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Gegenveranstaltung zur Leipziger Buchmesse
Rechte Verlage präsentieren Programm in Halle

Neonazis, Neue Rechte, junge und alte Vordenker der identitären Bewegung sind nach Halle gekommen. Die Identitären haben in der Stadt ein Haus, in dem rechte Verlage am Wochenende aktuelle Bücher vorstellten. Gleichgesinnte waren willkommen, kritische Nachfragen eher unerwünscht.

Von Christoph Richter |
"Werkstatt Europa" - Identitäre Bewegung organisiert eigene Buchmesse in Halle
"Werkstatt Europa" - Identitäre Bewegung organisiert eigene Buchmesse in Halle (Deutschlandradio / Christoph D. Richter)
An einem von Farbbeuteln verdreckten Gebäude in der Adam-Kuckhoff Straße im Hallenser Uni-Viertel, dem Haus-Projekt der Identitären Bewegung, hängt ein großes Banner. Werkstatt Europa steht drauf, eine Veranstaltung in der gegen eine weltoffene, liberale Gesellschaft Stimmung gemacht wird. Gedacht als Gegenprogramm zur Leipziger Buchmesse. Diverse Verlage mit einem völkisch-nationalistischen, geschichtsrevisionistischen Verlagsprogramm sind nach Halle gekommen: Der Antaios-Verlag, Manuscriptum, Jungeuropa und Renovamen. In einem kleinen dunklen Raum im Erdgeschoss – der sogenannten Patriotischen Bar – haben sie ihre Stände aufgebaut. Journalisten mag man überhaupt nicht. Nach nur einem kurzen Moment werden wir von Verleger Götz Kubitschek des Hauses verwiesen.
"Herr Richter vom Deutschlandfunk, der sollte eher draußen bleiben."
Unbeantwortete Fragen
Kubitschek ist sowas wie der geheime Hausherr des Hallenser Hausprojekts der Identitären Bewegung. Und: Veranstalter der rechten Buchmesse. Die New York Times nennt Kubitschek den Godfather der Rechts-Intellektuellen. Warum er mit seinem Verlag Antaios nicht auf der Leipziger Buchmesse vertreten ist, warum er seinen geplanten Stand dort, erst Mitte Februar abgesagt hat, warum er eine Art Buchmesse mit Publikationen aus dem identitären Umfeld auf die Beine stellt – Fragen, die er alle nicht beantworten will.
"Sie drehen es eh, wie Sie wollen. Deswegen habe ich kein Interesse."
Bundesweites Aufsehen erlangt Kubitschek 2017. Das in seinem Verlag erschienene Bändchen "Finis Germania" des Historikers Rolf-Peterle Sieferle stand für kurze Zeit auf der SPIEGEL-Bestsellerliste. Ein Text, der von Kritikern als reaktionär, rechtsradikal, geschichtsrevisionistisch beschrieben wird. Einer der weiteren Gastgeber der rechten Buchmesse ist Philipp Stein, Kopf des rechten Netzwerks "Ein Prozent", Inhaber des Dresdner Jungeuropa-Verlags. Eine Edition, die sich einen Namen mit Büchern französischer neurechter Vordenker gemacht hat, wie beispielsweise Alain de Benoist. Auf der Gegen-Buchmesse in Halle sind allerdings nur die eigenen Fans willkommen, fremden Besuchern bleibt die Tür verschlossen.
"Der normale Buchmessen-Besucher, der ist nicht der Adressat dieser Veranstaltung. Götz Kubitschek macht für seine eigene Crowd eine Veranstaltung: Da werden Bücher präsentiert. Da sind die Rezipienten sehr klar",
erläutert der Magdeburger Rechtsextremismus-Experte David Begrich. Die rechte Buchmesse, die unter dem Titel Werkstatt Europa firmiert, sei letztlich eine Veranstaltung von der Szene für die Szene. Und das Krawallpotential rechter Verlage auf Buchmessen sei erschöpft, sagt Begrich. Weshalb man dieses Jahr, zeitgleich zur Leipziger Buchmesse, wohl das Format einer rechten Buchmesse in Halle gewählt habe, so Begrich weiter.
Provokation kann nicht mehr gesteigert werden
Zur Erinnerung: Der Auftritt von Thüringens AfD-Chef Björn Höcke auf dem Stand des Antaios Verlages sorgte 2017 während der Frankfurter Buchmesse für handfeste Tumulte. Letztes Jahr hat Götz Kubitschek den Verkauf des eigenen Verlags verkündet, eine Lüge, um Aufmerksamkeit zu erlangen. Aktionen dieser Art, ergänzt Rechtsextremismus-Experte Begrich, könne man nicht beliebig wiederholen, es gäbe schlicht ein Abnutzungseffekt.
"Das Storytelling ist auserzählt. Die Provokation ist nicht mehr steigerungsfähig. Und deshalb hat man offenkundig den Schluss daraus gezogen, wenden wir uns doch lieber konzentriert an unser Publikum. Und das finden wir bei den Identitären."
Geschlossene Gesellschaft
Gegen den Auftritt rechter Verlage in Halle hat am Samstag ein breites Bürgerbündnis mobil gemacht. Veranstaltet wurde eine Art kleines Volksfest, mit Reden, einer Lesung, Musik, Kaffee und Kuchen. Gekommen sind im Laufe des Tages etwa 300 bis 400 Menschen, darunter auch Landtags- und Bundestagsabgeordnete von der SPD und den Linken. Auch der parteilose Oberbürgermeister Bernd Wiegand hat das bunte Treiben besucht. Er ist unglücklich, sagt er, dass die rechte Buchmesse gerade in Halle an der Saale stattfindet.
"Ja, die Stadt vertritt nach wie vor das bunte Leben, das freie Leben und keine extremistischen Positionen, so wie das die Identitären machen."
Die rechte Buchmesse in Halle: Keine offene Veranstaltung, auch hat sich das Haus der Identitären Bewegung in der Adam-Kuckhoff-Straße nicht als offenes Nachbarschaftsprojekt präsentiert – wie man es gerne verstanden haben will. Ganz im Gegenteil: Die Leseratte, der Lesebegeisterte, die Interessierten von nebenan, sie alle waren nicht willkommen.