Es ging viel um Licht und um Dunkelheit an diesem Abend des 19. Dezember am Breitscheidplatz in Berlin, der für viele der Anwesenden zum dunkelsten in ihrem Leben geworden ist. Der Pfarrer der Gedächtniskirche, Martin Germer, und Christian Stäblein, Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, begrüßten die Trauergäste zur Andacht für die Opfer des Terroranschlags auf den hiesigen Weihnachtsmarkt vor drei Jahren mit dem Lied "Die Nacht ist vorgerdungen". Das Gedicht verfasste 1937 der Theologe Jochen Klepper, der darin die Hoffnung äußert, dass nach der Nacht auch wieder Licht kommen werde.
Bischof Stäblein sagte in seiner Predigt, dass dies auch für die Angehörigen der Opfer des Anschlags gelten möge. "Das Dunkel geht nicht weg, wenn wir es verdrängen, deshalb gehen wir da hinein, erinnern es, und sind heute hier. Zeigen und sagen: Das Dunkle, der Tod, der Mord, der Terror, das ist nicht stärker, das behält nicht die letzte Macht. Deshalb machen wir es dunkel für einen Moment, um zu zeigen, es ist da, aber wir auch, mit Licht."
Auch Ersthelfer nehmen am Gedenken Teil
Als die Trauergäste, die Angehörigen und die Opfer, die bei dem Anschlag verletzt wurden, nach der Andacht aus der Kirche kamen und an die Gedenkstätte des Terroranschlags traten, waren die Stufen tatsächlich mit Licht bedeckt, mit unzähligen weißen und roten Grablichtern, mit Blumen, Kränzen und Bildern der Opfer, die zu Tode kamen, als der Attentäter Anis Amri um zwei Minuten nach acht einen gekaperten Lkw in die Menge der Weihnachtsmarktbesucher steuerte.
Neben den Angehörigen und den Verletzten waren auch Ersthelfer von Polizei, Feuerwehr und Schaustellern gekommen. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) nahm ebenfalls inmitten der Angehörigen an dem Gedenken teil. Auf den Stufen des Mahnmals erinnerte die junge Israelin Chen Elyakim an ihre Mutter Dalia, die bei dem Terroranschlag ermordet wurde.
In der Nacht sei ihre Mutter zunächst als vermisst gemeldet und ihre Vater schwer verletzt worden, berichtete Chen Elyakim. Erst zwei Tage später hätten sie die Nachricht des Todes ihrer Mutter erhalten.
Für viele stehe diese längste Nacht des Jahres am 21. Dezember für den Wandel von Dunkelheit zu Licht, sagte Elyakim. Für sie aber sei das Licht nicht wiedergekommen.
Betroffene nicht eigeladen, um sie nicht zu belasten
Pfarrer Martin Germer wandte sich in seiner Ansprache auch an die Angehörigen, die in diesem Jahr entschieden hätten, nicht zu kommen. Die zuständige Senatsverwaltung hatte nach Rücksprache mit Fachleuten davon abgesehen, die Betroffenen persönlich anzuschreiben und einzuladen, um sie nicht unnötig zu belasten und unter Druck zu setzen.
Als Pfarrer Germer zu fünf Gedenkminuten aufrief, wandte er sich über die Lautsprecheranlage an alle Besucher des Weihnachtsmarktes. "Und ich lade sie ein jetzt allem, wo auch immer Sie sind auf diesem Platz, sich an diesem Gedenken zu beteiligen. Deshalb unterbrechen wir jetzt den Verkauf überall auf dem Weihnachtsmarkt."
Nach den Gedenkminuten schlug eine Glocke der Gedächtniskirche zwölfmal für die Todesopfer. Erst danach kehrte zaghaft wieder weihnachtliches Treiben zurück auf dem Breitscheidplatz.