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Gefährliche Lieblinge

Zoologie.- In deutschen Wohnzimmern tummeln sich unzählige Chamäleons, Schlangen, Geckos und Warane. Sogar mancher Kindergarten hält sich seine eigenen Bartagamen. Doch was kaum einem Halter bewusst ist: Fast alle Reptilien übertragen Salmonellen.

Von Marieke Degen |
    Ein Säugling wird ins Krankenhaus eingeliefert, mit hohem Fieber, Durchfall und Erbrechen. Eine Salmonellen-Infektion, das ist ziemlich schnell klar. Aber woher? An verdorbenem Essen kann es nicht gelegen haben. Das Baby wird noch gestillt, und der Rest der Familie ist völlig gesund. Doch dann stellt sich heraus: Der Vater ist ein Reptilien-Fan. Er besitzt ein Chamäleon und diverse Riesenschlangen. Und eine davon – ein Tigerpython – hat das Kind angesteckt. Wolfgang Rabsch vom Robert-Koch-Institut hört solche Geschichten immer öfter.

    "Offensichtlich ist es so, dass 90 Prozent aller Reptilien Salmonellen ausscheiden, selbst subklinisch oder gar nicht erkranken, dann über den Kot ausscheiden und da es Kriechtiere sind, kriechen sie in einem Terrarium statistisch natürlich auch mal durch ihren Kot, durch den Sand, der mit ihrem Kot behaftet ist und haben diese Salmonellen dann auch auf der Haut."

    Wolfgang Rabsch arbeitet am Nationalen Referenzzentrum für Salmonellen in Wernigerode, einer Außenstelle des Robert-Koch-Instituts. An der Reptilienhaut kleben zwar nur winzige Mengen des Erregers, sagt er. Doch bei kleinen Kindern reicht das schon. Die Kinder müssen die Tiere dafür noch nicht einmal selbst anfassen. Sie können sich auch indirekt infizieren, über ihre Eltern. Und die sind oft ahnungslos.

    "Also sehr häufig sagt die Mutter, das glaub ich nicht, dass mein Reptil Salmonellen hat und mein Reptil an der Erkrankung beteiligt ist."

    In Deutschland gehen die Salmonellen-Infektionen eigentlich zurück. Doch bei Kindern unter zwei Jahren steigt die Infektionsrate wieder. Wolfgang Rabsch vermutet, dass etwa jede dritte Infektion bei den Kleinkindern von Reptilien kommt. Um das nachzuweisen, müssen die Forscher vom RKI aber auch die Reptilien auf Salmonellen untersuchen und prüfen, ob es sich bei Kind und Tier tatsächlich um denselben Salmonellen-Typ handelt. Dabei hilft ihnen ein Tierarzt.

    "Wir haben jetzt elf Fälle, wo wir direkt bei erkrankten Kindern über das Gesundheitsamt die Familien beraten und fragen, ob eine mikrobiologische Untersuchung der Reptilien möglich ist, und bei Zustimmung versucht der Tierarzt die Salmonellen vom Rachen, vom Bauchabstrich und vom Kloakentupfer zu isolieren, und in elf Fällen ist es uns jetzt gelungen."

    Infektionsgefahr droht aber auch von weniger exotischen Haustieren: von Hunden und Katzen. Sie können ihre Halter ebenfalls mit Salmonellen anstecken, außerdem mit Campylobacter-Bakterien, die genauso schwere Magendarminfekte hervorrufen. Und wieder sind vor allem kleine Kinder gefährdet. Antje Meinecke, Tieräztin an der Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen in Leipzig:

    "Die Tiere können sich genauso wie der Mensch mit diesen Erregern durch Futtermittel, durch Rohfleischfütterung anstecken, sie können sich eben aber auch anstecken, wenn sie irgendwo in Pfützen Wasser aufnehmen. Bei Hunden und Katzen ist das ähnlich wie beim Menschen, auch die haben Durchfälle, auch die können Erbrechen zeigen, sie können Fieber zeigen."

    Eine britische Studie kommt zu dem Ergebnis: Jeder 20. Patient hat sich seine Campylobacter-Infektion von einem Hund geholt. Antje Meinecke und ihre Kollegen haben Kotproben von kranken Hunden und Katzen gesammelt – über einen Zeitraum von sieben Jahren. Tatsächlich: Jeder zehnte Hund war mit Campylobacter oder Salmonellen infiziert, und jede 20. Katze.

    "Also ich denke, dass Hunde- und Katzenbesitzer nicht wissen, dass ihre Tiere eben solche Bakterien beherbergen können, die auch auf sie übertragen werden können."

    Wenn man das weiß, kann man sich auch gut schützen. Kranke Hunde und Katzen sollten sofort zum Tierarzt gebracht werden, rät Antje Meinecke. Außerdem sollten die Besitzer immer ein paar ganz einfache Hygiene-Regeln beachten.

    "Ganz typisch eben Hände waschen, sich nicht unbedingt im Gesicht lecken lassen, ganz wichtig ist auch, dass man eben die Verbreitung verhindert, indem man eben auch den Kot einsammelt von den Hunden, wenn man spazieren geht, und da auch eine Ansteckungsgefahr auch von anderen Kindern in der Nähe von Spielplätzen zu vermeiden."

    Sich immer gut die Hände waschen – das gilt natürlich auch für Reptilienfreunde. Trotzdem sagt das Robert-Koch-Institut: Reptilien haben in einem Haushalt, in dem kleine Kinder leben, nichts zu suchen. Das sehen die meisten Eltern auch ein – spätestens dann, wenn ihr Kind eine Salmonelleninfektion durchgemacht hat.

    "Ich habe zwei Telefonate mal geführt, wo die Frau natürlich sehr glücklich war, dass sie jetzt ein gesundes Baby hatte, und gesagt hat, mein Mann ist aber der Schlangenhalter, einer fliegt aus dem Haus – entweder er, oder die Schlange."