Der Tarifstreit zwischen der Deutschen Bahn und der Gewerkschaft der Lokführer (GDL) eskaliert weiter. Die Gewerkschaft streikt zum dritten Mal in diesen Verhandlungen - und zwar so lange wie noch nie. Nach dem Güterverkehr wird nun auch der Personenverkehr bestreikt. Geplantes Ende: Dienstag, 7. September um 2 Uhr.
Die Bahn hatte kurz vor Streikbeginn ein weiteres Angebot unterbreitet, welches die GDL zurückgewiesen hat. Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main wies wiederum einen Antrag der Deutschen Bahn auf eine einstweilige Verfügung gegen die Streiks zurück. Eine Sprecherin des Gerichts sagte, man habe in dem Eilverfahren nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt, dass die GDL unzulässige tarifpolitische Ziele verfolge. Daher könne der Streik vorerst weitergehen. Die Bahn legte Berufung gegen die Entscheidung ein.
"Dieses Angebot der Bahn ist ein vergiftetes Angebot", sagte GDL-Chef Claus Weselsky im Deutschlandfunk. Die Bahn wolle den Geltungsbereich des Tarifvertrages auf das Bahnpersonal beschränken und den restlichen GDL-Mitgliedern keinen Tarifvertrag geben. "Das Angebot spaltet die Mitglieder der GDL in Mitglieder erster und zweiter Klasse", sage Weselsky. Nach seiner Auffassung ist das ein Angriff auf die im Grundgesetz gesicherte Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 3 GG) und könne somit nicht unterschrieben werden.
Wenn Weselsky von einem Angriff auf die Koalitionsfreiheit spreche, dann könne der Gedankengang etwa so aussehen,
erklärt Birgid Becker aus der Dlf-Wirtschaftsredaktion
: Die Bahn hat ihr Angebot mit Corona-Prämie und allem Drumherum an die GDL gemacht. Das Angebot - wenn es angenommen würde - würde dann unter den Voraussetzungen des Tarifeinheitsgesetzes (TEG) gelten, das bei der Bahn zum ersten Mal angewendet wird. Und das bedeutet: Es würde nur in den Bahngesellschaften gelten, in denen die GDL eine Mehrheit unter den Beschäftigten hat.
Nach Zählart der Bahn hat die GDL nur in 16 von über 300 Bahngesellschaften eine klare Mehrheit. "Deshalb hat ja auch Claus Weselsky das Angebot vergiftet genannt. Er hat gesagt, es spalte die Eisenbahnerfamilie. Und wenn er jetzt das Grundgesetz bemüht, dann argumentiert er so, wenn er Tarifverträge abschließt, die nicht für alle Mitglieder seiner Gewerkschaft gelten, dann beschädigt das das Recht auf Koalitionsfreiheit, dann beschädigt das die Tarifautonomie", so Becker. Seiner Meinung nach sei dies nicht konform mit dem Artikel 9, Absatz 3 des Grundgesetzes - es ergibt seiner Meinung nach keinen Sinn, Tarifverträge auszuhandeln, wenn sie dann nur für wenige angewendet werden.
Auch inhaltlich gehe das Angebot nicht weit genug, sagte Weselsky. Für 2021 wolle die Bahn beispielsweise immer noch eine Nullrunde durchsetzen. Daher streike die GDL nicht trotz des Angebotes, sondern weil die Bahn ein solches Angebot gemacht habe.
GDL-Chef Weselsky zu Bahnstreik: "Das ist ein vergiftetes Angebot"
Die Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) trete nicht trotz des neuen Angebots der Bahn in den Streik, sondern wegen der neuen Offerte des Unternehmens, sagte GDL-Chef Claus Weselsky im Dlf. Das Angebot spalte die Mitglieder der GDL in Mitglieder erster und zweiter Klasse.
Die Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) trete nicht trotz des neuen Angebots der Bahn in den Streik, sondern wegen der neuen Offerte des Unternehmens, sagte GDL-Chef Claus Weselsky im Dlf. Das Angebot spalte die Mitglieder der GDL in Mitglieder erster und zweiter Klasse.
Die Bahn sieht hingegen die GDL im Unrecht, da sie einen politisch motivierten Streik führe. Deswegen hat die Bahn vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main einen Antrag auf einstweilige Verfügung gegen den Streik gestellt. Im Deutschlandfunk sagte Bahn-Personalvorstand Martin Seiler, niemand wolle das Grundgesetz aushebeln, jeder könne sich gewerkschaftlich frei organisieren. Der Streik sei inzwischen aber zu einer großen Belastung der Kundinnen und Kunden geworden. Was Weselsky sage, rieche sehr nach einer politischen Frage, so Seiler. Deswegen würde neben dem bestehenden Gesprächsangebot nun auch rechtlich vorgegangen.
Bahn-Vorstand Seiler zu GDL-Streik: "Wir werden rechtliche Schritte gehen"
Nachdem die Deutsche Bahn der Lokführer-Gewerkschaft GDL zu Streikbeginn ein neues Angebot gemacht hatte, hat die Gewerkschaft dieses ausgeschlagen. Nun werde man aber rechtliche Schritte prüfen, sagte der Personalvorstand der Bahn, Martin Seiler, im Dlf. Der Streik sei nicht mehr gerechtfertigt und politisch motiviert.
Nachdem die Deutsche Bahn der Lokführer-Gewerkschaft GDL zu Streikbeginn ein neues Angebot gemacht hatte, hat die Gewerkschaft dieses ausgeschlagen. Nun werde man aber rechtliche Schritte prüfen, sagte der Personalvorstand der Bahn, Martin Seiler, im Dlf. Der Streik sei nicht mehr gerechtfertigt und politisch motiviert.
Es gibt den Vorwurf, dass die konfrontative Linie der GDL nicht nur inhaltliche begründet ist, sondern sich auch mit dem Machtkampf mit der größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) erklären lässt. Das seit 2015 geltende Tarifeinheitsgesetz schreibt vor, dass in einem Betrieb der Tarifvertrag mit jener Gewerkschaft gilt, die dort die meisten Mitglieder hat. Die EVG vertritt rund 190.000 Mitglieder, bei der GDL sind etwa 38.000 Bahn-Mitarbeiter organisiert. Der Bahn-Konzern besteht aus über 300 Bahn-Betrieben. Laut Bahn stellt die GDL aber nur in 16 davon die Mehrheit der Mitglieder. Gewerkschaftschef Weselsky behauptet hingegen schon länger, dass die GDL in viel mehr Betrieben der Bahn die Mehrheit der Mitglieder stelle. Einem neutralen Notar die Zahlen offenzulegen, verweigert die Gewerkschaft hingegen.
Der EVG-Vorsitzender Klaus-Dieter Hommel bezeichnet den Streik der konkurrierenden Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer im Dlf als politischen Arbeitskampf. GdL-Chef Weselsky, habe erklärt, er werde die EVG aus dem Unternehmen verdrängen. Damit habe er sich verzockt und müsse jetzt mit den Konsequenzen leben, sagte Hommel.
Löhne und Gehälter
Die GDL verlangt für die Beschäftigten 1,4 Prozent mehr Geld in diesem Jahr und 1,8 Prozent mehr 2022 - in Summe 3,2 Prozent. Das entspricht dem Abschluss im Öffentlichen Dienst. Ihre ursprüngliche Forderung von 4,8 Prozent mehr Geld hat die GDL fallen gelassen. Sie verlangt aber zusätzlich eine Corona-Prämie von 600 Euro, die noch 2021 fließen soll. Die Bahn hat 3,2 Prozent mehr Entgelt angeboten, jedoch zu späteren Zeitpunkten. Sie orientiert sich dabei mit Blick auf die Laufzeit an den Regelungen, die im Öffentlichen Dienst für die Flughäfen getroffen wurden: Sie bietet 1,5 Prozent mehr Geld ab Januar und 1,7 Prozent zum März 2023 bei einer Laufzeit bis zum 30. Juni 2024. Kurz vor Beginn der dritten Streikwelle bot das Unternehmen zudem eine Corona-Prämie von bis zu 600 Euro an.
Die GDL verlangt für die Beschäftigten 1,4 Prozent mehr Geld in diesem Jahr und 1,8 Prozent mehr 2022 - in Summe 3,2 Prozent. Das entspricht dem Abschluss im Öffentlichen Dienst. Ihre ursprüngliche Forderung von 4,8 Prozent mehr Geld hat die GDL fallen gelassen. Sie verlangt aber zusätzlich eine Corona-Prämie von 600 Euro, die noch 2021 fließen soll. Die Bahn hat 3,2 Prozent mehr Entgelt angeboten, jedoch zu späteren Zeitpunkten. Sie orientiert sich dabei mit Blick auf die Laufzeit an den Regelungen, die im Öffentlichen Dienst für die Flughäfen getroffen wurden: Sie bietet 1,5 Prozent mehr Geld ab Januar und 1,7 Prozent zum März 2023 bei einer Laufzeit bis zum 30. Juni 2024. Kurz vor Beginn der dritten Streikwelle bot das Unternehmen zudem eine Corona-Prämie von bis zu 600 Euro an.
Laufzeit
Gewerkschaften wollen meist kurze Laufzeiten für Tarifverträge; dann lässt sich schneller wieder verhandeln. Die GDL kämpft für eine Laufzeit von 28 Monaten. Die Bahn strebte zunächst 40 Monate an, das bislang letzte Angebot sieht eine Laufzeit von 36 Monaten vor. Mit der zweiten Bahn-Gewerkschaft EVG gilt seit 2020 ein Vertrag bis Februar 2023. Holt die GDL für die Zeit bis dahin mehr raus, hat die EVG ein Sonderkündigungsrecht und kann nachverhandeln.
Gewerkschaften wollen meist kurze Laufzeiten für Tarifverträge; dann lässt sich schneller wieder verhandeln. Die GDL kämpft für eine Laufzeit von 28 Monaten. Die Bahn strebte zunächst 40 Monate an, das bislang letzte Angebot sieht eine Laufzeit von 36 Monaten vor. Mit der zweiten Bahn-Gewerkschaft EVG gilt seit 2020 ein Vertrag bis Februar 2023. Holt die GDL für die Zeit bis dahin mehr raus, hat die EVG ein Sonderkündigungsrecht und kann nachverhandeln.
Geltungsbereich
Die Lokführergewerkschaft will Rahmentarifverträge für weitere Berufsgruppen abschließen. 2014/2015 war es ihr nach Streiks gelungen, auch für Zugbegleiter einen Abschluss auszuhandeln. Nun will sie auch die Fahrzeuginstandhaltung, den Netzbetrieb und die Fahrweginstandhaltung sowie die Rahmenbedingungen für die Auszubildenden tarifieren. Die Bahn lehnt das ab. Sie geht davon aus, dass die GDL in den Infrastrukturbetrieben kaum Mitglieder hat. Nach dem Tarifeinheitsgesetz käme dann ohnehin nur der Vertrag der größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) zur Geltung. Das Verfahren dazu greift die GDL gerichtlich an. Zudem will sie mehr Mitglieder gewinnen, um den Mechanismus auszuhebeln.
Die Lokführergewerkschaft will Rahmentarifverträge für weitere Berufsgruppen abschließen. 2014/2015 war es ihr nach Streiks gelungen, auch für Zugbegleiter einen Abschluss auszuhandeln. Nun will sie auch die Fahrzeuginstandhaltung, den Netzbetrieb und die Fahrweginstandhaltung sowie die Rahmenbedingungen für die Auszubildenden tarifieren. Die Bahn lehnt das ab. Sie geht davon aus, dass die GDL in den Infrastrukturbetrieben kaum Mitglieder hat. Nach dem Tarifeinheitsgesetz käme dann ohnehin nur der Vertrag der größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) zur Geltung. Das Verfahren dazu greift die GDL gerichtlich an. Zudem will sie mehr Mitglieder gewinnen, um den Mechanismus auszuhebeln.
Betriebsrente
Die Betriebsrente fußt hauptsächlich auf einem Pensionsfonds, der in Aktien und Anleihen investiert. Es gibt aber auch den sogenannten Zusatzversorgungstarifvertrag. Für diese Zusatzrente legt die Bahn für Beschäftigte Geld zurück. Weil es kaum noch Zinsen gibt und die Rücklagen die Bilanz belasten, hat die Bahn den Vertrag 2020 gekündigt. Die Arbeitgeberbeiträge zum Pensionsfonds stiegen unterdessen auf 3,3 Prozent des Jahresgehalts. Die GDL will an der Zusatzrente festhalten. Die Bahn will das System in den Pensionsfonds überführen und hat in einer Schlichtung 2020 angeboten, die Beiträge auf 3,7 Prozent zu erhöhen. Die GDL lehnte die Schlichtungsempfehlung ab. Sie fürchtet, dass Beschäftigte im Alter insgesamt weniger Geld erhalten, während die Bahn für sie unterm Strich ein Plus erwartet.
Die Betriebsrente fußt hauptsächlich auf einem Pensionsfonds, der in Aktien und Anleihen investiert. Es gibt aber auch den sogenannten Zusatzversorgungstarifvertrag. Für diese Zusatzrente legt die Bahn für Beschäftigte Geld zurück. Weil es kaum noch Zinsen gibt und die Rücklagen die Bilanz belasten, hat die Bahn den Vertrag 2020 gekündigt. Die Arbeitgeberbeiträge zum Pensionsfonds stiegen unterdessen auf 3,3 Prozent des Jahresgehalts. Die GDL will an der Zusatzrente festhalten. Die Bahn will das System in den Pensionsfonds überführen und hat in einer Schlichtung 2020 angeboten, die Beiträge auf 3,7 Prozent zu erhöhen. Die GDL lehnte die Schlichtungsempfehlung ab. Sie fürchtet, dass Beschäftigte im Alter insgesamt weniger Geld erhalten, während die Bahn für sie unterm Strich ein Plus erwartet.
(Quellen: dpa, Sandra Schulz)