Zwei gegenläufige Richtungen macht der Gastronomiekritiker Erwin Seitz momentan in Deutschland aus: Über Jahrhunderte hinweg hätten Mutter und Oma gekocht, die ihr Wissen an ihre Töchter weitergaben. "Diese klassische Ordnung ist zusammengebrochen, die gibt es nicht mehr. Heute können junge Frauen genauso wenig kochen wie junge Männer, oft ist es zumindest so", stellt der Gastrosoph fest. Das Wissen um Essen und Trinken sei im Familienleben daher geringer ist als früher.
Imbiss-Kultur besser als vor 20 Jahren
Auf der anderen Seite gebe es inzwischen eine Gourmet-Szene, die sich mehr denn je mit Essen und Trinken beschäftige. "Heute wissen wir mehr denn je übers Essen als früher." Es gebe im Alltag zwar eine Art des "Easygoing", eine Imbiss-Kultur. "Aber auch die verbessert sich", sagte Seitz. "In vielen Kantinen ist jahrzehntelang miserabel gekocht worden; Salate, die angemacht wurden und die zusammenfielen." Aber auch in der Imbiss- und Kantinen- Kultur sei das Essen heute viel besser als noch vor zehn oder zwanzig Jahren.
Deutsche Gastronomie ist eine der besten der Welt
In Deutschland entstünden neue Orte, an denen man sich mit Essen und Trinken beschäftige. "Was sich momentan in Deutschland in der Gastronomie abspielt, das finde ich schon bemerkenswert. Das knüpft an die Berühmtheit der deutschen Küche an, wie es in der Renaissance war." Deutschland habe heute wieder Zeit und Muße, sich um gutes Essen zu kümmern. "Die Gastronomie gehört zur besten der Welt momentan", lobt Seitz. Er hoffe, dass sich dies nun stabilisiere.
Das Interview mit Erwin Seitz können Sie mindestens für fünf Monate in unserem Audio-Angebot nachhören.