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Gebündelte Kommunikation

Facebook will eine Art Allrounder werden. Oder wie auch immer man sich einen "Universal-Kommunikationsdienst" vorstellen muss, der über Chat, E-mail, SMS oder Twitter alles an digitaler Kommunikation zur Verfügung stellen will, was es zur Zeit gibt? Datenschützern warnen davor, einem Anbieter so viele Informationen zu überlassen.

Von Philip Banse | 25.11.2010
    "Der größte Nachteil an Emails ist, dass sie in der Regel für kurze, schnelle Kommunikation total ungeeignet sind, weil Leute entweder unheimlich lange Mails schreiben oder sich eine Mailschlacht entwickelt mit lauter kurzen Antworten, gerade, wenn man mit mehreren Leuten gleichzeitig kommuniziert. Dafür sind dann Gruppenchats oder ähnliche Dinge viel, viel besser."

    Sagt Sebastian Sooth, Berater für soziale Internetmedien, Netzaktivist und Dauer-Twitterer. Doch auch Gelegenheits-Surfer bekommen die Grenzen von Email langsam zu spüren. Andrea May, Künstlerin in Berlin:

    "Eine Email schreiben, das ist immer noch so auf dem halben Weg zum Brief, dass man irgendeine Form einhalten muss. Ich achte da immer noch auf Groß- und Kleinschreibung, bei so einem Chat wird das ungefiltert raus gehauen."

    Auch braucht eine Mail mitunter Minuten bis zum Adressaten. Ganz anders beim Chat: Ein kleines Fenster auf dem Bildschirm, was reingetippt wird, ist sofort da, kann umgehend beantwortet werden - muss aber nicht.

    "Ja, ich finde das einfach nett, wenn man gerade am Schreibtisch zu tun hat, irgendwas aufräumt und nebenbei mit irgendjemandem ein paar Belanglosigkeiten austauschen kann. Das ist einfach nett."

    ""Chats nutze ich vor allem für Gruppen-Chats, weil das wirklich eine gute Art ist, mit mehreren Leuten gleichzeitig zu kommunizieren."

    Web-Berater Sebastian Sooth nutzt aber vor allem Twitter. Wie bei einer SMS besteht eine Twitternachricht, kurz Tweet, aus maximal 140 Zeichen. Unterschied: Ein Tweet kann man nicht nur vom Telefon schicken, auch vom Schreibtischrechner. Noch wichtiger: Die Tweets von Sebastian Sooth bekommt nur zugeschickt, wer ihm folgt, seine Tweets also abonniert hat. Grundsätzlich sind alle Tweets öffentlich im Internet einsehbar.

    Ausnahme: Die Direktnachricht. Eine solche Direktnachricht auf Twitter landet wirklich nur beim Adressaten im Posteingang, ist nicht öffentlich, hat also etwas von einer Email. Eine Direktnachricht über Twitter kann Sebastian Sooth nur von jenen Menschen bekommen, deren Tweets er also abonniert hat.

    "Der große Vorteil bei Twitter ist, dass man sich zum einen kurz fassen muss. Und außerdem bekomme ich die richtigen Nachrichten von den richtigen Leuten und kann schnell wieder drauf antworten."

    Ein weiterer Unterschied zur SMS ist: Twitter ist kostenlos, und man muss nicht seine sehr private Handynummer austauschen. Chat, Email, Twitter - für immer mehr Kommunikationssituationen gibt es technische Lösungen mit ihren Vor- und Nachteilen. Eines haben sie aber gemein: Sie leben an unterschiedlichen Orten. Mails im Mailprogramm, Chat im Chat-Programm oder bei Facebook, Tweets finden sich im Twitterprogramm und auf irgendwelchen Servern.

    Diese unter Umständen unübersichtliche Lage will Facebook jetzt lösen. In den nächsten Wochen soll auch in Deutschland "Facebook Messages" zu haben sein: Email, SMS, Chat, Nachrichten - alles unter einem Dach. Die komplette Kommunikation ist dann gebündelt unter einem Namen des Freundes, mit dem man kommuniziert. Es ist egal, ob die Kommunikation per Mail, Chat oder SMS abgewickelt wurde. Auf den ersten Blick eine verlockende Idee. Doch sowohl Berufskommunikator Sebastian Sooth als auch Künstlerin Andrea May haben ihre Vorbehalte:

    Sebastian Sooth:

    "Ich bin ganz froh, dass bestimmte Kommunikationswege getrennt sind, weil ich nicht einem Anbieter alle meine Nachrichten anvertrauen will. Ich unterstelle da gar keine Böswilligkeit, aber wir haben das bei Facebook oft genug gesehen, dass es Programmierfehler gab, dass es Design-Fehler gab, dass Werbetreibende auf Informationen zugreifen konnten. Und da wäre mir die Gefahr viel zu groß, alle Nachrichten über einen Anbieter zu schicken."

    Andrea May:

    "Ich sage mal so: Es würde vieles natürlich vereinfachen auf eine Art, aber ich traue Facebook da auch nicht über den Weg. Und jeder, der ein bisschen mit Datenschutz zu tun hat, nennt Facebook nicht umsonst die Datenkrake."