"Ich habe jetzt den Schlüssel für unseren Giftkühlschrank geholt, denn bei uns werden alle Gefahrstoffe in einem gesonderten Kühlschrank aufbewahrt - mit Schloss."
Julia Sisnaiske, Doktorandin am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund, untersucht Nervengifte. Momentan arbeitet sie mit Acrylamid, einer Chemikalie, die auch im Zigarettenrauch vorkommt. Sie kramt im Giftkühlschrank, entnimmt ihm das Döschen mit Acrylamid, löst etwas Pulver in Flüssigkeit auf und tropft die Lösung in eine Schale, in der ein Glasobjektträger liegt. In diesen Träger ist ein Sechseck-Muster aus winzigen Punkten und feinen Kanälchen eingebrannt. Auf ihm wachsen Nervenzellen. Die Forscherin stellt das Schälchen in einen Brutschrank und nimmt ein anderes heraus.
"Ich hab hier auch Zellen drin, die ich gestern schon mit dem Toxin inkubiert habe. So, schauen wir uns die Zellen einmal unter dem Mikroskop an."
Neuronale Zellen bilden nicht nur im Gehirn, sondern auch in der Zellkultur Fortsätze aus: die Neuriten, über die sie mit anderen Nervenzellen in Kontakt treten und elektrische Signale weitergeben. Sisnaiske:
"Also, man sieht jetzt unter dem Mikroskop, dass die Zellen sich in vorgegebenen Punkten angeheftet haben, und zwischen diesen Punkten sind kleine Kanälchen, so dass sich die Zellen untereinander von Punkt zu Punkt über die Neuriten miteinander verbinden können. Diese schwarzen Linien hier, diese feinen Striche, das sind die Neuriten und diese dunklen Strukturen mit dem Heiligenschein, das sind die neuronalen Zellen."
Julia Sisnaiske schaut, wie stark sich die Nervenzellen auf dem Glasobjektträger miteinander vernetzt haben. Denn Nervengifte wie Acrylamid stören die Zellen dabei, Neuriten auszubilden. Je stärker das Gift desto schlechter die Vernetzung − vom Grad der Vernetzung lässt sich daher auf die Giftigkeit einer Chemikalie rückschließen.
"Ich sitze dann jeden Tag hier über dem Mikroskop und zähl die ganzen Verbindungen. Pro Schälchen brauch ich etwa fünf Minuten, um das auszuzählen, das geht eigentlich relativ zügig."
Und die Schnelligkeit ist der große Vorteil dieser Methode: Auf dem Chip heften sich die Nervenzellen in dem Sechseckmuster an − man weiß genau, wo man nach Neuriten zu suchen hat. Bisher benutzen Wissenschaftler ein ähnliches Testverfahren, bei dem die Zellen aber chaotisch auf einer Oberfläche ausgesät wurden - dort brauchte es viele Stunden, um Fortsätze überhaupt zu identifizieren, geschweige denn zu zählen. Das neue Verfahren kann hingegen schnell und standardisiert bestimmen, wie ein Gift auf das Wachstum von Nervenfortsätzen wirkt, meint auch Christian Steinhäuser, Professor am Institut für zelluläre Neurowissenschaften des Universitätsklinikums Bonn.
"Die Methode ist sicherlich sehr gut geeignet, um in einer überschaubaren Zeit viele verschiedene Substanzen testen zu können. Und solche Fragestellungen sind insbesondere in der chemischen Industrie oder pharmazeutischen Industrie auf der Tagesordnung, wo es darum geht, aus einer Vielzahl von neu synthetisierten oder zu testenden Substanzen eine Vorauswahl zu treffen…"
...die man dann allerdings weiteren Tests unterziehen müsse, zum Beispiel an echtem Hirngewebe - oder eben doch wieder mit Tierversuchen. Denn, so Steinhäuser,
"die Nachteile sind sicherlich, dass man mit diesem Ansatz die Funktion dieser gebildeten Kontakte nicht untersuchen kann. Es ist nicht zwangsläufig so, dass ein gebildeter Kontakt auch funktionell ist. Und man kann in diesen Assays die Komplexität der Wechselwirkung, wie sie in vivo vorkommt, zwischen verschiedenen Zelltypen, nicht abbilden."
Ein Gehirn besteht eben aus mehr als nur aus Nervenzellen: 90 Prozent der menschlichen Gehirnzellen sind Hilfszellen, welche die Informationsweiterleitung aber unterstützen. Julia Sisnaiskes Nervennetze sind also nur ein stark vereinfachtes Modell eines Gehirns.
Julia Sisnaiske, Doktorandin am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund, untersucht Nervengifte. Momentan arbeitet sie mit Acrylamid, einer Chemikalie, die auch im Zigarettenrauch vorkommt. Sie kramt im Giftkühlschrank, entnimmt ihm das Döschen mit Acrylamid, löst etwas Pulver in Flüssigkeit auf und tropft die Lösung in eine Schale, in der ein Glasobjektträger liegt. In diesen Träger ist ein Sechseck-Muster aus winzigen Punkten und feinen Kanälchen eingebrannt. Auf ihm wachsen Nervenzellen. Die Forscherin stellt das Schälchen in einen Brutschrank und nimmt ein anderes heraus.
"Ich hab hier auch Zellen drin, die ich gestern schon mit dem Toxin inkubiert habe. So, schauen wir uns die Zellen einmal unter dem Mikroskop an."
Neuronale Zellen bilden nicht nur im Gehirn, sondern auch in der Zellkultur Fortsätze aus: die Neuriten, über die sie mit anderen Nervenzellen in Kontakt treten und elektrische Signale weitergeben. Sisnaiske:
"Also, man sieht jetzt unter dem Mikroskop, dass die Zellen sich in vorgegebenen Punkten angeheftet haben, und zwischen diesen Punkten sind kleine Kanälchen, so dass sich die Zellen untereinander von Punkt zu Punkt über die Neuriten miteinander verbinden können. Diese schwarzen Linien hier, diese feinen Striche, das sind die Neuriten und diese dunklen Strukturen mit dem Heiligenschein, das sind die neuronalen Zellen."
Julia Sisnaiske schaut, wie stark sich die Nervenzellen auf dem Glasobjektträger miteinander vernetzt haben. Denn Nervengifte wie Acrylamid stören die Zellen dabei, Neuriten auszubilden. Je stärker das Gift desto schlechter die Vernetzung − vom Grad der Vernetzung lässt sich daher auf die Giftigkeit einer Chemikalie rückschließen.
"Ich sitze dann jeden Tag hier über dem Mikroskop und zähl die ganzen Verbindungen. Pro Schälchen brauch ich etwa fünf Minuten, um das auszuzählen, das geht eigentlich relativ zügig."
Und die Schnelligkeit ist der große Vorteil dieser Methode: Auf dem Chip heften sich die Nervenzellen in dem Sechseckmuster an − man weiß genau, wo man nach Neuriten zu suchen hat. Bisher benutzen Wissenschaftler ein ähnliches Testverfahren, bei dem die Zellen aber chaotisch auf einer Oberfläche ausgesät wurden - dort brauchte es viele Stunden, um Fortsätze überhaupt zu identifizieren, geschweige denn zu zählen. Das neue Verfahren kann hingegen schnell und standardisiert bestimmen, wie ein Gift auf das Wachstum von Nervenfortsätzen wirkt, meint auch Christian Steinhäuser, Professor am Institut für zelluläre Neurowissenschaften des Universitätsklinikums Bonn.
"Die Methode ist sicherlich sehr gut geeignet, um in einer überschaubaren Zeit viele verschiedene Substanzen testen zu können. Und solche Fragestellungen sind insbesondere in der chemischen Industrie oder pharmazeutischen Industrie auf der Tagesordnung, wo es darum geht, aus einer Vielzahl von neu synthetisierten oder zu testenden Substanzen eine Vorauswahl zu treffen…"
...die man dann allerdings weiteren Tests unterziehen müsse, zum Beispiel an echtem Hirngewebe - oder eben doch wieder mit Tierversuchen. Denn, so Steinhäuser,
"die Nachteile sind sicherlich, dass man mit diesem Ansatz die Funktion dieser gebildeten Kontakte nicht untersuchen kann. Es ist nicht zwangsläufig so, dass ein gebildeter Kontakt auch funktionell ist. Und man kann in diesen Assays die Komplexität der Wechselwirkung, wie sie in vivo vorkommt, zwischen verschiedenen Zelltypen, nicht abbilden."
Ein Gehirn besteht eben aus mehr als nur aus Nervenzellen: 90 Prozent der menschlichen Gehirnzellen sind Hilfszellen, welche die Informationsweiterleitung aber unterstützen. Julia Sisnaiskes Nervennetze sind also nur ein stark vereinfachtes Modell eines Gehirns.