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Gefahr für die Welternährung

Pflanzenzüchtung. - Mitte des 20. Jahrhunderts gelang es Weizensorten zu züchten, die gegen den Schwarzrost immun waren - ein wesentlicher Schritt zu den besseren Ernteerträgen der sogenannten Grünen Revolution. Zurzeit kommt aus Afrika allerdings eine aggressive Variante des Pilzes, die auch die immunen Sorten befällt. Auf einem Symposium in Minneapolis berichteten Agrarforscher von ihren Strategien, die Ausbreitung des Pilzes zu verhindern.

Von Lucian Haas |
    Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit: Fieberhaft arbeiten Forscher daran, den Ausbruch der neuen Variante des Schwarzrost-Pilzes Puccinia graminis f. tritici einzudämmen. 1999 wurde sie erstmals auf Weizenfeldern in Uganda nachgewiesen, weshalb sie UG-99 genannt wird. Für den weltweiten Weizenanbau stellt UG-99 eine ernstzunehmende Gefahr dar. Mehr als 80 Prozent der heute angebauten Weizensorten gelten als nicht resistent gegen einen Befall mit den Pilzsporen.

    "Die Pilzsporen können mit dem Wind um die ganze Welt geblasen werden. UG-99 ist schon an der gesamten Ostküste Afrikas zu finden - vom Jemen bis nach Südafrika. Und das geht sicher noch weiter. Von Südafrika kann UG-99 leicht bis nach Südamerika oder Australien verblasen werden; und vom Jemen aus bis nach Süd- und Zentralasien – möglicherweise sogar bis nach Europa."

    Der Pflanzengenetiker Ronnie Coffman von der Cornell University in den USA ist einer der Koordinatoren der Borlaug Global Rust Initiative. Die 2005 gegründete, internationale Kooperation von Agrarforschungsinstituten hat das Ziel, den Schwarzrost-Pilz wieder in seine Schranken zu weisen.

    "Der Hauptansatz in diesem Kampf ist die Pflanzenzucht. Wir suchen in wilden Verwandten des Weizens nach Resistenzgenen. Einige wurden schon entdeckt. Jetzt geht es darum sie zusammenzubringen. Der Theorie nach sollte uns das eine lang anhaltende Resistenz bescheren."

    Bei dem Symposium präsentierten Forscher des Internationalen Zentrums zur Verbesserung von Mais und Weizen (CIMMYT) in Mexiko erste Erfolge der neuen Züchtungsstrategie. Anstatt wie bisher auf einzelne starke Gene zu setzen, die schon alleine eine Resistenz gegen die Rostpilze vermitteln, züchteten sie neue Sorten, in deren Erbgut nun drei und mehr sogenannter minor genes vorkommen. Jedes dieser schwächeren Gene reicht für sich genommen nicht aus, um die Pflanzen vor UG-99 zu schützen. Doch in der Kombination machen sie die Abwehr der Pflanzen stark genug. Coffman:

    "Der Pilz wird es sehr schwer haben, dieses Bollwerk zu durchbrechen. Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass er so stark mutiert, dass er drei Resistenzgene auf einmal außer Kraft setzt. Er könnte zwar eine Mutation haben, mit der er ein Resistenzgen aushebelt, aber dann würde er trotzdem nicht überleben, weil er die zwei weiteren Gene nicht auch noch überwinden kann."

    In Kenia werden in diesem Jahr die ersten resistenten Weizensorten auf den Markt kommen. In anderen gefährdeten Ländern – selbst solchen, wo UG-99 heute noch nicht vorkommt – sollen lokal angepasste Varianten bald folgen. Ein Problem aber bleibt: Wie überzeugt man die Bauern, vorsorglich von ihren gewohnten Sorten auf das neue Saatgut umzusteigen? Coffman:

    "Bauern sind sehr traditionell. Sie wechseln ungern eine Sorte, wenn sie nicht wirklich einen Grund dafür sehen. Nur: Sobald sie den Schwarzrost auf ihren Feldern sehen, ist es schon zu spät. Sie werden ihre Ernte verlieren und eine Katastrophe erleben."

    Hilfe bei der Überzeugungsarbeit, früh genug auf neue resistente Sorten umzusteigen, kommt vielleicht von unerwarteter Seite. Gelbrost, ein anderer Pilz, der aber weniger Schäden anrichtet als Schwarzrost, grassiert derzeit in einigen Ländern, wo die große Schwarzrost-Epidemie erst noch erwartet wird. Glücklicherweise sind Neuzüchtungen, die gegen UG-99 resistent sind, auch gegen Gelbrost gefeit.

    "In Äthiopien erleben die Bauern schon starken Gelbrostbefall, der ihre Ernte mindert. Sie haben also einen Anreiz, die Sorten zu wechseln. Und wenn sie dann neue Sorten wollen, die gegen Gelbrost resistent sind, werden wir ihnen natürlich Sorten geben, denen auch Schwarzrost, der eigentliche Killer-Pilz, nichts anhaben kann."