„Jeder Mensch erfindet sich früher oder später eine Geschichte, die er für sein Leben hält“, schrieb Max Frisch in einem seiner Romane – und die Erkenntnisse der Neurobiologie geben ihm weitgehend recht: Denn unser Gedächtnis ist alles andere als ein unveränderlicher Informationsspeicher.
Das Gedächtnis ist beeinflussbar
Wir speichern eine Erinnerungen jedes Mal, wenn wir sie abrufen, etwas anders ab. Das kann nur kleine Details, Nuancen betreffen: Gab es das erste Fahrrad zum dritten oder vierten Geburtstag, war die Schultüte grün oder blau?
Tatsächlich ist dieses Phänomen der „falschen Erinnerung“ oder „Scheinerinnerung“ aber auch im Rahmen von Psychotherapien oder von Therapien durch ungeschulte Berater gar nicht so selten – mit erheblichen Folgen für die Betroffenen.
Werden Erinnerungen immer wieder aufgerufen und in bestimmten Kontexten besprochen und gedeutet, können sie sich mit der Zeit aber auch in ganz wesentliche Punkten vollkommen ändern. Das zeigen Experimente, bei denen Forscher Probanden bereits mehrfach erfolgreich falsche Erinnerungen einpflanzen konnten.
Falsche Erinnerungen können Leben zerstören
Petra Stern wurde gleich zwei Mal schmerzhaft mit ihren Kindheitserinnerungen konfrontiert: Das erste Mal, als sie mit 40 Jahren zu der Erkenntnis gelangt, dass sie ihren wiederholten Missbrauch als Kind ein Leben lang verdrängt hat. Und ein zweites Mal, als sie wenige Jahre später feststellt, dass es diesen Missbrauch doch nie gab. Für ihr Leben und das ihrer Familie hatten diese falschen Erinnerungen drastische Folgen.