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Gekappte Bande
Die italienische Mafia und der päpstliche Bann

Priester, die für Mafiabosse Hochzeiten und Taufen zelebrieren, die bezahlten Killern die Beichte abnehmen und toten Clanchefs die letzte Ölung spenden, kommen nicht nur in Filmen vor. Das zeigen Geständnisse von Mafiosi.

Von Karl Hoffmann |
    Heusenstamm, katholische Pfarrkirche St. Cäcilia, 1739 von Johann Balthasar Neumann im Auftrag der Gräfin Maria Theresia von Schönborn erbaut, Pieta, Darstellung der Maria mit dem Leichnam Jesu Christi auf dem Schoß
    Mafiosi sind durchweg devote Heiligenverehrer. (dpa / Friedel Gierth)
    Geistliche in Süditalien rechtfertigten sich immer wieder, dass es nicht ihre Aufgabe sein könne, Menschen zu richten. Doch wenn Mitglieder von Mafiaclans am Gottesdienst teilnehmen, lassen sich Absolution und göttlicher Segen kaum vermeiden. Mafiosi sind durchweg devote Marien- und Heiligenverehrer. In ihren Verstecken finden sich immer wieder Heiligenbildchen und Bibeln. Ihrem kriminellen Treiben geben sie sogar immer wieder den Anstrich einer göttlichen Mission.
    Erst mit Papst Franziskus scheint der Vatikan einen neuen Vorstoß zu wagen, um die traditionellen Verbindungen zwischen Klerus und organisiertem Verbrechen zu kappen. Im Juni 2014 verkündete er vor 250.000 Gläubigen in Kalabrien, alle Mafiosi aus der Kirche auszuschließen und ihnen fortan Segen, Beichte und Absolution zu verweigern. Prompt gibt es Widerstand. "Der Bannspruch des Papstes kommt 150 Jahre zu spät" – das ist die resignierte Einschätzung von vielen Gläubigen in Süditalien.