Im Gewirr der schwarz-weißen Pixel zeichnet sich etwas ab, ein Fuß, ein Arm, der Kopf, ein weiteres Körperteil. Die Ärztin fährt mit dem Ultraschallgerät über den gewölbten Bauch der Schwangeren.
"Da ist der Kopf, da sind die Beine ... Es sieht aus, als wenn die beiden zusammen Fußball spielen."
Die Szene stammt aus einem Dokumentarfilm der indischen Frauenrechtsorganisation SAMA. Ihren Namen möchte die Schwangere nicht nennen. Nur so viel ist klar: Sie ist eine Leihmutter. Im Auftrag eines gut zahlenden Paares hat sie sich befruchtete Embryos einpflanzen lassen und trägt nun Zwillinge aus - lang ersehnte Wunschkinder.
Für ungewollt kinderlose Paare ist eine Leihmutterschaft oft die letzte Hoffnung, sagt Kaushal Kadam. Die Ärztin arbeitet seit mehr als zehn Jahren als Reproduktionsmedizinerin und betreibt seit drei Jahren ihre eigene Klinik in Bombay. Ihre Kundschaft kommt aus der ganzen Welt.
"USA, Australien, Singapur, Israel, Spanien, Irland, Japan, auch Inder. Die meisten Kunden kommen aber aus dem Ausland."
Wer bei der Ärztin Kaushal Kadam in die Klinik kommt, muss erst einmal seine Schuhe gegen medizinische Plastiklatschen tauschen. Empfangsdesk und Marmorboden glänzen keimfrei. Direkt am Eingang hängen Diplom und Doktorwürden von Kadam, in ihrem Büro Bilder von rosigen Säuglingen.
"Der Hauptgrund, warum sich Paare eine Leihmutter nehmen: Wenn der Frau der Uterus entfernt werden musste oder die Gebärmutter nicht ausgebildet ist. Ein paar haben auch zahlreiche Fehlgeburten hinter sich - und entscheiden sich dann für eine Leihmutter."
Tarang Mahajan klickt sich durch ihre Forschungsergebnisse. Für die Frauenorganisation Sama hat die Wissenschaftlerin als eine der ersten das Geschäft mit der Leihmutterschaft untersucht.
Bisher gibt es keine offiziellen Daten, erzählt Mahajan. Leihmutterschaft ist ein Riesengeschäft. Auf rund 400 Millionen Euro jährlich, schätzt die Soziologin den Gesamtumsatz der indischen Reproduktionsmedizin.
"Die Gesetze in anderen Ländern sind sehr strikt - in Indien gibt es keine rechtlichen Beschränkungen und Regulierungen. Deswegen ist die internationale Nachfrage hier in den vergangenen vier, fünf Jahren so stark angestiegen. Die Kliniken haben englischsprachige Mitarbeiter, gute medizinische Einrichtungen. Die Technik ist auf dem neuesten Stand. Leihmutterschaft gehört sogar zu einer Art Tourismus-Paket nach dem Motto: Komm, schau Indien an, besuch das Tadsch Mahal und nimm gleich noch ein Baby mit."
Frauen, die sich meist aus finanzieller Not auf die Arbeit als Leihmutter einlassen, gibt es in Indien genug.
Ärzte und Schwestern in weißen Kitteln hasten über den Flur einer der zahlreichen Leihmutterkliniken Mumbais. Es herrscht Hochbetrieb. An der Rezeption hat sich eine Schlange gebildet. Manjusha Wankhede sitzt auf einem der Plastikstühle und wartet auf ihre Untersuchung. Vor einem Jahr war die junge Frau schwanger und hat als Leihmutter Zwillinge ausgetragen.
Nun hat sie einen neuen Termin mit Ärztin Sameera Kaur. Die 31-jährige Manjusha Wankhede möchte noch einmal an dem Leihmutter-Programm teilnehmen. Ihr Beweggrund ist einfach: Geld.
Wankhede verkauft Gemüse in der Straße, ihr Mann ist Hilfsarbeiter in einer Textilfabrik - das sichert gerade einmal das Überleben der vierköpfigen Familie.
Dreieinhalb Lakh hat sie bei der ersten Geburt bekommen, erzählt Wankhede. Umgerechnet knapp 5000 Euro.
Damals hat sie ein kleines Haus davon gekauft. Nun möchte sie mit einer weiteren Schwangerschaft die Schulbildung ihrer zwei Kinder finanzieren, übersetzt Ärztin Sameera Kaur.
"Es sind Frauen aus der Unterschicht, die Leihmütter werden. Wenn man jemanden anderen fragen würde, ob er mehrere Monate lang schmerzhafte Hormon-Injektionen über sich ergehen lassen würde, für das Geld. Niemand würde das tun. Wir verabreichen hier Spritzen auf Ölbasis. Die sind sehr schmerzhaft."
Vier Frauen mit dicken Bäuchen sitzen auf ihren Betten in einer Leihmutter-Herberge. Die Filmemacher der Organisation SAMA haben sie hier besucht und dokumentieren, wie sie während der Schwangerschaft untergebracht sind.
"Iss deine Kekse auf", ermahnen die Frauen eine Zimmerkollegin. "Auch wenn sie dir nicht schmecken." Schließlich seien die Kekse für das Kind. Genau wie alles andere: die Tabletten, die Spritzen, die Vitamine.
Die Frauen warten, reden, essen - viel mehr dürfen sie nicht tun. Denn anders als bei Leihmüttern, die während der Schwangerschaft zu Hause leben, wird der Alltag in den Leihmütter-Herbergen genau kontrolliert. Schließlich soll die Schwangerschaft genau nach Wunsch der Auftragseltern ablaufen.
"Einige haben Sonderwünsche, die Leihmutter soll Vegetarierin sein, sie soll selbst Kinder haben, die nicht älter als drei sind oder sie soll besonders groß sein, weil sie erwarten, dass ihr Baby groß wird. Denn indische Frauen sind klein."
Leihmutterschaft bleibt ein ungleiches Geschäft, sagt Sama-Frauenrechtlerin Tarang Mahajan. Das fängt schon beim Vertragsabschluss zwischen der Mutter und den zukünftigen Eltern an.
"Die Leihmütter können die Bedingungen nicht verhandeln. Alles richtet sich nach den Wünschen der zukünftigen Eltern. Die Leihmütter, mit denen wir gesprochen haben, wissen noch nicht einmal, was in den Verträgen steht. Sie haben einfach unterschrieben - und ihnen wurde gesagt, die Unterschrift bedeutet, sie müssen das Kind weggeben."
Auch Manjusha Wankhede hat ihren Vertrag nicht gelesen. Schließlich sei der auf Englisch - und das würden die Leihmütter ohnehin nicht verstehen, sagt Ärztin Sameera Kaur. Eine Hindi-Version des Vertrags gebe es nicht.
Die zukünftigen Eltern im Ausland erhalten selbstverständlich eine Kopie des Vertrages - Wanhede nicht. Der werde in der Klinik verwahrt.
Eine andere Klinik in Bombay: Leihmutter Zeena und ihre Übersetzerin sitzen vor dem Computer. Die Auftragseltern haben zum Skype-Gespräch gebeten.
10.000 Kilometer entfernt, in Norwegen, bewundert das Paar den wachsenden Bauch der Schwangeren. In ein paar Monaten wird die Leihmutter in ihr altes Leben entlassen.
Von den Auftragseltern wird sie dann nichts mehr hören, vermutet Ärztin Sameera Kaur.
"Niemand hat sich nach zwei oder drei Jahren je wieder gemeldet und gefragt, wie es der Leihmutter geht. Niemand. Es ist einfach ein Geschäft."
"Da ist der Kopf, da sind die Beine ... Es sieht aus, als wenn die beiden zusammen Fußball spielen."
Die Szene stammt aus einem Dokumentarfilm der indischen Frauenrechtsorganisation SAMA. Ihren Namen möchte die Schwangere nicht nennen. Nur so viel ist klar: Sie ist eine Leihmutter. Im Auftrag eines gut zahlenden Paares hat sie sich befruchtete Embryos einpflanzen lassen und trägt nun Zwillinge aus - lang ersehnte Wunschkinder.
Für ungewollt kinderlose Paare ist eine Leihmutterschaft oft die letzte Hoffnung, sagt Kaushal Kadam. Die Ärztin arbeitet seit mehr als zehn Jahren als Reproduktionsmedizinerin und betreibt seit drei Jahren ihre eigene Klinik in Bombay. Ihre Kundschaft kommt aus der ganzen Welt.
"USA, Australien, Singapur, Israel, Spanien, Irland, Japan, auch Inder. Die meisten Kunden kommen aber aus dem Ausland."
Wer bei der Ärztin Kaushal Kadam in die Klinik kommt, muss erst einmal seine Schuhe gegen medizinische Plastiklatschen tauschen. Empfangsdesk und Marmorboden glänzen keimfrei. Direkt am Eingang hängen Diplom und Doktorwürden von Kadam, in ihrem Büro Bilder von rosigen Säuglingen.
"Der Hauptgrund, warum sich Paare eine Leihmutter nehmen: Wenn der Frau der Uterus entfernt werden musste oder die Gebärmutter nicht ausgebildet ist. Ein paar haben auch zahlreiche Fehlgeburten hinter sich - und entscheiden sich dann für eine Leihmutter."
Tarang Mahajan klickt sich durch ihre Forschungsergebnisse. Für die Frauenorganisation Sama hat die Wissenschaftlerin als eine der ersten das Geschäft mit der Leihmutterschaft untersucht.
Bisher gibt es keine offiziellen Daten, erzählt Mahajan. Leihmutterschaft ist ein Riesengeschäft. Auf rund 400 Millionen Euro jährlich, schätzt die Soziologin den Gesamtumsatz der indischen Reproduktionsmedizin.
"Die Gesetze in anderen Ländern sind sehr strikt - in Indien gibt es keine rechtlichen Beschränkungen und Regulierungen. Deswegen ist die internationale Nachfrage hier in den vergangenen vier, fünf Jahren so stark angestiegen. Die Kliniken haben englischsprachige Mitarbeiter, gute medizinische Einrichtungen. Die Technik ist auf dem neuesten Stand. Leihmutterschaft gehört sogar zu einer Art Tourismus-Paket nach dem Motto: Komm, schau Indien an, besuch das Tadsch Mahal und nimm gleich noch ein Baby mit."
Frauen, die sich meist aus finanzieller Not auf die Arbeit als Leihmutter einlassen, gibt es in Indien genug.
Ärzte und Schwestern in weißen Kitteln hasten über den Flur einer der zahlreichen Leihmutterkliniken Mumbais. Es herrscht Hochbetrieb. An der Rezeption hat sich eine Schlange gebildet. Manjusha Wankhede sitzt auf einem der Plastikstühle und wartet auf ihre Untersuchung. Vor einem Jahr war die junge Frau schwanger und hat als Leihmutter Zwillinge ausgetragen.
Nun hat sie einen neuen Termin mit Ärztin Sameera Kaur. Die 31-jährige Manjusha Wankhede möchte noch einmal an dem Leihmutter-Programm teilnehmen. Ihr Beweggrund ist einfach: Geld.
Wankhede verkauft Gemüse in der Straße, ihr Mann ist Hilfsarbeiter in einer Textilfabrik - das sichert gerade einmal das Überleben der vierköpfigen Familie.
Dreieinhalb Lakh hat sie bei der ersten Geburt bekommen, erzählt Wankhede. Umgerechnet knapp 5000 Euro.
Damals hat sie ein kleines Haus davon gekauft. Nun möchte sie mit einer weiteren Schwangerschaft die Schulbildung ihrer zwei Kinder finanzieren, übersetzt Ärztin Sameera Kaur.
"Es sind Frauen aus der Unterschicht, die Leihmütter werden. Wenn man jemanden anderen fragen würde, ob er mehrere Monate lang schmerzhafte Hormon-Injektionen über sich ergehen lassen würde, für das Geld. Niemand würde das tun. Wir verabreichen hier Spritzen auf Ölbasis. Die sind sehr schmerzhaft."
Vier Frauen mit dicken Bäuchen sitzen auf ihren Betten in einer Leihmutter-Herberge. Die Filmemacher der Organisation SAMA haben sie hier besucht und dokumentieren, wie sie während der Schwangerschaft untergebracht sind.
"Iss deine Kekse auf", ermahnen die Frauen eine Zimmerkollegin. "Auch wenn sie dir nicht schmecken." Schließlich seien die Kekse für das Kind. Genau wie alles andere: die Tabletten, die Spritzen, die Vitamine.
Die Frauen warten, reden, essen - viel mehr dürfen sie nicht tun. Denn anders als bei Leihmüttern, die während der Schwangerschaft zu Hause leben, wird der Alltag in den Leihmütter-Herbergen genau kontrolliert. Schließlich soll die Schwangerschaft genau nach Wunsch der Auftragseltern ablaufen.
"Einige haben Sonderwünsche, die Leihmutter soll Vegetarierin sein, sie soll selbst Kinder haben, die nicht älter als drei sind oder sie soll besonders groß sein, weil sie erwarten, dass ihr Baby groß wird. Denn indische Frauen sind klein."
Leihmutterschaft bleibt ein ungleiches Geschäft, sagt Sama-Frauenrechtlerin Tarang Mahajan. Das fängt schon beim Vertragsabschluss zwischen der Mutter und den zukünftigen Eltern an.
"Die Leihmütter können die Bedingungen nicht verhandeln. Alles richtet sich nach den Wünschen der zukünftigen Eltern. Die Leihmütter, mit denen wir gesprochen haben, wissen noch nicht einmal, was in den Verträgen steht. Sie haben einfach unterschrieben - und ihnen wurde gesagt, die Unterschrift bedeutet, sie müssen das Kind weggeben."
Auch Manjusha Wankhede hat ihren Vertrag nicht gelesen. Schließlich sei der auf Englisch - und das würden die Leihmütter ohnehin nicht verstehen, sagt Ärztin Sameera Kaur. Eine Hindi-Version des Vertrags gebe es nicht.
Die zukünftigen Eltern im Ausland erhalten selbstverständlich eine Kopie des Vertrages - Wanhede nicht. Der werde in der Klinik verwahrt.
Eine andere Klinik in Bombay: Leihmutter Zeena und ihre Übersetzerin sitzen vor dem Computer. Die Auftragseltern haben zum Skype-Gespräch gebeten.
10.000 Kilometer entfernt, in Norwegen, bewundert das Paar den wachsenden Bauch der Schwangeren. In ein paar Monaten wird die Leihmutter in ihr altes Leben entlassen.
Von den Auftragseltern wird sie dann nichts mehr hören, vermutet Ärztin Sameera Kaur.
"Niemand hat sich nach zwei oder drei Jahren je wieder gemeldet und gefragt, wie es der Leihmutter geht. Niemand. Es ist einfach ein Geschäft."