"Es ist sehr viel Diskussion da. Es ist ein sehr emotionales Thema."
Michael Seidel sagt das überraschend ruhig. Dabei gehört der Biotechnologe von der TU München zu den Experten, die mitten in der emotionalen Debatte stecken.
Es geht um die Frage: Wie stark sind krankheitserregende Viren eigentlich im Wasser verbreitet? Im Ablauf von Kläranlagen; in Seen und Flüssen – aber auch in unserem Trinkwasser. Und wie groß ist das Risiko, sich einen quälenden Brechdurchfall einzuhandeln, wenn man zum Beispiel Noro- oder Rotaviren schluckt?
"Einzelne Viren, hat man festgestellt, reichen aus, dass man krank wird."
Damit sind Viren viel pathogener als Bakterien, sprich: Es braucht viel weniger von ihnen, um eine Infektion beim Menschen auszulösen, etwa durch kontaminiertes Wasser. Nur:
"Wir wissen aktuell nicht: Wie viele Viren sind denn auch in dem Trinkwasser da? Welche Viren sind aktiv? Welche Anzahlen haben wir da? Da fehlen die Messtechniken. Und die sind wir gerade am Aufbauen, um dieses dann durch Messdaten besser diskutieren zu können. Damit wir genau wissen: Wie viel ist denn in dem Wasser drin?"
Die Viren stammen von erkrankten Menschen oder Tieren. Millionen oder sogar Milliarden von ihnen sind in einem einzigen Gramm Stuhl enthalten. Mit den Ausscheidungen gelangen die Erreger ins Abwasser und dann in die Kläranlage. Dort werden sie zwar größtenteils inaktiviert. Doch weil es so viele sind, übersteht immer noch eine große Anzahl Viren die Reinigungsstufen und gelangt in Oberflächengewässer, wo sich die Erreger lange halten, wie Michael Seidel weiß:
"Die sind wie Nanopartikel, die dort schwimmen. Sie sind meistens aber auch an gewissen anderen Partikeln dran, also an einem Sandpartikel und woanders."
Damit stecken die Viren dann auch im Rohwasser für die Trinkwasser-Gewinnung. Denn es gibt Versorger wie am Rhein, die erzeugen ein sogenanntes Uferfiltrat. Es ist Wasser aus dem Fluss, das mehrere natürliche Filterschichten durchsickert und so gereinigt wird. Viren im Rohwasser wurden auch bereits vereinzelt nachgewiesen.
Um das Problem sorgt sich auch die WHO, die Weltgesundheitsorganisation. Sie fordert,
"...dass kein Virus, kein Noro-Virus, in 30 Kubikmeter Wasser enthalten sein soll. Also, man stellt sich ein Schwimmbecken vor, und dort darf kein Virus drin sein.""
Das stellt die Analytik vor große Herausforderungen. Denn nach der Vorgabe der WHO müssen dann auch so große Wassermengen auf Viren untersucht werden.
Michael Seidels Münchener Arbeitsgruppe ist diesem Ziel jetzt einen Schritt näher gekommen, in laufenden Projekten der Deutschen Forschungsgemeinschaft und des Bundesforschungsministeriums. Dabei wurde ein Verfahren entwickelt, mit dem sich künftig innerhalb weniger Stunden kritische Viren im Wasser bestimmen lassen, wie Seidel in Goslar berichtete.
Der Biotechnologe spricht von einer Multiplex-Analyse. Sie läuft in drei Stufen ab und mit drei verschiedenen Geräten. Zunächst werden große Wassermengen durch eine ultrafeine Membran gepumpt, um die enthaltenen Viren abzusondern und aufzukonzentrieren. In einem zweiten Schritt werden sie von anderen zurückgehaltenen Partikeln getrennt – und schließlich mit molekularbiologischen Methoden identifiziert und gezählt.
"Wir sind immer noch in einer Forschungsphase. Das wird in den nächsten drei Jahren auf alle Fälle weitergehen. Das Ziel ist, das alles in einem automatischen System zu haben. Also, dass ich eine Hundert-Liter-Probe hab', und ich einen Startknopf hab', und dann nach drei, vier Stunden sollte irgendwann mal ein Ergebnis kommen."
Mit einem solchen System wäre es dann zum ersten Mal möglich, das Risiko durch pathogene Viren im Oberflächen- und Trinkwasser solide abzuschätzen. Und Wasserversorger könnten es in ihre Routine-Untersuchungen mit einbauen. Wobei nicht unbedingt von einer ständigen Bedrohung durch Viren auszugehen ist, sondern eher von möglichen Krankheitsausbrüchen unter besonderen Umständen. Der Chemiker Heinz-Jürgen Brauch vom Technologiezentrum Wasser in Karlsruhe:
"Es gibt immer natürlich beispielsweise Hochwasser-Ereignisse, wo solche Probleme auftreten können. Dass die Kläranlage überläuft. Es können auch Brunnen überschwemmt werden - Brunnen, die halt sehr nah an Fließgewässern liegen, beispielsweise entlang des Rheins, der Elbe oder der Donau."
Dann besteht ein erhöhtes Risiko, dass krankmachende Rota- oder Noro-Viren in das Rohwasser für die Trinkwassergewinnung gelangen
"Sonst sehe ich praktisch keine Probleme mit Viren derzeit in der deutschen Wasserversorgung."
Michael Seidel sagt das überraschend ruhig. Dabei gehört der Biotechnologe von der TU München zu den Experten, die mitten in der emotionalen Debatte stecken.
Es geht um die Frage: Wie stark sind krankheitserregende Viren eigentlich im Wasser verbreitet? Im Ablauf von Kläranlagen; in Seen und Flüssen – aber auch in unserem Trinkwasser. Und wie groß ist das Risiko, sich einen quälenden Brechdurchfall einzuhandeln, wenn man zum Beispiel Noro- oder Rotaviren schluckt?
"Einzelne Viren, hat man festgestellt, reichen aus, dass man krank wird."
Damit sind Viren viel pathogener als Bakterien, sprich: Es braucht viel weniger von ihnen, um eine Infektion beim Menschen auszulösen, etwa durch kontaminiertes Wasser. Nur:
"Wir wissen aktuell nicht: Wie viele Viren sind denn auch in dem Trinkwasser da? Welche Viren sind aktiv? Welche Anzahlen haben wir da? Da fehlen die Messtechniken. Und die sind wir gerade am Aufbauen, um dieses dann durch Messdaten besser diskutieren zu können. Damit wir genau wissen: Wie viel ist denn in dem Wasser drin?"
Die Viren stammen von erkrankten Menschen oder Tieren. Millionen oder sogar Milliarden von ihnen sind in einem einzigen Gramm Stuhl enthalten. Mit den Ausscheidungen gelangen die Erreger ins Abwasser und dann in die Kläranlage. Dort werden sie zwar größtenteils inaktiviert. Doch weil es so viele sind, übersteht immer noch eine große Anzahl Viren die Reinigungsstufen und gelangt in Oberflächengewässer, wo sich die Erreger lange halten, wie Michael Seidel weiß:
"Die sind wie Nanopartikel, die dort schwimmen. Sie sind meistens aber auch an gewissen anderen Partikeln dran, also an einem Sandpartikel und woanders."
Damit stecken die Viren dann auch im Rohwasser für die Trinkwasser-Gewinnung. Denn es gibt Versorger wie am Rhein, die erzeugen ein sogenanntes Uferfiltrat. Es ist Wasser aus dem Fluss, das mehrere natürliche Filterschichten durchsickert und so gereinigt wird. Viren im Rohwasser wurden auch bereits vereinzelt nachgewiesen.
Um das Problem sorgt sich auch die WHO, die Weltgesundheitsorganisation. Sie fordert,
"...dass kein Virus, kein Noro-Virus, in 30 Kubikmeter Wasser enthalten sein soll. Also, man stellt sich ein Schwimmbecken vor, und dort darf kein Virus drin sein.""
Das stellt die Analytik vor große Herausforderungen. Denn nach der Vorgabe der WHO müssen dann auch so große Wassermengen auf Viren untersucht werden.
Michael Seidels Münchener Arbeitsgruppe ist diesem Ziel jetzt einen Schritt näher gekommen, in laufenden Projekten der Deutschen Forschungsgemeinschaft und des Bundesforschungsministeriums. Dabei wurde ein Verfahren entwickelt, mit dem sich künftig innerhalb weniger Stunden kritische Viren im Wasser bestimmen lassen, wie Seidel in Goslar berichtete.
Der Biotechnologe spricht von einer Multiplex-Analyse. Sie läuft in drei Stufen ab und mit drei verschiedenen Geräten. Zunächst werden große Wassermengen durch eine ultrafeine Membran gepumpt, um die enthaltenen Viren abzusondern und aufzukonzentrieren. In einem zweiten Schritt werden sie von anderen zurückgehaltenen Partikeln getrennt – und schließlich mit molekularbiologischen Methoden identifiziert und gezählt.
"Wir sind immer noch in einer Forschungsphase. Das wird in den nächsten drei Jahren auf alle Fälle weitergehen. Das Ziel ist, das alles in einem automatischen System zu haben. Also, dass ich eine Hundert-Liter-Probe hab', und ich einen Startknopf hab', und dann nach drei, vier Stunden sollte irgendwann mal ein Ergebnis kommen."
Mit einem solchen System wäre es dann zum ersten Mal möglich, das Risiko durch pathogene Viren im Oberflächen- und Trinkwasser solide abzuschätzen. Und Wasserversorger könnten es in ihre Routine-Untersuchungen mit einbauen. Wobei nicht unbedingt von einer ständigen Bedrohung durch Viren auszugehen ist, sondern eher von möglichen Krankheitsausbrüchen unter besonderen Umständen. Der Chemiker Heinz-Jürgen Brauch vom Technologiezentrum Wasser in Karlsruhe:
"Es gibt immer natürlich beispielsweise Hochwasser-Ereignisse, wo solche Probleme auftreten können. Dass die Kläranlage überläuft. Es können auch Brunnen überschwemmt werden - Brunnen, die halt sehr nah an Fließgewässern liegen, beispielsweise entlang des Rheins, der Elbe oder der Donau."
Dann besteht ein erhöhtes Risiko, dass krankmachende Rota- oder Noro-Viren in das Rohwasser für die Trinkwassergewinnung gelangen
"Sonst sehe ich praktisch keine Probleme mit Viren derzeit in der deutschen Wasserversorgung."