"Liebe Angehörige, liebe Nachbarn. Wir stehen hier vor dem Stein von Dr. Plesch, der hier bis zum Jahr '33 friedlich gelebt hat und schon sehr früh von diesem grausamen System gequält worden ist und dann nach Quälereien und Inhaftierungen in Belgien verstorben ist, nach meiner Sicht ermordet worden ist."
Der Kunstsammler Peter Hess, der in Hamburg alle Stolperstein-Verlegungen koordiniert, hält eine kleine Ansprache über den jüdischen Rechtsanwalt Mathias Plesch. Horace Ostwald, sein einzig noch lebender Sohn, liest die Inschrift vor:
"Hier wohnte Dr. Matias Plesch, Jahrgang 1877, verhaftet 1935, Gestapo-Verhör, Tod an den Folgen, 30.4.1936."
"Stolpersteine" nennt der Kölner Künstler Gunter Demnig die kleinen, quadratischen Messingplatten, die er vor den letzten Wohnorten von Opfern des Nationalsozialismus in den Bürgersteig einsetzt. Ihre Inschriften erinnern vor allem an die Vertreibung und Ermordung der Juden, aber auch der Sinti und Roma, der Homosexuellen, der politisch oder wegen ihres Glaubens Verfolgten und an die Opfer von Hitlers sogenanntem Euthanasiebefehl.
Am 16. Dezember 1992 setzte Gunter Demnig seinen ersten Stein vor dem Historischen Rathaus in Köln ein. Er erinnerte an Himmlers Befehl zur Deportation der Roma und Sinti. Demnig hatte die Erfahrung gemacht, dass viele Bürger gar nicht wussten, dass in ihrer Straße vor 1945 Juden, Sinti und Roma wohnten.
"Dieses Nicht-Wissen um ihre Nachbarn, das war der Auslöser; hier gehört das hin. Zentrale Gedenkstätten mögen gut sein, mögen wichtig sein. Nur einmal im Jahr werden Kränze abgeworfen, das war es. Mein Anliegen war wirklich, da, wo es angefangen hat, dort, wo die Wohnungen waren, dorthin die Namen zurückzubringen. Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist. Also die Namen zurückbringen statt der Nummern, die sie waren."
1994 entstand die erste Ausstellung mit 250 Stolpersteinen, 1995 folgten Verlegungen in Köln - noch ohne Genehmigung. Erst im Jahr 2000 konnte Demnig die ersten amtlich genehmigten Steine verlegen.
"Und dann sprach es sich rum, dass auch sehr viele Angehörige Interesse haben, weil es sind ja in der Regel Menschen, die haben keine Grabsteine."
Mittlerweile erinnern rund 38.000 Steine an die Ermordeten und Verfolgten – vor allem in Deutschland, aber auch in den Niederlanden, in Norwegen, in der Ukraine, in Österreich oder Italien. Beteiligt an der Aktion ist nicht nur Gunter Demnig. Vor Ort engagieren sich zahlreiche Menschen, vor allem Schülerinnen und Schüler, die in Archiven und im Internet recherchieren und kleine Biografien fürs Internet über die Opfer des NS-Terrors schreiben. Für Gunter Demnig ist das der vielleicht wichtigste Aspekt seiner Arbeit:
"Es ist ein Unterschied. In einem Lehrbuch steht drin: sechs Millionen ermordete Juden in Europa. Das bleiben abstrakte Zahlen- Aber wenn die dann einzelne Familienschicksale haben, mit denen sie sich befassen können, auch Angehörige noch anschreiben, alles, was da passiert an Demütigungen, Entrechtungen. Und dann kommen plötzlich mit diesen Steinen die Namen zurück. Irgendwie sind die Menschen ja wieder da."
Gunter Demnig verlegt jedes Jahr Tausende an Stolpersteinen. Der 65-Jährige will noch lange weiter machen, weil er weiß, wie wichtig die kleinen Gedenksteine im Gehweg auch für Überlebende des Holocaust sind. Für Menschen wie den 84-jährigen Fred Leser. In Hamburg liegen drei Stolpersteine, die an seine Eltern und seinen Bruder erinnern.
"Ich habe ja kein Grab oder irgendwas. Ich gehe da meistens hin am Geburtstag meiner Eltern und meines Bruders und wir legen dann eine Blume hin vor der Tür."
Wie er auf den Namen "Stolpersteine" gekommen ist, weiß Gunter Demnig selbst nicht mehr so genau. Aber:
"Die schönste Definition stammt von einem Hauptschüler. Der wurde mal von einem Reporter gefragt: Aber sage mal, das ist doch gefährlich. Man fällt doch hin. Da sagte: Nein, man fällt nicht hin. Man stolpert mit dem Kopf und mit dem Herzen."
Der Kunstsammler Peter Hess, der in Hamburg alle Stolperstein-Verlegungen koordiniert, hält eine kleine Ansprache über den jüdischen Rechtsanwalt Mathias Plesch. Horace Ostwald, sein einzig noch lebender Sohn, liest die Inschrift vor:
"Hier wohnte Dr. Matias Plesch, Jahrgang 1877, verhaftet 1935, Gestapo-Verhör, Tod an den Folgen, 30.4.1936."
"Stolpersteine" nennt der Kölner Künstler Gunter Demnig die kleinen, quadratischen Messingplatten, die er vor den letzten Wohnorten von Opfern des Nationalsozialismus in den Bürgersteig einsetzt. Ihre Inschriften erinnern vor allem an die Vertreibung und Ermordung der Juden, aber auch der Sinti und Roma, der Homosexuellen, der politisch oder wegen ihres Glaubens Verfolgten und an die Opfer von Hitlers sogenanntem Euthanasiebefehl.
Am 16. Dezember 1992 setzte Gunter Demnig seinen ersten Stein vor dem Historischen Rathaus in Köln ein. Er erinnerte an Himmlers Befehl zur Deportation der Roma und Sinti. Demnig hatte die Erfahrung gemacht, dass viele Bürger gar nicht wussten, dass in ihrer Straße vor 1945 Juden, Sinti und Roma wohnten.
"Dieses Nicht-Wissen um ihre Nachbarn, das war der Auslöser; hier gehört das hin. Zentrale Gedenkstätten mögen gut sein, mögen wichtig sein. Nur einmal im Jahr werden Kränze abgeworfen, das war es. Mein Anliegen war wirklich, da, wo es angefangen hat, dort, wo die Wohnungen waren, dorthin die Namen zurückzubringen. Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist. Also die Namen zurückbringen statt der Nummern, die sie waren."
1994 entstand die erste Ausstellung mit 250 Stolpersteinen, 1995 folgten Verlegungen in Köln - noch ohne Genehmigung. Erst im Jahr 2000 konnte Demnig die ersten amtlich genehmigten Steine verlegen.
"Und dann sprach es sich rum, dass auch sehr viele Angehörige Interesse haben, weil es sind ja in der Regel Menschen, die haben keine Grabsteine."
Mittlerweile erinnern rund 38.000 Steine an die Ermordeten und Verfolgten – vor allem in Deutschland, aber auch in den Niederlanden, in Norwegen, in der Ukraine, in Österreich oder Italien. Beteiligt an der Aktion ist nicht nur Gunter Demnig. Vor Ort engagieren sich zahlreiche Menschen, vor allem Schülerinnen und Schüler, die in Archiven und im Internet recherchieren und kleine Biografien fürs Internet über die Opfer des NS-Terrors schreiben. Für Gunter Demnig ist das der vielleicht wichtigste Aspekt seiner Arbeit:
"Es ist ein Unterschied. In einem Lehrbuch steht drin: sechs Millionen ermordete Juden in Europa. Das bleiben abstrakte Zahlen- Aber wenn die dann einzelne Familienschicksale haben, mit denen sie sich befassen können, auch Angehörige noch anschreiben, alles, was da passiert an Demütigungen, Entrechtungen. Und dann kommen plötzlich mit diesen Steinen die Namen zurück. Irgendwie sind die Menschen ja wieder da."
Gunter Demnig verlegt jedes Jahr Tausende an Stolpersteinen. Der 65-Jährige will noch lange weiter machen, weil er weiß, wie wichtig die kleinen Gedenksteine im Gehweg auch für Überlebende des Holocaust sind. Für Menschen wie den 84-jährigen Fred Leser. In Hamburg liegen drei Stolpersteine, die an seine Eltern und seinen Bruder erinnern.
"Ich habe ja kein Grab oder irgendwas. Ich gehe da meistens hin am Geburtstag meiner Eltern und meines Bruders und wir legen dann eine Blume hin vor der Tür."
Wie er auf den Namen "Stolpersteine" gekommen ist, weiß Gunter Demnig selbst nicht mehr so genau. Aber:
"Die schönste Definition stammt von einem Hauptschüler. Der wurde mal von einem Reporter gefragt: Aber sage mal, das ist doch gefährlich. Man fällt doch hin. Da sagte: Nein, man fällt nicht hin. Man stolpert mit dem Kopf und mit dem Herzen."