Joachim Gauck ist in Athen nicht nur mit politischen Erwartungen, sondern auch mit geldwerten Forderungen konfrontiert, die er nicht erfüllen kann. Griechenland erwartet von Deutschland ein Entgegenkommen in der Auseinandersetzung um Reparationszahlungen und die Rückerstattung einer Zwangsanleihe, die die deutschen Besatzer den Griechen während des Zweiten Weltkriegs abgepresst haben.
"Ich habe dem Präsidenten auf die Frage der Reparationen und der Zwangsanleihe angesprochen," sagte der griechische Staatspräsident Karolos Papoulias nach einem Gespräch mit dem Bundespräsidenten. Er habe darauf hingewiesen, dass Griechenland diese Forderung nie aufgegeben habe.
Es sei nun wichtig, dass man Verhandlungen über die Frage aufnehme, und zwar so schnell wie möglich, bedrängte Papoulias seinen Gast aus Deutschland. Der griechische Staatspräsident lässt Gauck damit einen Druck spüren, der sich in den innenpolitischen Debatten in Griechenland im Vorfeld des Gauck Besuchs aufgestaut hat. Das linke Oppositionsbündnis Syriza treibt die Regierung von Premierminister Samaras mit der Forderung nach einem harten Auftreten gegenüber Deutschland vor sich her. Die aus der Zeit der deutschen Besetzung herrührenden Forderungen spielen dabei eine zentrale Rolle. Mit einem Zwangskredit in Höhe von knapp 500 Millionen Reichsmark ließ sich das nationalsozialistische Deutschland einst die Kosten für Unterkunft und Verpflegung seiner Soldaten bezahlen, die zugleich mordend durch griechische Dörfer zogen. Rückzahlungs- und Entschädigungsforderungen gegen Deutschland werden von einzelnen Politikern in Griechenland auf weit über 100 Milliarden Euro hochgerechnet.
Deutschland hat sich Anfang der 60er-Jahre verpflichtet, Griechenland 115 Millionen D-Mark für - wie es damals hieß "typisch nationalsozialistische Verfolgung" zu zahlen. Weitere Ansprüche werden seitdem zurückgewiesen.
Der Bundespräsident zeigte sich vor diesem Hintergrund in Athen als insoweit machtloses und gegenüber der Bundesregierung loyales Staatsoberhaupt:
"Sie wissen, dass ich nicht Teil der Regierung bin und sie wissen auch, dass ich darauf nur so antworten kann, dass ich meine, der Rechtsweg dazu ist abgeschlossen. Ich werde mich dazu nicht äußern und ganz gewiss nicht anders als meine Regierung."
Kein leichter Weg für Gauck
Joachim Gauck bleibt bei diesem Staatsbesuch nur die Macht des Wortes und der präsidialen Gesten. Morgen wird er gemeinsam mit Karolos Papoulias in dessen nordwest-griechische Heimat fliegen und Lingiades besuchen, ein Dorf, in dem die Wehrmacht 1943 mehr als 80 Menschen in einer Vergeltungsaktion erschoss.
"Das ist für einen deutschen Präsidenten kein leichter Weg."
Bekennt der Bundespräsident und drückt dem 84-jährigen Papulias, der als 14-Jähriger am Partisanenkampf gegen die Wehrmacht kam, innig die Hand.
"Sie gehen da mit mir hin. Sie waren als junge Mensch ein Kämpfer gegen die Unterdrücker, die mit barbarischen Methoden ihren Landsleuten nach dem Leben getrachtet haben. Und sie wollen da mit mir zusammen hingehen. Das ist ein großes Geschenk, nicht nur für mich, auch für Deutschland."