"Er wurde schwer getroffen. Stromzufuhr und Wasserkühlung wurden fast vollständig zerstört."
Der Schreck sitzt dem japanischen Physiker Koichiro Nishikawa noch in den Knochen. Denn als im März in seinem Land das große Beben wütete, wurde auch sein Forschungsgerät massiv beschädigt – ein Teilchenbeschleuniger in Tokai, 200 Kilometer vom Epizentrum entfernt. 2010 erst hatten Nishikawa und seine Leute ihr Experiment gestartet – ein spektakuläres Experiment.
"Unser Beschleuniger schießt Wasserstoffkerne auf eine Zielscheibe. Dabei entstehen kurzlebige Teilchen, sogenannte Mesonen. Sie zerfallen rasch wieder und senden dabei einen Neutrinostrahl aus. Diese Neutrinos fliegen 300 Kilometer weit in die japanischen Alpen, wo sie auf einen unterirdischen Detektor treffen, einen Riesentank gefüllt mit 20.000 Tonnen Wasser. Mit diesem Wasser können die Neutrinos interagieren. Und dadurch können wir sie nachweisen."
T2K, so heißt das Experiment, denn die Neutrinos fliegen von Tokai nach Kamioka, wo der Wassertank in ein ehemaliges Bergwerk eingebaut ist. Letztlich würden die Forscher gern herausfinden, welche Rolle Neutrinos beim Urknall spielten, ob sie womöglich als Geburtshelfer für Materie fungierten. Das aber kann nur möglich gewesen sein, wenn Neutrinos eine ganz bestimmten Eigenschaft besitzen – wenn sie sich von einer Sorte, sogenannten Myon-Neutrinos, verwandeln können in eine andere Art, in Elektron-Neutrinos. Und obwohl das Beben das Experiment vorerst stoppte, können die Physiker ein erstes Ergebnis präsentieren. Nishikawa:
"Wir haben Hinweise darauf, dass sich in unserem Wassertank tatsächlich Elektron-Neutrinos zeigen, bislang sind es sechs. Um von einer Entdeckung sprechen zu können, brauchen wird allerdings noch mehr Daten."
Und die wird T2K demnächst wieder liefern können, denn:
"Wir haben fast alles wieder repariert. In ein paar Monaten werden wir das Experiment wieder starten."
Und das japanische Experiment dürfte bald Unterstützung erhalten, und zwar durch einen Versuch in Europa.
"Das Double-Chooz-Experiment ist ein Experiment, das an einen Kernreaktor in Frankreich aufgebaut worden ist und gerade angefangen hat, Daten zu nehmen","
sagt Stefan Schönert, Physikprofessor an der TU München und Mitexperimentator in Frankreich.
"""Ein Kernreaktor emittiert Neutrinos in enormer Intensität. Und wir messen diese Neutrinos dann in einem Detektor. Wir wollen schauen, ob sich dieses Neutrino auf dem Weg zwischen der Produktion im Reaktor zum Detektor verwandelt."
Ein ähnliches Prinzip also wie in Japan, nur mit einem Kernreaktor statt eines Beschleunigers. Schönert:
"Wir denken, dass wir bis zum Ende dieses Jahres genug Ereignisse gemessen haben, um das T2K-Experiment bestätigen oder widerlegen zu können."
Sollten sich die Ergebnisse bestätigen, sollte aus abstrakten theoretischen Gründen auch ein anderes Phänomen existieren – nämlich dass sich Neutrinos anders verhalten als ihre Antiteilchen, die Antineutrinos. Und das könnte dann am Ende sogar kosmische Konsequenzen haben, sagt Stavros Katsanevas von der französischen Forschungsorganisation CNRS.
"Am Anfang des Universums, unmittelbar nach dem Urknall, hat sich womöglich Folgendes abgespielt: Damals könnten für kurze Zeit exotische Neutrinos und Antineutrinos existiert haben, beide mit sehr großer Masse. Beide sind dann sehr schnell wieder zerfallen, und zwar die Neutrinos auf andere Weise als die Antineutrinos. Diese Asymmetrie hat dazu geführt, dass mehr Materie entstand als Antimaterie – weshalb unsere Welt aus Materie besteht, wogegen die Antimaterie verschwunden scheint. Und an dieser Theorie könnte tatsächlich was dran – vorausgesetzt, die Ergebnisse aus Japan bestätigen sich."
Um das Rätsel zu lösen, wird man allerdings neue Experimente bauen müssen – regelrechte Neutrinofabriken, die stärkere Neutrinostrahlen als bisher erzeugen und auf deutlich größere Detektoren lenken.
Der Schreck sitzt dem japanischen Physiker Koichiro Nishikawa noch in den Knochen. Denn als im März in seinem Land das große Beben wütete, wurde auch sein Forschungsgerät massiv beschädigt – ein Teilchenbeschleuniger in Tokai, 200 Kilometer vom Epizentrum entfernt. 2010 erst hatten Nishikawa und seine Leute ihr Experiment gestartet – ein spektakuläres Experiment.
"Unser Beschleuniger schießt Wasserstoffkerne auf eine Zielscheibe. Dabei entstehen kurzlebige Teilchen, sogenannte Mesonen. Sie zerfallen rasch wieder und senden dabei einen Neutrinostrahl aus. Diese Neutrinos fliegen 300 Kilometer weit in die japanischen Alpen, wo sie auf einen unterirdischen Detektor treffen, einen Riesentank gefüllt mit 20.000 Tonnen Wasser. Mit diesem Wasser können die Neutrinos interagieren. Und dadurch können wir sie nachweisen."
T2K, so heißt das Experiment, denn die Neutrinos fliegen von Tokai nach Kamioka, wo der Wassertank in ein ehemaliges Bergwerk eingebaut ist. Letztlich würden die Forscher gern herausfinden, welche Rolle Neutrinos beim Urknall spielten, ob sie womöglich als Geburtshelfer für Materie fungierten. Das aber kann nur möglich gewesen sein, wenn Neutrinos eine ganz bestimmten Eigenschaft besitzen – wenn sie sich von einer Sorte, sogenannten Myon-Neutrinos, verwandeln können in eine andere Art, in Elektron-Neutrinos. Und obwohl das Beben das Experiment vorerst stoppte, können die Physiker ein erstes Ergebnis präsentieren. Nishikawa:
"Wir haben Hinweise darauf, dass sich in unserem Wassertank tatsächlich Elektron-Neutrinos zeigen, bislang sind es sechs. Um von einer Entdeckung sprechen zu können, brauchen wird allerdings noch mehr Daten."
Und die wird T2K demnächst wieder liefern können, denn:
"Wir haben fast alles wieder repariert. In ein paar Monaten werden wir das Experiment wieder starten."
Und das japanische Experiment dürfte bald Unterstützung erhalten, und zwar durch einen Versuch in Europa.
"Das Double-Chooz-Experiment ist ein Experiment, das an einen Kernreaktor in Frankreich aufgebaut worden ist und gerade angefangen hat, Daten zu nehmen","
sagt Stefan Schönert, Physikprofessor an der TU München und Mitexperimentator in Frankreich.
"""Ein Kernreaktor emittiert Neutrinos in enormer Intensität. Und wir messen diese Neutrinos dann in einem Detektor. Wir wollen schauen, ob sich dieses Neutrino auf dem Weg zwischen der Produktion im Reaktor zum Detektor verwandelt."
Ein ähnliches Prinzip also wie in Japan, nur mit einem Kernreaktor statt eines Beschleunigers. Schönert:
"Wir denken, dass wir bis zum Ende dieses Jahres genug Ereignisse gemessen haben, um das T2K-Experiment bestätigen oder widerlegen zu können."
Sollten sich die Ergebnisse bestätigen, sollte aus abstrakten theoretischen Gründen auch ein anderes Phänomen existieren – nämlich dass sich Neutrinos anders verhalten als ihre Antiteilchen, die Antineutrinos. Und das könnte dann am Ende sogar kosmische Konsequenzen haben, sagt Stavros Katsanevas von der französischen Forschungsorganisation CNRS.
"Am Anfang des Universums, unmittelbar nach dem Urknall, hat sich womöglich Folgendes abgespielt: Damals könnten für kurze Zeit exotische Neutrinos und Antineutrinos existiert haben, beide mit sehr großer Masse. Beide sind dann sehr schnell wieder zerfallen, und zwar die Neutrinos auf andere Weise als die Antineutrinos. Diese Asymmetrie hat dazu geführt, dass mehr Materie entstand als Antimaterie – weshalb unsere Welt aus Materie besteht, wogegen die Antimaterie verschwunden scheint. Und an dieser Theorie könnte tatsächlich was dran – vorausgesetzt, die Ergebnisse aus Japan bestätigen sich."
Um das Rätsel zu lösen, wird man allerdings neue Experimente bauen müssen – regelrechte Neutrinofabriken, die stärkere Neutrinostrahlen als bisher erzeugen und auf deutlich größere Detektoren lenken.