An Bord des gesunkenen Schlauchboots waren rund 100 Menschen. Ein luxemburgisches Flugzeug hatte das Boot rund 65 Kilometer vor der libyschen Küste entdeckt, teilte ein Sprecher der EU-Marinemission "Sophia" mit, die im Mittelmeer gegen Schlepper vorgeht. 77 Menschen konnten demnach bisher gerettet werden. Mindestens 20 Menschen wurden nach Angaben der Rettungsmission tot geborgen.
Die italienische Küstenwache hatte zuvor mitgeteilt, 88 Schiffbrüchige seien aus einem gekenterten Holzboot vor der libyschen Küste gerettet worden. Wie viele Menschen sich ingesamt darin befanden, konnte ein Sprecher nicht sagen. Die libysche Küstenwache teilte außerdem mit, sie habe am Donnerstag vor den Städten Sabratha und Swara 766 Flüchtlinge gerettet.
Sea-Watch: Weitere Boote in Seenot
Weitere Boote sollen auf dem Mittelmeer in Seenot sein. Eine Sprecherin von Sea-Watch sagte dem Deutschlandfunk, heute Morgen seien von Libyen aus 16 Boote gestartet. Die Sea-Watch ist ein privat betriebenes Seenotrettungsschiff unter deutscher Flagge. Sea-Watch selbst sei in zwei Fälle involviert: In einem Fall konnte ein Schlauchboot mit 115 Menschen an Bord gesichert werden, ein zweites Boot sei gesunken, die Organisation sei derzeit dabei, Leichen zu bergen. Unter den Flüchtlingen seien viele Syrer und Iraker. "Das zeigt, dass der Deal der EU mit der Türkei die Menschen dazu zwingt, diese gefährliche Route auf sich zu nehmen", so die Sprecherin.
Außerdem meldete die Rettungsorganisation Alarm Phone, sie sei von zwei Flüchtlingsbooten kontaktiert worden, auf denen sich insgesamt rund 1.000 Menschen befänden. Eines der Boote sei gesunken. Ob es eine Übereinstimmung zwischen dem Boot und dem Fall von Sea-Watch gibt, ist derzeit unklar.
Steigende Flüchtlingszahlen auf dem Mittelmeer
Erst am Mittwoch waren auf dem Mittelmeer mindestens fünf Menschen ertrunken, als ihr völlig überladenes Boot beim Herannähern eines italienisches Marineschiff kenterte. 562 Menschen konnten dabei gerettet werden. Die Überlebenden des Unglücks, die nach ihrer Ankunft im sizilianischen Porto Empedocle befragt wurden, sprachen nach Angaben eines Sprechers der Internationalen Organisation für Migration (IOM) von Hunderten Menschen, die sich im Rumpf des Bootes aufgehalten hätten. Demnach könne die Zahl der Toten noch steigen.
Die Bundeswehr hatte von zuletzt steigenden Flüchtlingszahlen auf dem Mittelmeer berichtet. Die Fregatte "Karlsruhe", die sich an der Mission "Sophia" betiligt, habe allein gestern etwa 250 Gerettete nach Italien gebracht, teilte das Einsatzführungskommando mit. Man sei erschrocken über die große Zahl der Flüchtlinge, die sich wegen der aktuellen stabilen Wetterlage von Libyen aus auf den Weg nach Europa machten.
Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR kamen zwischen dem 1. Januar und dem 25. Mai diesen Jahres fast 38.000 Menschen über das Mittelmeer nach Italien. Mindestens 1.370 Flüchtlinge kamen in dem Zeitraum bei der Überfahrt ums Leben. Dies waren 24 Prozent weniger als im gleichen Zeitraum im Vorjahr, als 1.792 Menschen bei Schiffsunglücken starben.
(cvo/ach)