Eine Großbaustelle, rund 110 Kilometer südlich von Kairo. Ödland, Wüste, nur in der Ferne ein wenig Grün, das Glitzern des Nil. In Staub und Hitze wird gearbeitet, diszipliniert, fleißig. Überall ist schweres Baugerät im Einsatz, dazwischen unzählige Männer in gelben Westen, den Schutzhelm auf dem Kopf. Über ihnen eine gigantische Stahlvorrichtung.
Hier in Beni Suef entsteht es, das Gaskraftwerk der Superlative, das größte Gaskraftwerk der Welt. Dank moderner Technologie, die den fossilen Rohstoff Erdgas doppelt nutzt. Dank einer Turbine, die in Leistung und auch in Umweltverträglichkeit Weltspitze ist.
Fünfeinhalb Meter hoch, fünfeinhalb Meter breit, eine Länge von fast dreizehn Metern - das ist sie, die Gasturbine der H-Klasse. Das Gewicht: 445 Tonnen. Gebaut in Berlin-Moabit. Zehn Jahre hatten deutsche Ingenieure an der Turbine gefeilt, eine halbe Milliarde Euro soll der Konzern in ihre Entwicklung gesteckt haben. Im bayerischen Irsching wurde der Typ zum Einsatz gebracht, Anfang April jedoch stillgelegt, wegen der Energiewende, so heißt es. Hier - in Ägypten - wird sie Energie produzieren; ab dem Winter.
Standort Berlin-Moabit für zwei Jahre ausgelastet
Heute wird gefeiert. Die ersten beiden Turbinen sind installiert. Viele Gäste sind gekommen, aus Kairo und aus Deutschland.
"Ich bin stolz", so Willi Meixner, Chef von Siemens Power and Gas. "Als Ingenieur, als Mitglied der Konzernführung, als Mensch. Was hier geschieht, ist eindrucksvolle Ingenieurskunst, ausgeführt in Rekordzeit."
"Energie steht am Anfang von allem", so Meixner weiter, "wir können besonders stolz darauf sein, dass wir den Menschen in Ägypten die Grundlage für eine bessere Zukunft geben."
Sein Konzern hat mit dem ägyptischen Staat ein gutes Geschäft gemacht. Sechs Milliarden Euro. Neben Beni Suef wird es zwei weitere Standorte für ein kombiniertes Gas-Dampfkraftwerk geben: Burullus an der Nordküste. Und New Capital, östlich von Kairo. Insgesamt 24 Turbinen der H-Klasse sollen dabei zum Einsatz kommen. Der Auftrag zum Bau der Turbinen soll den Standort Berlin-Moabit zwei Jahre lang auslasten. Und das in Zeiten, in denen viele Konzerne ihre Produktion ins Ausland verlagern. Die Bundesregierung förderte das Unternehmen, sicherte den Export mit teuren Hermes-Bürgschaften ab, musste dabei jedoch Kritik einstecken. Der ägyptische Geschäftspartner, so heißt es, unterdrücke jegliche Opposition und verletze die Menschenrechte.
Auch Usama Asran, stellvertretender Energieminister, ist froh. Über die Superturbine, die hier in seinem Land installiert wird, erstmals in Nordafrika und im Mittleren Osten, froh über die zusätzlichen Gigawatt für das ägyptische Stromnetz.
Positive Resonanz in der ägyptischen Bevölkerung
Seit den Volksaufständen 2011 und 2013 befindet sich die ägyptische Wirtschaft in einer Talsohle. Bis heute gibt es Stromausfälle, vor allem in den ländlichen Gebieten und in den städtischen Slums. In den Sommermonaten, in denen die Temperaturen auf 45 Grad und mehr klettern, trifft das die Menschen hart.
Der Bau einer neuen Hauptstadt, industrielle und landwirtschaftliche Großprojekte, der Ausbau der Suezkanalzone sollen dem 90 Millionen Volk auf die Beine helfen. Dafür aber braucht es viel Energie. Der Konzern Siemens wirkt daran mit. Bis 2019 will er für Ägypten 50 Prozent mehr Energie bereitstellen. 14,4 Gigawatt.
Drei Gaskraftwerke der Superlative - in der ägyptischen Öffentlichkeit wird das positiv aufgenommen. Nur wenige hinterfragen die Abhängigkeit von ausländischer Technologie, das Verbrennen fossilen Brennstoffs. Erdgas, so heißt es, sei sauber. Viel besser als Kohle.