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Gefängnis-Band aus Malawi
Diebe, Mörder, Grammy-Gewinner?

Die glamouröse Preisverleihung heute Abend in Los Angeles werden sie verpassen. Denn sie sitzen wegen Raubes oder Mordes langjährige Haftstrafen ab. Aber freuen würden sie sich schon über den Grammy: Die Gefängnisband Zomba Prison Project aus dem südostafrikanischen Malawi ist in der Kategorie "Weltmusik" nominiert.

Von Jan-Philippe Schlüter |
    Mitglieder der Zomba Prison Band zusammen mit Gefängnis-Personal im Zomba-Gefängnis in Malawi.
    Mitglieder der Zomba Prison Band zusammen mit Gefängnis-Personal im Zomba-Gefängnis in Malawi. (picture alliance / dpa - Str )
    Das ist nun wirklich einer der letzten Orte, an dem man Live-Reggae-Musik erwartet: Das Gefängnis von Zomba, ein langgezogener rötlicher Backsteinbau mit rostigem grünlich-braunen Metalldach. Der Komplex ist vor 80 Jahren zu britischen Kolonialzeiten gebaut worden und ziemlich heruntergekommen. Mehr als 2.000 Schwerkriminelle sind hier untergebracht. In Schlafsälen, die mal für gut 300 Häftlinge geplant waren.
    Und doch schallt hier regelmäßig Live-Musik über das Gelände. Neben der Schreinerei und der Schmiede liegt der kleine Proberaum der Gefängnisband. Vollgestopft mit Musikinstrumenten und großen Lautsprechern. Elf Musiker treffen sich regelmäßig zum üben. Die Band ist Teil des Resozialisierungsprogramms, sagt Gefängnissprecher Smart Maliro.
    "Wir haben verschiedene Initiativen: Man kann seinen Schulabschluss machen, hier in der Werkstatt als Tischler oder Klempner arbeiten, oder eben Musik machen. Die Häftlinge sollen bessere Bürger sein, wenn sie hier rauskommen."
    Vor drei Jahren wurde die Band entdeckt
    Vor knapp drei Jahren hat der amerikanische Musikproduzent Ian Brennan die Gefängnisband entdeckt und war beeindruckt, wie musikalisch die Kriminellen sind. Mit der Band und anderen Häftlingen hat er das Album "I have no everything here" – "Ich habe kein alles hier" aufgenommen. 20 eher traurige Songs, die sich mit schwermütigen Themen beschäftigen. Wie zum Beispiel "Don't kill my child!" – "Tötet mein Kind nicht" – das von der Sorge einer Mutter handelt, ihr Kind könnte verhext worden sein.
    Das Ergebnis war so überzeugend, dass die CD für den Grammy nominiert wurde. Vier der Musiker aus dem Projekt sind heute noch in der Band. Salanje ist einer der Sänger. Der 33-Jährige ist wegen bewaffneten Raubes zu acht Jahren verurteilt worden.
    "Als Ian anfangs kam, waren wir etwas skeptisch. Wir wussten nicht genau, was er von uns will. Vielleicht unsere Ideen klauen. Aber dann ist alles gut geworden. Und jetzt sind wir natürlich begeistert, dass wir für einen Grammy nominiert sind."
    "Ich weiß, dass ich ein Mörder bin. Aber ich sehe mich eben auch als Sänger"
    Ellias ist der zweite Sänger der Band. Das hagere kleine Männchen mit den nachdenklichen Augen verschwindet fast in der weißen Häftlingsuniform aus knielanger weißer Hose und kurzärmligem weißem Hemd. Aber man sollte sich nicht zu sehr von der Erscheinung täuschen lassen: Ellias hat nach einem Familienstreit seine Tante ermordet und sitzt eine lebenslange Strafe ab. Sein halbes Leben ist er schon hier.
    "Als ich wegen Mordes verurteilt wurde, konnte ich jahrelang an nichts anderes mehr denken. Das Singen hat mir geholfen, das zu überwinden. Die Musik hat mich verändert. Ich weiß, dass ich ein Mörder bin. Aber ich sehe mich eben auch als Sänger."
    Beim Zomba Prison Project waren auch weibliche Häftlinge dabei. In der Gefängnisband dürfen sie aus Sicherheitsgründen nicht mitmachen. In ihrem Trakt gibt es nicht einmal richtige Musikinstrumente. Die Band selbst hat gerade eine neue CD aufgenommen – "Diri Ndi Umboni" ist der Titel, was so viel heißt wie "Ich habe Beweise!"
    "Wenn ich singe, bin ich mit den Gedanken nicht mehr im Gefängnis"
    Auch wenn die Verurteilten zu Recht einsitzen: Der Gefängnisalltag im heruntergekommenen Knast von Zomba ist hart. Im Vergleich dürften die deutschen Haftanstalten an ein Vier-Sterne-Hotel erinnern. Für Häftlinge wie Salanje ist die Musik die Möglichkeit, ein bisschen Menschlichkeit und Würde zurückzugewinnen.
    "Wenn ich singe, bin ich ganz woanders. Klar, mein Körper ist dann noch hier im Gefängnis. Aber mit den Gedanken bin ich ganz weit draußen."