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Gegen die Selbstbestimmung der Frau

"Den Preis für die Emanzipation der Frauen zahlen die Kinder", lautet eine These von Norbert Bolz in "Die Helden der Familie". Selbstredend verlangt er von der Frau die Unterordnung unter die Institution der Familie im Dienst der anderen, eben der Kinder.

Von Hans-Martin Schönherr-Mann |
    Es handelt sich zweifellos wieder einmal um ein Lamento über den Wertezerfall, den Familienniedergang, die Gebärverweigerung der Frauen, das Ende der Männlichkeit. Norbert Bolz neues Buch mit dem Titel "Die Helden der Familie" bleibt damit in einem konservativen Strickmuster, das die CDU gerade aufgibt, weil sie eingesehen hat, dass dieses Lamento nicht hilft, dass nach dem Vorbild der traditionellen Familie nun mal immer weniger Kinder geboren werden. Stattdessen - so die späte Einsicht vieler Unionspolitiker - sollte man lieber dazu beitragen, dass die neuen Lebensformen kinderfreundlicher werden.

    Das sieht Norbert Bolz ganz anders. Daher könnte er sich durchaus mit Papst Ratzinger, CSU-Hardlinern oder reaktionären Kräften verbünden, die die Frau mit dickem Bauch wieder hinter den Herd und den Mann von seiner Bocuse-orientierten Hobbykochexistenz wieder weg ausschließlich in die Berufsarbeit treiben möchten, damit beide zusammen im trauten Schlafzimmer unter dem Kreuz ihren Beitrag zur Erweiterung des nationalen Gen-Pools leisten. Bolz schreibt:

    "Je erfolgreicher die Wirtschaft und je gebildeter die Frauen, desto unfruchtbarer ist eine Nation. Frauen verdienen mehr und gebären weniger. Die Emanzipation der Frau vollzieht sich als Entwertung der Mutterschaft und der Männlichkeit. Männer und Frauen leben das gleiche Leben. Doch dafür müssen auch gerade die erfolgreichen Frauen ihren Preis entrichten. Karrierefrauen tendieren nämlich zur genetischen Impotenz. Denn je höher sie auf der Karriereleiter steigen, um so unwahrscheinlicher wird es, daß sie heiraten und Kinder bekommen."

    Insofern verwundert es auch nicht, dass für Bolz explizit Oswald Spengler mit seinem Buch "Der Untergang des Abendlandes" angesichts der aktuellen Rentenproblematik Recht behalten wird. Peinlich nur, dass dieses Buch mal den Nazis den Weg bereitete. Positiv bezieht sich Bolz mehrfach auch auf Arnold Gehlen, der alle Bemühungen um demokratischen und sozialen Fortschritt in der frühen Bundesrepublik aus rechtsgerichteter Perspektive als Massenhedonismus kritisierte.

    Just diese Tendenzen beschleunigen sich massiv um 1968 herum und bereiten in Form des Feminismus den Weg in den "Untergang des Abendlandes". Denn so Bolz:

    "Den Preis für die Emanzipation der Frauen zahlen die Kinder."

    Die wenigen Kinder, die emanzipierte und beruflich erfolgreiche Frauen noch bekommen, werden in die Ganztagsschule oder zur Tagesmutter gegeben, mit einem Wort: vernachlässigt. So schreibt Bolz:

    "Frauen arbeiten heute nicht mehr für die Liebe, sondern für Geld."

    Die Vorherrschaft der Frauen verunsichert männliches Rollenverhalten, die als Ernährer der Familie gar nicht mehr erwünscht sind und ihre Männlichkeit bestenfalls noch im Sport ausleben dürfen.

    Die Erfindung der Pille, das "wichtigste Stück Anti-Natur" - so Bolz - "in der Geschichte des Eros", mit dem der Anfang des Lebens seine Natürlichkeit verlor, führt nicht nur zu einem Mangel an Kindern, sondern zerstört en passant auch die Erotik, wenn die gestressten Paare mit dem doppelten Einkommen für den Sex zu müde sind. Die Abschaffung des Verschuldungsprinzips erleichtert Scheidungen, so dass man sich ehelich um Konsens gar nicht mehr bemühen muss. Vielmehr locken ständig Versuchungen, mit einem neuen Partner sein Eheleben zu optimieren.

    Dagegen erhöht, so Bolz, die arbeitsteilige Ehe, in der die Frau ihrer gebärenden Natur gemäß die Hausarbeit ausführt, während der Mann auf die Jagd geht, den beiderseitigen ökonomischen wie emotionalen Nutzen. Das steht vor allem im Dienst der Kinder und fördert stabile Verhältnisse, die letztlich die Grundlage von Sittlichkeit und Moral sind. Denn in dieser traditionellen Familie findet, so Bolz, auch die Liebe ihre Heimstatt, nicht mehr als griechischer Eros, sondern als christliche Agape, als Nächstenliebe, die vor allem Kinderliebe bedeutet. Von einem Verlust an Erotik und Befriedigung kann man trotzdem nicht sprechen, denn eine repressionsfreie Liebe führt zu keinen stabilen Verhältnissen und auch zu keiner Befriedigung. Wie man aus der Psychoanalyse weiß, lässt sich das menschliche Begehren sowieso nicht befriedigen. So muss die Ehe als heiliges Sakrament geachtet werden und nicht als Lebensabschnittspartnerschaft.

    Bolz kämpft rührend gegen Individualismus und den kinderfeindlichen Hang der Zeitgenossen, kein normales Familienleben führen zu wollen, wenn er in einem Radiogespräch mit dem Deutschlandfunk bemerkt:

    "Ich würde also meinen, dass jemand der anonym unauffällig sein bürgerliches Leben ordentlich über die Runden bringt, ist weniger konformistisch als jemand, der den Parolen der Selbstverwirklichung, der Selbsterlösung und des radikalen Andersseins als die anderen folgt. Denn wir haben es mit der tollen Paradoxie seit Jahren schon zu tun, dass alle anders sein wollen als die anderen, dass also gerade dieses Anderssein der gemeinsame Zug der Massenkultur ist."

    Dass die Familie, wie sie Bolz propagiert, nur ein Produkt des 18. Jahrhunderts ist, dass obendrein eine lange Liste großer literarischer Werke sie als Ort lebenswährender gegenseitiger Terrorisierung aufzeigt, das übersieht Bolz geflissentlich. Sowenig kennt er das Recht von Frauen an, ein eigenes Leben zu führen, verlangt er selbstredend das Opfer der Unterordnung unter die Institution der Familie im Dienst der anderen, eben der Kinder. Warum er sich dann über die Nähe zum Papst unangenehm berührt zeigt, verwundert. Oder ist dieser ihm nur nicht radikal genug, hätte er etwa im Iran jenen neuen Präsidenten mit dem komplizierten Namen gewählt? Von der modernen Medienwelt hält der Medientheoretiker ja auch nicht viel.