Jule Reimer: Dann kommen wir doch mal zu den Taten. Sie haben es ja bereits im Beitrag gehört: Bei dieser zweiten UN-Umweltversammlung steht auch eines der neuen großen Umwelt- und Gesundheitsprobleme vieler afrikanischer Länder auf der Tagesordnung, nämlich das Blei-Recycling aus Altbatterien. Insbesondere in Ländern südlich der Sahara führt das nämlich immer wieder zu lebensbedrohlichen Vergiftungen bei Menschen. Das Freiburger Öko-Institut hat die Gefahren und ihre Ursachen zusammen mit Partnerorganisationen aus vier afrikanischen Staaten untersucht. Tobias Schleicher, Sie waren dabei. Warum spielen ausgerechnet Bleisäure-Batterien eine so große und bedrohliche Rolle?
"Die Umweltbedingungen sind wirklich desaströs"
Tobias Schleicher: Na ja, Sie haben in diesen Ländern nicht nur die Autobatterien, Sie haben auch die Geräte der unterbrechungsfreien Stromversorgung. Sie haben immer mehr Batterien jetzt auch mit Solaranlagen in Betrieb. In den Ländern insgesamt haben wir ein Aufkommen von ungefähr 1,2 Millionen Tonnen Altbatterien.
Reimer: Und wo beginnt dann das Problem, wenn die Batterien ausgedient haben und irgendwo im Graben landen?
Schleicher: Richtig. In diesen heißen Klimaten halten diese Batterien nicht mehr besonders lange, und da beginnt das Problem. Die werden gesammelt, werden dann entsprechend von den Sammlern entweder direkt geöffnet, mit einer Machete und so weiter, die Säure wird abgekippt und dann landen die Batterien entweder in desaströsen Bleihütten - da sind die Umwelt- und Gesundheitsbedingungen wirklich desaströs -, oder werden auch von Leuten direkt im Hinterhof selbst eingeschmolzen.
Reimer: Jetzt sagt die Europäische Union von sich, sie habe einen geschlossenen Kreislauf für das Recycling von Blei aus Bleisäure-Batterien etabliert. Welche Rolle spielen dann tatsächlich Batterien, die aus Industriestaaten kommen? Die Europäer sagen ja, von uns kommt nichts.
"Die Staaten müssen aktiv werden"
Schleicher: Die Lücke ist der Export von Autos und auch von anderen Geräten. In Europa selbst ist der Stoffstrom weitestgehend geschlossen, aber sehr, sehr viele Autos werden exportiert. Da sind dann auch Batterien drin und die kommen dann auch aus Europa, Asien und auch aus den USA.
Reimer: Sind denn die Europäer da einer der wichtigsten Lieferanten, oder wie verteilt sich das?
Schleicher: Das kommt ganz darauf an. Da kommt auch sehr viel aus asiatischen Ländern, aber sehr viele Batterien auch aus Europa.
Reimer: Jetzt geht es um die Taten. Was müssten die afrikanischen Staaten tun? Was müssten die Europäer zum Beispiel tun?
Schleicher: Es ist ganz wichtig, dass die afrikanischen Staaten auch hier Gesundheits- und Umweltstandards selbst durchsetzen. Sie müssen sich das so vorstellen: Wenn die Standards nicht garantiert werden, dann hat immer derjenige kleine Betrieb einen Wettbewerbsvorteil gegenüber dem Betrieb, der sauber ist, sagen wir mal so. Hier ist es ganz wichtig, dass auch Staaten einfach aktiv werden, Stück für Stück minimale Standards umsetzen. An zweiter Stelle ist es aber auch wichtig, dass die Hersteller von den Batterien hier nicht die Verantwortung vernachlässigen, investieren, um dann in den Ländern entsprechende Gesundheits- und Umweltstandards entsprechen zu erhöhen. Wichtig wären auch Sammelsysteme, ein offizielles Sammelsystem, dass die Batterien dann in die entsprechenden Recycling-Fabriken dann gelangen und eben nicht irgendwo im Hinterhof selbst geschmolzen wird.
Die Bedingungen Stück für Stück anheben
Reimer: Wir haben noch ein bisschen Zeit. Aber wenn Sie dann sagen, offizielle Sammelstellen, dann nehmen Sie doch möglicherweise vielen kleinen Bleihütten die Existenz weg.
Schleicher: Da muss man genau hinschauen, gemeinsam mit diesen Hütten arbeiten und Stück für Stück vor Ort dann die Standards anpassen. Es geht nicht darum, sie komplett wegzudrängen oder zu schließen, das hatten wir auch in Partnerländern, sondern es geht darum, mit ihnen zusammen Stück für Stück in Workshops und so weiter vor Ort mit Partnern die Bedingungen anzuheben. Das kann man jetzt schon machen.
Reimer: Das war Tobias Schleicher vom Öko-Institut in Freiburg und er informierte, wie sich die Bedingungen für Blei-Recycling, was vor allen Dingen südlich der Sahara immer wieder zu vielen Vergiftungen führt, verbessert werden können. Vielen Dank!
Reimer:
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