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Geis: Homo-Ehe kann niemals mit Ehe gleichgestellt werden

Die Privilegierung der Ehe werde mit der Sicherung der Generationenfolge begründet, sagt Norbert Geis. Auch wenn homosexuelle Paare Kinder hätten, könne die Homo-Ehe nicht gleichgestellt werden. Dieses würde eine Gleichberechtigung beider Institutionen im Bewusstsein der Gesellschaft schaffen, ergänzt der CSU-Politiker.

Norbert Geis im Gespräch mit Tobias Armbrüster |
    Tobias Armbrüster: Die konservativen Kräfte in der Union, die haben in den vergangenen Jahren so Einiges zu schlucken gehabt: Energiewende, Abschaffung der Wehrpflicht, die Einführung des Elterngeldes – seit gestern deutet sich nun innerhalb der Union eine weitere Grundsatzkontroverse an. 13 Abgeordnete fordern, dass schwule und lesbische Lebenspartnerschaften endlich mit Ehepaaren gleichgestellt werden, vor allem steuerrechtlich dürfe es nicht länger einen Unterschied machen, ob ein Paar hetero- oder homosexuell sei. Auch schwule und lesbische eingetragene Paare müssten etwa in den Genuss des Ehegattensplittings kommen. Am Telefon ist jetzt der CSU-Bundestagsabgeordnete Norbert Geis, selbst ein bekennender Konservativer. Schönen guten Morgen, Herr Geis!

    Norbert Geis: Guten Morgen!

    Armbrüster: Herr Geis, was stört Sie an diesem Vorschlag?

    Geis: An diesem Vorschlag stört mich, dass das Institut der Ehe und der Familie auf der einen Seite und das andere Institut der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften mehr und mehr eingeebnet werden, dass hier kein Unterschied mehr erkennbar ist.

    Armbrüster: Warum soll denn da ein Unterschied erkennbar sein?

    Geis: Ja, ganz klar, weil das Grundgesetz in Artikel sechs, Absatz eins die Ehe und Familie in einer ganz besonderen Weise dem Schutz des Staates anempfiehlt und dadurch privilegiert.

    Armbrüster: Aber das Grundgesetz schreibt auch vor, dass niemand aufgrund seines Geschlechts diskriminiert werden darf.

    Geis: Das ist doch keine Diskriminierung, wenn auf der einen Seite die Ehe in einer besonderen Weise zu schützen ist und auf der anderen Seite eine gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft steht, das ist doch keine Diskriminierung, wenn die Ehe dadurch privilegiert ist, dass sie im Grundgesetz so als privilegiertes Institut eingerichtet worden ist.

    Armbrüster: Aber Sie haben da diese beiden Grundsätze, die gegeneinanderstehen: Ehe und Nichtdiskriminierung aufgrund von Geschlecht. Wie wollen Sie damit umgehen?

    Geis: Ja, ich meine, ich glaube auch nicht, dass die Kolleginnen und Kollegen, die diesen Aufruf gemacht haben, den Unterschied einebnen wollen. Ich glaube schon, dass dort ganz klar die Überlegung besteht, dass die Ehe selbstverständlich ein Institut ist, das nicht vergleichbar ist mit den gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften. Aber ich glaube, dass man hier den Versuch unternimmt, dem Verfassungsgericht zuvorzukommen, weil man in der Vergangenheit ja immer wieder erleben konnte, dass das Verfassungsgericht diesen Unterschied mehr und mehr eingeebnet hat. Hier will nun die Fraktion oder will ein Teil der Fraktion dem Verfassungsgericht gewissermaßen zuvorkommen. Ich halte das für falsch, ich bin der Meinung, wir müssen gerade in einer solchen Auseinandersetzung klar machen, auf welcher Seite wir stehen, wir müssen klar machen, dass wir nach wie vor die Ehe als das wichtigste Institut überhaupt in unserer Gesellschaft erkennen.

    Armbrüster: Aber das kann man doch ruhig machen, und trotzdem gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften die gleichen Rechte gewähren.

    Geis: Ja, wenn Sie die gleichen Rechte gewähren, wenn Sie das egalisieren, dann egalisieren Sie die beiden Institute in dem Bewusstsein der Bevölkerung, in dem Bewusstsein der Gesellschaft.

    Armbrüster: Aber die Ehe bleibt …

    Geis: Da muss man schon etwas aufpassen.

    Armbrüster: Aber die Ehe bleibt nach wie vor geschützt.

    Geis: Ja, die bleibt nach wie vor geschützt, das mag ja richtig sein. Aber wenn man beides gleichstellt, auf gleicher Ebene, wie denken Sie, was dann der Eindruck entsteht. Ich meine, die ganze Sache hat ja eine psychologische Wirkung. Wenn etwas egalisiert wird, dann ist beides egal. Also da muss man schon ein bisschen mehr aufpassen, und da muss man schon auch in der Gesetzgebung den Unterschied wahren.

    Armbrüster: Was ist denn eigentlich der große Unterschied zwischen diesen beiden Formen der Partnerschaft, zwischen der Ehe und den gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften? In beiden Fällen übernehmen Menschen füreinander Verantwortung. Sollte deshalb nicht auch in beiden Fällen der gesetzliche Schutz gelten?

    Geis: Also die Privilegierung der Ehe wird damit begründet, dass sie die Generationenfolge sichert, vom Prinzip her.

    Armbrüster: Aber das können viele …

    Geis: Und das kann natürlich die gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft aus der Natur der Sache heraus nicht. Also hier ist schon …

    Armbrüster: Aber viele schwule und lesbische Paare haben ebenfalls Kinder.

    Geis: Ja gut, also das haben sie aber woanders her. Die haben sie nicht von sich aus, das wissen wir ja. Da brauchen wir nicht drüber zu diskutieren. Die Privilegierung der Ehe ist ganz klar immer durchgängig erkannt worden als der Grund oder liegt darin begründet, dass sie die Generationenfolge sichern soll. Das ist der Grund der Privilegierung. Es gibt wahrscheinlich keinen anderen Grund, ich kenne jedenfalls keinen. Aber wenn Sie schon sagen, dass Ehe und Familie genau so füreinander da sind wie in den gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften, müssen Sie auch bedenken, dass es viele andere Gemeinschaften gibt, die gleichermaßen füreinander da sind, und die gleichermaßen füreinander sorgen. Wenn Sie zum Beispiel nehmen, eine Tochter, die bei ihrer Mutter lebt, und die Mutter versorgt, das ganze Leben lang, und zusammenleben und dadurch auch füreinander einstehen, warum soll die dann nicht gleichermaßen behandelt werden wie gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften? Ich sehe hier ein Problem der Gerechtigkeit auch.

    Armbrüster: Aber das ist ja eine gute Frage, warum sollte man nicht diese Gruppen auch einschließen in diese Gleichbehandlung?

    Geis: Dann kann man aufhören, verstehen Sie? Da muss man, also da muss man ja Wege finden, die da natürlich auch die Unterscheidbarkeit deutlich machen. Also wissen Sie, da kommen Sie, glaube ich, in den Wald, das wird kein Finanzminister mitmachen.

    Armbrüster: Wir sollten, Herr Geis, noch mal zurückkommen auf diese Unterschiede. Ich glaube tatsächlich, dass viele gleichgeschlechtliche Partnerschaften von sich aus sagen würden: Wir sorgen auch für die Generationennachfolge. Lesbische Frauen können ebenfalls Kinder kriegen, schwule Männer können Kinder adoptieren und damit auch eine Familie gründen.

    Geis: Meine Güte, eine nichteheliche Lebensgemeinschaft bekommt auch Kinder und ist keine Ehe, weil sie gar nicht eine Ehe haben wollen, deswegen sind sie ja nicht getraut, deswegen sind sie nicht verheiratet. Also wenn Sie diesen Ansatz nehmen, dann treffen Sie den Grundgedanken des Grundgesetzes hinsichtlich der Privilegierung von Ehe nicht. Da muss man schon, glaube ich, genau hinsehen und auch eine ganz klare Gedankenfolge machen. Sie können niemals eine Ehe gleichstellen mit der gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft, das entspricht überhaupt nicht unserer Tradition. Man versteht unter Ehe eben eine Verbindung zwischen Mann und Frau, und bei gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften ergibt sich das schon aus dem Wort zwischen Mann und Mann oder Frau und Frau. Dieser Unterschied bleibt nun einmal, das ist von der Natur der Sache her gegeben. Und diese Verbindung als Verbindung kann ja keine Kinder hervorbringen, das wollen die auch gar nicht, sonst wären sie ja nicht in einer lesbischen oder schwulen Lebensgemeinschaft.

    Armbrüster: Ja, aber Herr Geis, was sagen Sie denn Kindern von schwulen und lesbischen Paaren? Sind das Kinder zweiter Klasse?

    Geis: Nein, überhaupt gar nicht. Ich bin auch nicht der Meinung, dass ein uneheliches Kind ein Kind zweiter Klasse ist. Das hat wiederum damit überhaupt nichts zu tun.

    Armbrüster: Aber wie vermitteln Sie diesem Kind, dass seine Eltern nicht in den Genuss des Ehegattensplittings kommen? Sagen sie dem: Tut mir leid, du bist von den falschen Eltern geboren worden.

    Geis: Moment, ich will Ihnen – also das Ehegattensplitting wird das ja wohl nicht entscheiden. Da bin ich nicht der Meinung, dass man deswegen dem Kind irgendeinen Vorwurf machen kann oder es diskriminierend irgendwo in die Ecke stellen kann. Das ist wiederum völlig übertrieben und geht an der, diese Diskussion geht an der Sache vorbei.

    Armbrüster: Immerhin geht es um ein paar Tausend Euro – potenziell.

    Geis: Es geht um ein paar Tausend Euro, sicher, das ist richtig. Aber das ist ja eben der Unterschied. Das Ehegattensplitting wurde eingerichtet – so heißt es ja auch – für die Ehe und nicht für die gleichgeschlechtlichen Paare. Wenn Sie das übertragen wollen, dann müssen Sie die Konsequenz haben, auch vielen anderen Personen, Gesellschaften oder Gemeinschaften, die füreinander da sind, Gleiches zu gewähren. Dann brauchen Sie den Unterschied nicht mehr. Aber wir haben ja gerade durch Einführung des Ehegattensplittings die Ehe privilegieren wollen, oder die Privilegierung der Ehe in besonderer Weise anerkennen wollen. Das war der Grundgedanke des Gesetzgebers, als er das Ehegattensplittings eingeführt hat. Und nun sollen wir davon abgehen. Wenn Sie davon abgehen, dann müssen Sie konsequent bleiben, dann müssen Sie alle anderen Lebensgemeinschaften, die füreinander da sind, gleichermaßen berücksichtigen, sonst verstoßen Sie gegen das Gerechtigkeitsprinzip.

    Armbrüster: Sagt der CSU-Bundestagsabgeordnete Norbert Geiß heute Morgen live hier bei uns im Deutschlandfunk. Besten Dank, Herr Geis, für das Gespräch!

    Geis: Danke schön, danke Ihnen!


    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.