Tausende Menschen drängten sich auf den Straßen der russischen Hauptstadt, sie trugen Fahnen und Plakate mit Fotos und Zitaten des ermordeten Oppositionspolitikers Nemzow, wie etwa "Russland wird frei sein". Und immer wieder ertönte der Ruf: "Russland ohne Putin!" Die Veranstalter sprachen zunächst von etwa 15.000 Teilnehmern, die Polizei bezifferte die Demonstranten auf rund 5.000.
Boris Nemzow, ein eiserner Kritiker des russischen Präsidenten Wladimir Putin, war am 27. Februar 2015 abends auf einer Brücke in der Nähe des Kremls erschossen worden. Bis heute zieren rote Rosen, Nelken und Kerzen den Ort, Oppositionelle sprechen seit der Tat nur noch von der "Nemzow-Brücke".
Tat bis heute nicht aufgeklärt
Aufgeklärt ist der Mord bis heute nicht. Eine offizielle Untersuchung konnte nicht feststellen, wer die Tat angeordnet hat. Der mutmaßliche Todesschütze soll ein Offizier des tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow gewesen sein, der widerum als Putins Mann fürs Grobe gilt.
Nemzow galt als eine der Galionsfiguren der zersplitterten russischen Opposition. Sein Tod traf Aktivisten und Putin-Kritiker schwer und schwächt sie bis heute. "Die russischen Demokraten haben ihren erfahrensten Anführer verloren", sagte etwa der Journalist Michail Fischman in einer Dokumentation über Nemzow. Er ist überzeugt: "Die Protestbewegung könnte heute viel besser agieren, wäre Nemzow noch am Leben."
Kaum Hoffnung auf politische Wende
Gut ein Jahr vor der Präsidentenwahl im März 2018 sehen viele russische Oppositionelle deshalb kaum eine Chance für eine politische Wende im Land. Zwar hat Putin offiziell noch nicht verkündet, wieder anzutreten - doch die Mehrheit der Russen rechnet fest damit.
Boris Nemzow gehörte einst selbst zum Establishment: In den Neunziger Jahren war er unter Präsident Jelzin erst Gouverneur und dann stellvertretender Ministerpräsident gewesen. Später entwickelte er sich zu einem der schärfsten Kritiker von Jelzins Nachfolger Putin.
(gwi/tzi)