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Gefahr durch Monokulturen
Der Anbau von Energiepflanzen schadet der Artenvielfalt

Aus Ölpalmen, Raps und Mais lassen sich Biodiesel und Biogas nahezu klimaneutral herstellen. Doch der großflächige Anbau von Bio-Energiepflanzen wirke sich negativ auf die Biodiversität aus, sagte der Ökologe Christin Hof, im Dlf. Klimaschutz sei auf diese Weise nicht möglich.

Christian Hof im Gespräch mit Arndt Reuning |
    Ein Kanister mit Biokraftstoff steht in einem Feld in Bayern.
    Biotreibstoffe aus Energiepflanzen wie Raps lassen sich weitgehend klimaneutral produzieren. Doch in Monokulturen angebaut leisten sie dem Artensterben Vorschub. (imago/Westend61)
    Arndt Reuning: In den "Maiswüsten" auf den Äckern leidet die biologische Vielfalt. Palmenplantagen zur Gewinnung von Pflanzenöl zerstören Lebensräume für Tiere und Pflanzen. Im Fachmagazin PNAS schreibt eine Forschungsgruppe aus München, dass die Ausweitung des Anbaus von solchen Energiepflanzen für die Artenvielfalt genauso schädlich ist wie der Klimawandel selbst – dem dadurch ja eigentlich entgegen gewirkt werden sollte. Einer der Autoren ist Dr. Christian Hof von der Technischen Universität München. Von ihm wollte ich wissen, wie stark der Anbau von Energiepflanzen die Biodiversität belastet.
    Christian Hof: Die Belastung ist stärker als ich persönlich und die Kollegen in diesem Projekt angenommen haben. Es sind massive Ausweitungen notwendig unter bestimmten Szenarien und bestimmten Projektionen in den Landflächen für die Bioenergie. Und diese Ausweitung hat massive Folgen für die Biodiversität nach unserem Modell. Das heißt wir haben, wenn wir den Klimaschutz versuchen durch Bioenergiepflanzen zu erreichen, nichts gewonnen letztendlich. Das Ziel muss aus der Biodiversitätsperspektive sein, den Klimawandel mit anderen Mitteln als großflächigem Bioenergiepflanzenausbau zu bekämpfen. Und wenn dies gelingt, dann profitiert auch die Biodiversität.
    Reuning: Durch den Anbau von Energiepflanzen würde man also quasi nur ein Übel durch ein anderes ersetzen, was die Artenvielfalt angeht?
    Hof: So ist es.
    Reuning: Von welchen Flächen sprechen wir denn da ungefähr? Welche Flächen wären notwendig für den Anbau von Energiepflanzen, um das Klimaziel des Pariser Vertrages noch erreichen zu können?
    Hof: Es gibt da verschiedene Modellrechnungen. Aber die Projektionen, die wir verwendet haben, geht davon aus, dass bis zu ungefähr 4,3 Prozent der globalen Landfläche mit Bioenergiepflanzen bestückt werden müsste. Das entspricht dann ungefähr eineinhalb Mal der Fläche der EU-Mitgliedsstaaten.
    Reuning: Und meistens handelt es sich dann um Monokulturen, die natürlich auch sehr wenig Lebensraum bieten für andere Pflanzen oder Tiere. Sie haben sich speziell die Wirbeltiere angeschaut. Was würde das denn bedeuten solch ein Ausbau für die Lebewesen auf den Feldern und auf den Äckern?
    Hof: Nun, diese Ausweitung der Bioenergiepflanzen und der Flächen, die dafür notwendig sind, die hat, wenn sie in Monokulturen stattfindet, natürlich negative Auswirkungen, insofern als dann die Vielfalt der Lebensräume weiter im Rückgang begriffen ist.
    Die tropischen Regenwälder zum Beispiel sind die artenreichsten Lebensräume unserer Erde. Wenn hier großflächig weiter mit Ölpalmen-Monokulturen gewirtschaftet wird, beziehungsweise wenn diese weitere Ausweitung erfahren, hat das natürlich Folgen für die Wirbeltiervielfalt dort. Aber auch in unserer Agrarlandschaft sehen wir, dass gerade in den letzten Jahren, wo wir auch große Subventionsströme in den Bereich der Bioenergie in der Agrarwirtschaft feststellen können seitens der EU zum Beispiel, dass hier eine weitere Intensivierung der Landwirtschaft eben wegen dieser Bioenergie-Pflanzen stattfindet. Und das hat natürlich zur Folge, dass gerade die Arten der Agrarlandschaft, die ohnehin durch den Landnutzungswandel schon negativ betroffen sind, weiter unter Druck geraten.
    Reuning: Aber die Biodiversität dürfte doch nicht das alleinige Ziel des Klimaschutzes sein. Wie sieht es denn zum Beispiel aus mit der Vermeidung von Wetterextremen, Schutz vor dem steigenden Meeresspiegel oder auch Sicherheit für die Landwirtschaft? Muss man da nicht zwischen vielen verschiedenen Zielen Abwägen, von denen die Biodiversität eben nur eines ist?
    Hof: Das ist ohne Zweifel so. Und der Klimawandel hat ganz verschiedene Auswirkungen in vielen Bereichen, die das menschliche Leben und die Funktionsweise der Atmosphäre, der Biosphäre betreffen. Ich bin eben Ökologe und wir haben uns insbesondere jetzt mit der Biodiversitätsperspektive beschäftigt.
    Aber wir sollten auch nicht unterschätzen, wie wichtig die Biodiversität ist für unser menschliches Zusammenleben, für unsere Wirtschaft und für die Funktionsweise der Biosphäre. Wenn wir daran denken, dass viele Ökosystemeleistungen, von denen wir profitieren - sei es Bestäubung, sei es ein gesunder Wasserkreislauf, die Luftreinhaltung und so weiter - wenn wir an diese Dinge denken, werden wir schnell sehen, dass natürlich auch die Biodiversitätsperspektive eine ganz wichtige ist.
    Reuning: Ich könnte mir vorstellen, dass es bestimmte Gegenden auf der Welt gibt, wo beide Belastungen zusammen auftreten und das besonders stark - also die Erderwärmung und die Landnutzung durch Monokulturen im Energiepflanzenbereich?
    Hof: Ja. Das sehen wir zum Beispiel insbesondere in Südamerika in Bereichen des atlantischen Regenwaldes, der ohnehin schon nur noch auf einem Bruchteil seiner ursprünglichen Fläche existiert. Da haben wir ja auch in Zukunft weitere Ausweitungen des Bioenergiepflanzensektors. Auch in den Trockengebieten Südamerikas, die auch sehr artenreich sind, sehen wir diese Tendenz. Und ebenso in Teilen Afrikas und Indonesiens zum Beispiel.
    Reuning: Und können Sie aus Ihrem Modell heraus abschätzen, welche Tierarten denn besonders betroffen wären von diesem ausgeweiteten Anbau von Energiepflanzen?
    Hof: Das sind natürlich ganz besonders die Arten, die kleine Verbreitungsgebiete haben. Hier sehen wir sogar vor allem im Bereich der Amphibien die Tendenz, dass unter dem Szenario, wo die Bioenergie Pflanzen stärker ausgebaut werden - unter dem Niedrigklimawandelszenario - dass dort mehr Arten mit besonders kleinen Verbreitungsgebieten betroffen sein werden. Gerade die Arten, die ohnehin schon bedroht sind, werden voraussichtlich auch in Zukunft besonders betroffen sein.
    Reuning: Welche Möglichkeiten sehen Sie denn dann, den Klimawandel zu begrenzen, wenn man nicht auf Energiepflanzen massiv setzen will?
    Hof: Wir müssen insbesondere natürlich an eine stärkere Energieeinsparung denken. Alle Strategien, die weiter darauf setzen, möglichst viel Energie zu verbrauchen - für den Verkehr, für die Industrie, für die Haushalte und so weiter, gehen davon aus, dass wir auch Ressourcen dafür brauchen. Ob das Bioenergie ist oder ob das andere Mittel sind. Wenn wir die Energie aber von vornherein einsparen und da intelligentere Strategien entwickeln, haben letztendlich alle etwas davon.