittweise öffnen. Den Anfang macht bereits am Samstag Mecklenburg-Vorpommern. Wie die einzelnen Bundesländer vorgehen, entscheiden sie selbst: Dies gilt auch für die Vorschriften zu Hygiene und Auslastung. So dürfen niedersächsische Restaurants Gäste nur mit Reservierung einlassen. Länder wie Thüringen, Baden-Württemberg und Bayern wiederum wollen zunächst die Außenbereiche öffnen, dann mit etwas Verzögerung die Gaststuben. Restaurantbetrieb in Zeiten des "Social Distancing: eine komplexe Angelegenheit, wie auch Bundeskanzlerin Angela Merkel zugibt.
"Zum Beispiel, dass nicht nur zwei Tische voneinander zwei Meter entfernt sein müssen, sondern dass – wenn nicht die Personen von zwei Hausständen am Tisch sitzen – dass dann auch dafür gesorgt werden muss, dass der Sicherheitsabstand eingehalten wird. Das wird eine Riesenherausforderung sein, auch für die Bereiche, die jetzt öffnen."
Umsatzsteuer auf sieben Prozent gesenkt – aber nicht für Getränke
Angesichts der Öffnungen fordern Verbraucherverbände verstärkte Kontrollen. Die Lage in der Gastronomie selbst ist durch die Einnahmeausfälle angespannt. Das Bundeskabinett brachte deshalb am Mittwoch die Senkung der Mehrwertsteuer von 19 auf sieben Prozent auf dem Weg. Sie soll ein Jahr gelten, allerdings nur für Speisen, nicht für Getränke.
Peter Wolf betreibt im bayerischen Passau Wirtshaus und Pension Goldenes Schiff. Zur Überbrückung der Einnahmeausfälle hat er einen Kredit in sechsstelliger Höhe beantragt – wie so viele andere:
"Diese Kredite, die sind ja nicht geschenkt, die Kredite muss man ja zurückbezahlen. Das heißt, es wird an Liquidität fehlen und es ist also das Mindeste jetzt, diese Umsatzsteuerreduzierung für ein Jahr. Aber meiner Meinung nach reicht das nicht, das müsste man mindestens für fünf Jahre machen, wenn nicht auf dauerhaft einführen. Denn sonst sehe ich schwarz für Tausende von Betrieben."
Neben der Gastronomie soll auch der Inlandstourismus anlaufen – die Bundesländer verständigten sich darauf, dass dies bis spätestens Pfingsten passiert. Ob die Länder dabei erst einmal Ferienwohnungen oder gleich auch Hotels öffnen, können sie selbst entscheiden. Im Einzelhandel fällt nach den heutigen Beschlüssen die 800 Quadratmeter-Obergrenze als Öffnungskriterium weg. Diese war in einigen Bundesländern ohnehin gerichtlich gekippt worden.
Textilhandel beklagt fehlende Kaufanlässe
Axel Augustin, Sprecher des BTE Handelsverbands Textil, sieht die Freigabe als Signal für Wettbewerbsgleichheit. Seine Bilanz der bisherigen Teilöffnung fällt jedoch ernüchternd aus: Viele Menschen trauten sich nicht in die Stadt und die Geschäfte, das Tragen von Masken beeinträchtige das Shopping-Verhalten. Und im Modebereich fehle es durch die Coronakrise vor allem an Kaufanlässen.
"Wir haben üblicherweise jetzt Abibälle. Wir haben Hochzeiten, jetzt beginnt langsam Urlaub. Und wir haben natürlich einfach auch das Arbeiten. Und das sind alles Anlässe, um sich eventuell mal ein neues Outfit zuzulegen. Und das ist ja fast komplett weggefallen."
Die Bekleidungsgeschäfte hoffen laut BTE nun darauf, dass die Öffnung der Gastronomie Verbrauchern Anlass bietet, die eigene Garderobe aufzufrischen.