Archiv

Geheimpapier
Wie der IS ein Kalifat aufbauen will

Die Terrormiliz "Islamischer Staat" hat bereits detaillierte Pläne zum Aufbau eines eigenen Kalifats. Das belegen bisher nicht veröffentlichte Dokumente. So sollen in den eroberten Gebieten ein Gesundheitssystem aufgebaut und Schulen gegründet werden.

Von Fabian Wahl |
    Vermutlich eine Gruppe von IS-Kämpfern im Nahen Osten
    Die Terrormiliz IS hat nicht nur militärische Pläne, sondern auch eine Strategie zum Staatsaufbau. (imago)
    Die britische Zeitung "The Guardian" hat ein 24-seitiges Dokument veröffentlicht, das zeigt, wie die IS-Terrormiliz von Anfang an einen eigenen Staat mit einer Staatskasse, Ministerien und einem Investitionsprogramm schaffen wollte. Das Papier aus dem vergangenen Jahr zeigt außerdem, wie die Dschihadisten Öl und Gas zentral kontrollieren, Außenbeziehungen zu anderen Ländern aufbauen und die Propaganda vorantreiben wollen.
    Das Handbuch unter dem Titel "Grundsätze der Verwaltung des Islamischen Staates" zeichnet nach Einschätzung des "Guardians" das Bild einer Gruppe, die sich zum einen der brutalen Gewalt verschworen hat und zum anderen staatlichen Fragen wie Gesundheit, Bildung, Handel, Kommunikation und Beschäftigung nachgeht. "Kurz gesagt: Es ist ein Staat", heißt es in dem Bericht.
    Camps für neue Rekruten und Veteranen
    Das Dokument soll nach Recherchen des Blattes entstanden sein, nachdem IS-Führer Abu Bakr al-Bagdadi im Juni 2014 das Kalifat ausgerufen hatte. Das Dokument wurde auf der Internetseite des "Guardians" veröffentlicht. Es soll von einem Geschäftsmann, der für den IS arbeitete, weitergegeben worden sein.
    Einen Schwerpunkt des Papiers bildet der militärische Kampf. Laut den Plänen sollen Camps für zwei Gruppen eingerichtet werden: Zum einen für die regulären Truppen und neue Rekruten und zum anderen für Veteranen, die jedes Jahr eine Fortbildung zu neuen Waffen, Technologien und Strategien erhalten sollen. Zudem sei ausdrücklich der Einsatz von Kindern vorgesehen. Sie sollten an leichten Waffen ausgebildet werden.
    Angebliche Kämpfer der Terrorgruppe IS in der syrischen Stadt ar-Raqqa sitzen bewaffnet in und auf einem Auto.
    Angebliche Kämpfer der Terrorgruppe IS in der syrischen Stadt ar-Raqqa. (afp / WELAYAT RAQA)
    Fabriken für Lebensmittel und Waffen
    Das wirtschaftliche Ziel sei die Unabhängigkeit vom Westen. Der "Islamische Staat" sollte autark funktionieren, indem Fabriken für Waffen und Lebensmittel errichtet werden.
    Der IS-Experte der ARD, Amir Musawy, sprach von einem "ausgeklügelten System". "Der IS hat sich früh Gedanken gemacht, wie man als Staat agiert und wie man die Menschen verwaltet", sagte er deutschlandfunk.de. "Die Strategie des IS besteht aus zwei Säulen: Eroberung und Festigung."
    Musawy hatte als Mitglied des Rechercheverbunds von WDR, NDR und "Süddeutscher Zeitung" bereits vor einem Jahr Geheimdokumente aus dem Innern des IS veröffentlicht. "Diese Papiere hatten sich aber auf die militärischen und finanziellen Ziele konzentriert wie etwa die Rekrutierung von Kämpfern", sagte er. Die nun vom "Guardian" präsentierten Dokumente zeigten, dass es auch im zivilen Bereich konkrete Pläne gebe. Dass solche Strategiepapiere existierten, sei von Experten schon lange Zeit vermutet worden.