In mehrern französischen Städten gedachten Tausende der am Freitag getöteten Holocaustüberlebenden Mireille Knoll. Ihr gewaltsamer Tod sorgt in Frankreich weiter für Aufsehen und Unsicherheit innerhalb der jüdischen Gemeinde.
Nein zum Antisemitismus rufen die Teilnehmer des Gedenkmarsches für Mireille Knoll. Mehrere tausende Menschen sind allein in Paris auf die Straße gegangen - zum Place de la Nation gekommen. Fast alle tragen sie einen Anstecker mit dem Foto der 85-jährigen Frau, einer Jüdin, Holocaustüberlebenden, die am Freitag in ihrer Wohnung getötet wurde. Einige Menschen, wie auch Josiane, haben weiße Rosen dabei:
"Meine Familie hat Juden geschützt im zweiten Weltkrieg. Ich bin heute hier, um das Gleiche zu tun, meine Solidarität zu zeigen. Diese Dame, die man ermordet hat, sie hätte meine Großmutter sein können."
"Antisemitismus lebt neu auf"
Solidarität mit der jüdischen Bevölkerung von Paris, von ganz Frankreich, sagt Josianne, das ist das Ziel an diesem Abend. Denn immer noch sind Juden und Jüdinnen in Frankreich dem Antisemitismus ausgesetzt. Sie werden beschimpft, sie werden angegriffen - und wie Mireille Knoll - auch ermordet. Auch dieser Mann mit der Kippa kennt den Judenhass. Er trägt einen Anstecker. Eine gelbe Plakette, ein Davidstern. Darunter steht: Söhne und Töchter der Deportierten:
"Der Antisemitismus in Frankreich hat immer existiert. Und jetzt lebt er neu auf. Ich fühle mich noch sicher hier. Ich bin Franzose, aber auch Juden und für mich wird es immer schwieriger."
Das bestätigt auch Joel Mergui. Er ist Präsident des israelitsischen Konsistorium, einer jüdischen Organisation in Paris. Zusammen mit dem Zentralrat der jüdischen Institutionen hat Mergui den Gedenkmarsch organisiert:
"Heute gibt es viele Formen von Antisemitismus. Es gibt die Vorurteile: die Juden und das Geld, es gibt den radikalen Islamismus, der schon getötet hat und es gibt den tief verwurzelten Hass auf Juden, der offenbar im radikalisierten islamistischen Milieu existiert und der dazu geführt hat, dass diese alte Dame ermordet wurde ."
Buhrufe für Le Pen
Ob der Mord an Mireille Knoll tatsächlich einen antisemitischen Hintergrund hat, ist noch nicht bewiesen. Die französischen Behörden allerdings ermitteln auch in diese Richtung. Fakt aber ist: es gibt ihn immer noch, den Antisemitismus in Frankreich. Flagge zeigen in Paris, das wollen auch viele prominente Politiker. Neben Regierungsvertretern waren auch Marine Le Pen, Chefin des rechtsextremen Front National und Jean-Luc Mélencheon, Vorsitzender der radikal linken Partei La France Insoumise vor Ort:
Beide wurden heftig beschimpft, ausgebuht, fast tätlich angegriffen:
"Meiner Meinung nach hatten sie hier nichts zu suchen", sagt dieser Teilnehmer. "Es sind Extremisten, einer von Links, die andere von Rechts. Sie sind auch keine Freunde der jüdischen Gemeinde, weder der eine, noch die andere."
Schon am Morgen hatte es heftige Debatten um die Teilnahme eben dieser beiden Politiker gegeben. Der Zentralrat der jüdischen Organisationen, Crif, wollte sie nicht dabei haben. Auf dem Marsch ist die Meinung gespalten:
"Man hätte sie nicht ausbuhen dürfen. Wir, von unserer Seite aus, dürfen keine Intoleranz zeigen"
Mehr als über das Erscheinen der beiden nicht geladenen Politiker, ärgerte sie sich darüber, dass durch die Buh-Rufe und den Tumult, dem Gedenken an die ermordete Jüdin Mireeille Knoll die Show gestohlen wurde. Allerdings nur kurz. Sowohl le Pen, als auch Mélenchon sollen den Marsch verlassen haben, noch bevor sich der Tross in Bewegung setzte.