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Gefahr für die Ukrainistik?

Bildung ist einer der erklärten Schwerpunkte vieler Landespolitiker. Doch was, wenn das Geld nicht reicht? Mecklenburg Vorpommern nimmt in diesem Jahr mit 825 Millionen Euro mehr Schulden auf als Sachsen und Thüringen zusammen. In der Landesregierung will man deshalb sparen. Bis zum Sommer müssen die Universitäten und Hochschulen des Landes Vorschläge machen wo sie 10 Prozent der Stellen streichen können. In diesen Wochen ist nun auch an der Greifswalder Universität der Kampf um die Stellen entbrannt.

    Ein Beitrag von Nikolaus Möbius Insgesamt geht es um 4,5 Millionen Euro, die die Universität sparen soll. Ein Fehlbetrag, der durch jährliche Tarifsteigerungen zu Stande kommt und nicht von den Zuwendungen des Landes gedeckt wird. Um den einzelnen Fakultäten die Verantwortung zu lassen, sollen sie selbst entscheiden, wo sie - gezwungener Maßen - kürzen wollen. Der Rektor der Greifswalder Universität Rainer Westermann weiß, dass das gerade für die philosophische Fakultät ein riesen Problem ist.

    Das liegt daran, dass die Philosophische Fakultät aus sehr vielen Fächern besteht, und diese Fächer sind relativ gesehen immer sehr klein. Dann besteht die Gefahr, dass dieses Fach unter eine Grenze sinkt, wo man eigentlich nicht mehr von einer sinnvollen Lehre sprechen kann.

    Eines dieser Fächer ist die Ukrainistik. Dort studiert eine Hauptfachstudentin mit einigen Nebenfächlern und Gasthörern Sprache, Kultur und Politik des Landes. Für diese Ausbildung gibt es sogar einen Lehrstuhl, bundesweit den einzigen. Diesen Luxus kann sich die Universität nach den Vorgaben des Landes nicht mehr leisten. Für Tamara Münzer, Studentin aus Stuttgart, eine fatale Entscheidung, nicht zuletzt auch für die Menschen in dem künftigen EU - Grenzland.

    Greifswald hat in der Ukraine einen so weiten Ruf, dass es wirklich schlecht wäre, wenn man den Menschen signalisiert: 'Ihr seid nicht mehr interessant für uns'.

    Neben dem Lehrstuhl für Ukrainistik, soll auch die Professur für Niederdeutsch, übrigens die einzige in Mecklenburg-Vorpommern gestrichen werden. Diese Fächer werden nach dem Wunsch des Dekans durch andere Professoren übernommen. Doch die Streichung der Exoten, die auch für das Renommee der Greifswalder Universität stehen, reicht bei weitem nicht aus. Um die Vorgaben des Landes zu erfüllen, müssen womöglich ganze Institute, wie die Sportwissenschaft mit 500 oder die Romanistik mit 120 Studenten geschlossen werden. Kleine Institute - die aber für die Lehramts-Ausbildung von großer Bedeutung sind. Eine Situation, die durch bessere Planung, schon vor Jahren hätte vermieden werden können, so der Dekan der philosophischen Fakultät Karl - Heinz Spieß.

    Letztendlich korrigieren wir hier eine verfehlte Politik der Landesregierung, die Greifswald ursprünglich als geisteswissenschaftlichen Schwerpunkt aufbauen wollte und Rostock als naturwissenschaftlichen. Und dann hat man in der Euphorie des Anfangs beide Universitäten mehr oder weniger voll aufgebaut und muss nun künstlich 'Doppelungen', wie es im Jargon des Ministeriums heißt, wieder auflösen.

    Der Fakultätsrat hatte die Entscheidung über die Schließung von Instituten bereits drei Wochen hinausgezögert. Auch gestern Abend führte eine Abstimmung unter Dozenten, Studierenden und Dekan zu keinem Ergebnis. Jetzt muss der Senat und danach der Rektor entscheiden.

    Gerade solche exotischen Fächer sind für das Profil und das Ansehen der Universität sehr wichtig. Das Land Mecklenburg Vorpommern hat auf unsere Anregung einen Antrag auf Errichtung des Osteuropazentrums für Wirtschaft und Kultur hier in Greifswald abgegeben. Unsere Begründung hat vor allem darauf abgestellt, dass wir hier an der Universität einen Schwerpunkt in Richtung Ost- und Nordeuropa haben. Das ist ein Dilemma.

    Noch vor dem Beginn der vorlesungsfreien Zeit sollen die Vorschläge im Schweriner Bildungsministerium vorliegen. Auch für die Uni Rostock und die Fachhochschulen Stralsund, Wismar und Neubrandenburg steht diese Frist. In Schwerin entscheidet dann der ehemalige Rektor der Greifswalder Universität und jetzige Bildungsminister Hans Robert Methelmann über die Zukunft der Hochschulbildung in Mecklenburg Vorpommern.