Jörg Biesler: Die Universität Düsseldorf will am kommenden Dienstag über die Promotionsschrift von Bundesbildungsministerin Annette Schavan beraten. Der Fall ist natürlich lang und breit öffentlich diskutiert worden, immerhin geht es um eine Bundesministerin und noch dazu um jene für Bildung und Forschung. Und außerdem wurde auch noch das Gutachten, das der Fakultätsrat in Auftrag gegeben hatte, bereits bekannt, und unterstellt der Ministerin Täuschungsabsicht. Es gab daraufhin viel Kritik an der Universität in Düsseldorf von Wissenschaftsfunktionären und Politikern vor allem. Am Telefon bin ich nun verbunden mit dem Vorsitzenden des Philosophischen Fakultätentags Tassilo Schmitt. Guten Tag, Herr Schmitt!
Tassilo Schmitt: Guten Tag!
Biesler: Sie nehmen die Universität Düsseldorf in Schutz und reagieren damit auf die Kritik. Wieso ist die unberechtigt?
Schmitt: Die Kritik ist unberechtigt, weil die Universität Düsseldorf streng nach den Regeln genau so mit dem Plagiatsverfahren umgegangen ist, wie man mit allen Plagiatsverfahren an der Universität Düsseldorf und auch anderswo umgeht. Dass ein einzelnes Mitglied das Vertrauen gebrochen hat, ist ein schwerer Verstoß dieses Mitglieds gegen die Pflichten, aber natürlich nicht …
Biesler: Damit meinen Sie die Veröffentlichung des Gutachtens?
Schmitt: Ja, das ist ja kein Gutachten, sondern eine Stellungnahme für einen Ausschuss, der darüber zu beraten hat, und dass jemand, dem das vorher bekannt geworden ist, die Sache an die Presse weitergibt, ist eine grobe Pflichtverletzung. Die Universität Düsseldorf hat konsequent Strafanzeige gestellt und ist auch in dieser Hinsicht ihrer Pflicht gerecht geworden.
Biesler: Namhafte Vertreter von Wissenschaftsorganisationen, darunter zum Beispiel Helmut Schwarz, der Präsident der Humboldt-Stiftung, aber auch Matthias Kleiner, der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, haben trotzdem heftige Kritik an der Uni Düsseldorf geübt. Zum Beispiel hat Helmut Schwarz gesagt, er würde das Verfahren jetzt noch mal neu aufrollen – seiner Meinung nach müsse man das jetzt richtig machen.
Schmitt: Ja, das ist aber nicht nötig, wenn das Verfahren richtig gemacht worden ist. Wir haben sehr ausführlich im erweiterten Vorstand des Philosophischen Fakultätentages all das, was über dieses Verfahren bekannt geworden ist, diskutiert, und können überhaupt nicht sehen, wo an welcher Stelle ein Verstoß der Institution festzustellen wäre. Dass es einen groben Verstoß eines Mitglieds einer Kommission gibt, steht außer Frage, und das sagt ja auch die Universität Düsseldorf, allein dafür hat sie sich auch entschuldigt. Für was anderes hat sie sich nicht zu entschuldigen, denn das hieße ja, dass sie einen Fehler gemacht hat.
Biesler: Ich habe zu Beginn schon gesagt, dass natürlich so heftig auch jetzt diskutiert wurde, weil es sich dabei ja immerhin um die Bundesbildungsministerin handelt. Also auch Karl-Theodor zu Guttenberg war Bundesminister, aber doch nicht der für Bildung und Forschung. Das heißt, die Diskussion spitzt sich hier natürlich ganz erheblich zu und hat an Schärfe auch gewonnen. Wenn Sie jetzt sagen, es gibt eigentlich am Verfahren überhaupt nichts zu kritisieren, wie erklären Sie sich dann die viele Kritik aus diesen Wissenschaftsorganisationen?
Schmitt: Ach, da kann man sich viele Dinge ausdenken. Ich will hier die Spekulationen nicht weiter vermehren. Uns kam es im Philosophischen Fakultätentag darauf an, in Konsequenz der Linie, die wir seit Anfang letztes Jahres in mehreren Veröffentlichungen bezogen haben, darauf hinzuweisen, dass es absolut notwendig ist, Qualitätsstandards einzuhalten, dass jetzt gegen das, was man teilweise lesen kann, festzustellen ist, dass diese Qualitätsstandards immer gegolten haben. Diejenigen, die behaupten, dass das früher irgendwie anders gewesen sei, sollten sich einmal fragen, ob das, was sie für gerechtfertigt halten, jemals hätte in Lehrbücher geschrieben werden können.
Biesler: Jetzt plädieren Sie dafür, dass man den Fall möglichst sachlich betrachtet, was wie gesagt aus den genannten Gründen vergleichsweise schwierig ist, aber durch die Veröffentlichung dieser gutachterlichen Stellungnahme und durch die anschließende Debatte noch viel schwieriger geworden ist, also der Fakultätsrat kann im Grunde nur noch falsch entscheiden.
Schmitt: Nein, der Fakultätsrat kann und muss sachlich entscheiden, und es gibt im Moment überhaupt keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass er das so tun wird. Es wird natürlich allenthalben Druck ausgeübt, das wird dem Fakultätsrat natürlich nicht verborgen bleiben, aber es kann nicht sein, dass man mit dem Hinweis darauf, dass öffentliche Diskussionen die Entscheidung schwer machen, die Entscheidung noch schwerer macht, sondern man muss der Fakultät, der Philosophischen Fakultät der Universität Düsseldorf ausdrücklich den Rücken stärken und, wie es auch der Deutsche Hochschulverband getan hat, Respekt einfordern vor dem, was da mit großer Mühe gemacht wird. Und eine Entscheidung ist nicht gefallen. Ich würde mir auch nicht anmaßen, aufgrund dessen, was bislang bekannt ist, eine Entscheidung zu treffen, das müssen die zuständigen tun, und im Moment sehe ich nur, dass sie das mit großer Akribie tun.
Biesler: Nun, was ich mit falscher Entscheidung meine, ist auch das, dass egal wie er sich entscheidet – also ob er nun die Promotion von Frau Schavan aberkennt, weil sie eine Täuschungsabsicht tatsächlich gehabt hat, wie es in der gutachterlichen Stellungnahme heißt, oder wenn er sie freispricht und sagt, es ist alles in Ordnung, soweit noch im Rahmen der wissenschaftlichen Notwendigkeiten –, es wird ihm immer politisch ausgelegt werden.
Schmitt: Ja, dagegen kann man sich nicht schützen, trotzdem sind die Düsseldorfer gut beraten, wenn sie allein nach den sachlichen Kriterien der wissenschaftlichen Zuverlässigkeit und handwerklichen Richtigkeit dieser Dissertation entscheiden. Und nochmal, ich habe keinen Zweifel, dass sie das tun werden. Alles andere müssen sie aushalten, und sie können dann auch mit der Solidarität des Philosophischen Fakultätentages rechnen, wenn sie zu Unrecht beschuldigt werden.
Biesler: Das heißt, in der Vergangenheit hätten Sie sich gewünscht, dass der eine oder andere sich nicht zu Wort gemeldet hätte?
Schmitt: Das hätte man sich in der Tat wünschen können, und gerade deswegen lehne ich es auch ab, die Spekulationen meinerseits nun weiter voranzutreiben, ob das nun ein Plagiat ist oder nicht. Das müssen die zuständigen Stellen entscheiden.
Biesler: Tassilo Schmitt, der Vorsitzende des Philosophischen Fakultätentags, zur Debatte über das Prüfungsverfahren der Universität Düsseldorf zur Promotion von Annette Schavan. Vielen Dank, Herr Schmitt! Am Dienstag berät der Fakultätstag über die Gültigkeit der Promotion der Bundesbildungsministerin.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Tassilo Schmitt: Guten Tag!
Biesler: Sie nehmen die Universität Düsseldorf in Schutz und reagieren damit auf die Kritik. Wieso ist die unberechtigt?
Schmitt: Die Kritik ist unberechtigt, weil die Universität Düsseldorf streng nach den Regeln genau so mit dem Plagiatsverfahren umgegangen ist, wie man mit allen Plagiatsverfahren an der Universität Düsseldorf und auch anderswo umgeht. Dass ein einzelnes Mitglied das Vertrauen gebrochen hat, ist ein schwerer Verstoß dieses Mitglieds gegen die Pflichten, aber natürlich nicht …
Biesler: Damit meinen Sie die Veröffentlichung des Gutachtens?
Schmitt: Ja, das ist ja kein Gutachten, sondern eine Stellungnahme für einen Ausschuss, der darüber zu beraten hat, und dass jemand, dem das vorher bekannt geworden ist, die Sache an die Presse weitergibt, ist eine grobe Pflichtverletzung. Die Universität Düsseldorf hat konsequent Strafanzeige gestellt und ist auch in dieser Hinsicht ihrer Pflicht gerecht geworden.
Biesler: Namhafte Vertreter von Wissenschaftsorganisationen, darunter zum Beispiel Helmut Schwarz, der Präsident der Humboldt-Stiftung, aber auch Matthias Kleiner, der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, haben trotzdem heftige Kritik an der Uni Düsseldorf geübt. Zum Beispiel hat Helmut Schwarz gesagt, er würde das Verfahren jetzt noch mal neu aufrollen – seiner Meinung nach müsse man das jetzt richtig machen.
Schmitt: Ja, das ist aber nicht nötig, wenn das Verfahren richtig gemacht worden ist. Wir haben sehr ausführlich im erweiterten Vorstand des Philosophischen Fakultätentages all das, was über dieses Verfahren bekannt geworden ist, diskutiert, und können überhaupt nicht sehen, wo an welcher Stelle ein Verstoß der Institution festzustellen wäre. Dass es einen groben Verstoß eines Mitglieds einer Kommission gibt, steht außer Frage, und das sagt ja auch die Universität Düsseldorf, allein dafür hat sie sich auch entschuldigt. Für was anderes hat sie sich nicht zu entschuldigen, denn das hieße ja, dass sie einen Fehler gemacht hat.
Biesler: Ich habe zu Beginn schon gesagt, dass natürlich so heftig auch jetzt diskutiert wurde, weil es sich dabei ja immerhin um die Bundesbildungsministerin handelt. Also auch Karl-Theodor zu Guttenberg war Bundesminister, aber doch nicht der für Bildung und Forschung. Das heißt, die Diskussion spitzt sich hier natürlich ganz erheblich zu und hat an Schärfe auch gewonnen. Wenn Sie jetzt sagen, es gibt eigentlich am Verfahren überhaupt nichts zu kritisieren, wie erklären Sie sich dann die viele Kritik aus diesen Wissenschaftsorganisationen?
Schmitt: Ach, da kann man sich viele Dinge ausdenken. Ich will hier die Spekulationen nicht weiter vermehren. Uns kam es im Philosophischen Fakultätentag darauf an, in Konsequenz der Linie, die wir seit Anfang letztes Jahres in mehreren Veröffentlichungen bezogen haben, darauf hinzuweisen, dass es absolut notwendig ist, Qualitätsstandards einzuhalten, dass jetzt gegen das, was man teilweise lesen kann, festzustellen ist, dass diese Qualitätsstandards immer gegolten haben. Diejenigen, die behaupten, dass das früher irgendwie anders gewesen sei, sollten sich einmal fragen, ob das, was sie für gerechtfertigt halten, jemals hätte in Lehrbücher geschrieben werden können.
Biesler: Jetzt plädieren Sie dafür, dass man den Fall möglichst sachlich betrachtet, was wie gesagt aus den genannten Gründen vergleichsweise schwierig ist, aber durch die Veröffentlichung dieser gutachterlichen Stellungnahme und durch die anschließende Debatte noch viel schwieriger geworden ist, also der Fakultätsrat kann im Grunde nur noch falsch entscheiden.
Schmitt: Nein, der Fakultätsrat kann und muss sachlich entscheiden, und es gibt im Moment überhaupt keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass er das so tun wird. Es wird natürlich allenthalben Druck ausgeübt, das wird dem Fakultätsrat natürlich nicht verborgen bleiben, aber es kann nicht sein, dass man mit dem Hinweis darauf, dass öffentliche Diskussionen die Entscheidung schwer machen, die Entscheidung noch schwerer macht, sondern man muss der Fakultät, der Philosophischen Fakultät der Universität Düsseldorf ausdrücklich den Rücken stärken und, wie es auch der Deutsche Hochschulverband getan hat, Respekt einfordern vor dem, was da mit großer Mühe gemacht wird. Und eine Entscheidung ist nicht gefallen. Ich würde mir auch nicht anmaßen, aufgrund dessen, was bislang bekannt ist, eine Entscheidung zu treffen, das müssen die zuständigen tun, und im Moment sehe ich nur, dass sie das mit großer Akribie tun.
Biesler: Nun, was ich mit falscher Entscheidung meine, ist auch das, dass egal wie er sich entscheidet – also ob er nun die Promotion von Frau Schavan aberkennt, weil sie eine Täuschungsabsicht tatsächlich gehabt hat, wie es in der gutachterlichen Stellungnahme heißt, oder wenn er sie freispricht und sagt, es ist alles in Ordnung, soweit noch im Rahmen der wissenschaftlichen Notwendigkeiten –, es wird ihm immer politisch ausgelegt werden.
Schmitt: Ja, dagegen kann man sich nicht schützen, trotzdem sind die Düsseldorfer gut beraten, wenn sie allein nach den sachlichen Kriterien der wissenschaftlichen Zuverlässigkeit und handwerklichen Richtigkeit dieser Dissertation entscheiden. Und nochmal, ich habe keinen Zweifel, dass sie das tun werden. Alles andere müssen sie aushalten, und sie können dann auch mit der Solidarität des Philosophischen Fakultätentages rechnen, wenn sie zu Unrecht beschuldigt werden.
Biesler: Das heißt, in der Vergangenheit hätten Sie sich gewünscht, dass der eine oder andere sich nicht zu Wort gemeldet hätte?
Schmitt: Das hätte man sich in der Tat wünschen können, und gerade deswegen lehne ich es auch ab, die Spekulationen meinerseits nun weiter voranzutreiben, ob das nun ein Plagiat ist oder nicht. Das müssen die zuständigen Stellen entscheiden.
Biesler: Tassilo Schmitt, der Vorsitzende des Philosophischen Fakultätentags, zur Debatte über das Prüfungsverfahren der Universität Düsseldorf zur Promotion von Annette Schavan. Vielen Dank, Herr Schmitt! Am Dienstag berät der Fakultätstag über die Gültigkeit der Promotion der Bundesbildungsministerin.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.