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Gegen Verwüstung von Böden
WWF-Experte: Weniger Fleisch, mehr Vielfalt auf dem Acker

Immer mehr Böden verwüsten, werden geschwächt durch intensive Bewirtschaftung, ausgewaschen oder weggeweht, sagt Michael Berger, Referent für nachhaltige Landwirtschaft beim WWF. Im Dlf erklärte er, was Bauern und Konsumenten für bessere Böden tun können.

Michael Berger im Gespräch mit Susanne Kuhlmann |
Trockene Erde in Sachsen
Gegen Verwüstung hilft unter anderem ganzjährige Bodenbedeckung, sagt Landwirtschaftsexperte Michael Berger (imago / Frank Sorge)
Weite Teile der Landoberfläche auf der Erde verwandeln sich allmählich in Wüsten - und das beeinflusst und bedroht Natur, Landwirtschaft und Klima. Dass das Problem groß ist, zeigt die Tatsache, dass es einen Welttag für die Bekämpfung von Wüstenbildung und Dürre gibt: den 17. Juni.
Wenn lebendige Böden innerhalb kurzer Zeit verwüsten und großen Schaden nehmen, hat das immer etwas mit dem Einfluss des Menschen zu tun. Michael Berger ist Referent für nachhaltige Landwirtschaft und Landnutzungswandel beim World Wide Fund for Nature (WWF). Wir haben ihn gefragt, wie der Mensch lebendige Böden vernichtet.
Zu viel Nutzung, Chemie und Versiegelung
Michael Berger: Töten ist natürlich ein ziemlich drastisches Wort. Man spricht vielleicht besser von Schwächen oder Schädigen. Aber es stimmt schon: Der Boden lebt, er ist voller kleiner Tierchen, Bakterien, Pilzen, Regenwürmern, oder auch im größeren Maßstab dann Feldhamstern und Mäusen. Die sind alle wichtig, damit der Boden seine Funktion erfüllen kann. Bodenfunktionen sind beispielsweise die Grundlage unserer Lebensmittelproduktion, aber Böden speichern und reinigen auch Wasser. Sie speichern Kohlenstoff, was im Zuge des Klimaschutzes besonders wichtig ist, und sie sind auch Lebensraum.
Wir schädigen oder schwächen unsere Böden, zum Beispiel indem wir sie zu intensiv nutzen, zu viel Chemie einsetzen, den Nährstoffhaushalt durch intensive Düngung stören oder ihn durch schwere Maschinen verdichten. Hinzu kommt noch die Flächenversiegelung. Das heißt, Boden wird zubetoniert und asphaltiert, um ihn für Siedlungs- und Verkehrsflächen zu nutzen. Das geschieht doch in einem relativ großen Maßstab. Allein in Deutschland sprechen wir hier von etwa 80 Fußballfeldern, die so täglich verloren gehen. So schädigen oder schwächen wir unsere Böden langfristig, und ein kaputter Boden, der mal degeneriert ist, lässt sich eigentlich nicht mehr wiederherstellen.
Vielfältige Fruchtfolgen tun den Böden gut
Susanne Kuhlmann: Wenn wir davon ausgehen, dass ein verändertes Klima zu häufigeren Dürreperioden oder Unwettern mit Starkregen führt, kommt das als Belastung ja auch noch dazu. In einem Fall weht der fruchtbare Boden weg, im anderen wird er weggeschwemmt. Wie lässt sich das verhindern?
Berger: Die Erderhitzung macht auch den Böden in Deutschland und in Europa sehr zu schaffen. Man geht davon aus, dass in Deutschland allein durch Wind- und Wassererosionen jährlich etwa bis zu zehn Tonnen Ackerboden pro Hektar verloren gehen. Das ist ein Kilogramm pro Quadratmeter, also eine ganze Menge, wenn man sich das mal für mehrere Jahre überlegt. Aber in der Landwirtschaft gibt es eine ganze Reihe an Maßnahmen, die man zum Schutz vor diesen Verlusten durchführen kann. Das sind beispielsweise eine ganzjährige Bodenbedeckung. Das heißt, der Ackerboden ist im Sommer wie im Winter mit einer Pflanzendecke bewachsen, die den Boden schützt. Eine andere Maßnahme sind vielfältige Fruchtfolgen, das heißt generell mehr Vielfalt auf dem Acker, der Anbau von unterschiedlichen Kulturen mit unterschiedlichen Nährstoffbedarfen, mit unterschiedlichen Wurzeltiefen und -strukturen. Das sorgt dafür, dass der Boden gut durchwurzelt ist. Die Wurzeln sorgen für eine bessere Wasserinfiltration und bringen gleichzeitig auch Kohlenstoff in den Boden, der ja ein wichtiger Bestandteil des Humus ist.
Weniger Fleisch zu essen, schont die Böden
Ein weiterer wichtiger Punkt ist eine schonende Bodenbearbeitung, denn der Einsatz von Pflug- oder anderer intensiver Bodenbearbeitung führt dazu, dass der Boden einmal umgedreht wird. Somit wird die gewachsene Bodenstruktur zerstört und auch viele Regenwürmer gehen dabei leider drauf, und Regenwürmer – das ist ja allgemein bekannt – sind absolut essenziell beim Bodenschutz, denn auch sie sorgen für eine gute, krümelige Bodenstruktur, halten den Boden zusammen und verbessern auch Wasserinfiltration und Humusanreicherung.
Kuhlmann: Die Menschheit wächst weiter, aber die für den Anbau von Nahrungspflanzen nutzbare Fläche, die schrumpft. Kann jeder Einzelne mit seinem Konsumverhalten, mit seinem Einkaufsverhalten gegen die Wüstenbildung angehen?
Berger: Ja, in der Tat. Hier ist auf Konsumentenseite sicherlich in erster Linie der reduzierte Fleischkonsum zu nennen. Das heißt: In Deutschland essen wir im Durchschnitt immer noch 60 Kilogramm Fleisch pro Jahr. Laut aktuellem Ernährungsbericht der Bundesregierung geht dieser Fleischkonsum zwar zurück, aber es ist noch viel zu viel, wenn wir uns den Ressourcenverbrauch anschauen. Es ist für die Produktion von tierischem Protein, von Fleisch beispielsweise, ein Vielfaches an Wasserfläche und Energie notwendig als für pflanzliches Protein. Aber wer auf Fleisch nicht verzichten möchte, sollte am besten weniger Fleisch essen und darauf achten, dass es nachhaltig produziert wurde, das heißt die Tiere nicht mit Importsoja gefüttert wurden, denn die Sojaproduktion ist nach wie vor einer der stärksten Treiber von Entwaldung und somit auch von Zerstörung von Lebensräumen und letzten Endes auch von Boden.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.