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Gasvorkommen in Gorleben

Dass unter dem riesigen Salzstock in Gorleben Gas lagert, ist schon länger bekannt. Jetzt hat Greenpeace herausgefunden, dass auch im Salzstock, dort, wo der hoch radioaktive Müll gelagert werden soll, Gas gefunden wurde.

Von Philip Banse |
    Das geht aus den Akten der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe hervor, so Greenpeace. 1982, also ganz zu Beginn der Erkundung des Salzstockes in Gorleben, stießen die Bohrmannschaften auf brennbare Gase mitten im Salzstock. Bei Probebohrungen für die senkrechten Schächte sei man auf Gas gestoßen. Aber auch später, als die Baumannschaften waagerechte Transportstrecken anlegten, wo später der hoch radioaktive Atommüll eingelagert werden soll, stießen die Bauarbeiter auf Gas. Damit befindet sich nicht nur unter dem riesigen Salzstock Gas, sondern auch im Salzstock. Dieses Gas ist entflammbar und ist bei Bohrungen auf DDR-Seite auch schon mal explodiert. Die Explosionsgefahr sei jedoch nicht das eigentliche Problem, sagt Matthias Edler von Greenpeace. Wenn hoch radioaktiver Müll in einem Salzstock mit eingeschlossenem Gas eingelagert werde, drohe ein anderes Szenario:

    "Dieser hoch radioaktive Atommüll entwickelt Wärme. Und diese Wärme führt zur Ausdehnung der eingeschlossenen Gase, dadurch zu einem Druckaufbau und durch diesen Druckaufbau entstehen kleine Klüfte und Risse und damit Wege für Gas, Wasser, aber auch für Radionuklide in die Biosphäre. Und das ist genau das, was man in einem Endlager nicht haben will."

    Gas im Salzstock – daraus leitet Greenpeace eine eindeutige Forderung ab:

    "Mit explosivem Gas in unmittelbarer Nähe der geplanten Einlagerungskammern ist Gorleben im wahrsten Sinne des Wortes verbrannt. Man sollte die gefährlichsten Abfälle, die die Menschheit je produziert hat, nicht auf einem Pulverfass lagern. Umweltminister Röttgen steht jetzt in der Pflicht, Konsequenzen aus diesen Erkenntnissen zu ziehen, und die können nur lauten: Aufgabe des geplanten Endlagerstandorts Gorleben. Wir haben das Urstromtal der Elbe über dem Salzstock, wir haben Wasser führende Schichten, die direkt über dem Salzstock liegen, wir haben 30 Laugenester allein im ersten aufgefahrenen Erkundungsbereich 1, wir haben Gas in diesem Erkundungsbereich, und wir haben große zusammenhänge Gasvorkommen unter diesem Salzstock. Das sollten Gründe genug sein, diesen Standort jetzt endgültig aufzugeben."

    Auch der Geologe Ulrich Schneider, der bis 1981 an der obertägigen Erkundung des Salzstockes beteiligt war, hält den Salzstock nach den Gasfunden für ungeeignet:

    "Gas hat ebenso wie Wasser in einem Endlager für hoch radioaktive Abfälle nichts zu suchen. Mein Fazit ist: Die Langzeitsicherheit des Salzstocks Gorleben ist nicht gegeben."

    Das Studium der diversen Akten habe auch ergeben, so Greenpeace, dass die Gasfunde heruntergespielt wurden, um das mögliche Endlager als geeignet erscheinen zu lassen. Die Bohrungen in dem Salzstock seien 1982 wegen der Gasfunde vorzeitig abgebrochen wurden. Das Bergamt Celle, also eine untere Behörde, habe damals noch davor gewarnt, tiefer zu bohren, weil bei "erneutem Antreffen von Gas ... eine erneute Abrichtung kaum möglich sein wird." Im wichtigen Zwischenbericht zur Erkundung des Salzstockes an die Bundesregierung habe die Physikalisch-Technische Bundesanstalt, kurz PTB, kaum mehr etwa von diesen Risiken geschrieben, so Greenpeace-Experte Edler:

    "Das heißt, je höher diese Informationen kamen, umso abgeschwächter wurden sie. Und der PTB-Zwischenbericht hat dann seine Aussage getroffen, die dazu führte, dass die Bundesregierung per Kabinettsbeschluss die untertägige Erkundung beschließen konnte."