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Gekränkter Stolz und großes Misstrauen

Das Verhältnis zwischen Iran und den USA ist bereits seit mehr als drei Jahrzehnten wegen Aktionen auf beiden Seiten stark belastet. Die mutmaßliche Erbfeindschaft zwischen der Islamischen Republik und den Vereinigten Staaten ist sogar ein wichtiges politisches Instrument von Irans Machthabern.

Von Reinhard Baumgarten |
    Rufe von Kindern: "Marg bar"

    Mal sind es Schuldkinder.

    Rufe von Männern: "Marg bar"

    Mal ist es eine riesige Menschenmenge. Seit mehr als drei Jahrzehnten heißt es in der Islamischen Republik "Tod für Amerika". Wo ist das wirkliche Nest für Verschwörungen gegen die Islamische Republik, fragte unlängst Revolutionsführer Ali Khamenei in der Pilgerstadt Mashhad.

    "Seit 34 Jahren, wenn wir vom Feind sprechen, denken alle Iraner an die USA. Die US-Politiker sollten dieser Tatsache ins Auge schauen und das begreifen."
    Das Verhältnis zwischen Iran und den USA ist nachhaltig gestört. Die mutmaßliche Erbfeindschaft zwischen der Islamischen Republik und den Vereinigten Staaten ist ein wichtiges politisches Instrument von Irans Machthabern.

    Es geht nicht nur um Amerika, sagt der Händler Said im Bazar von Teheran.

    "Es geht um ehrliche, gute, bilaterale und rationale Beziehungen. Wenn aber eine Seite nicht mitmacht, dann kann das nicht klappen."

    Welche Seite nicht mitmacht, lässt Said offen. Der 42-Jährige ist vorsichtig. Auf iranischer wie auch auf amerikanischer Seite ist das Misstrauen gegenüber dem jeweils anderen groß. Beide Seiten fühlen sich vom jeweils anderen gedemütigt oder gekrängt, unter Druck gesetzt oder an der Nase herumgeführt.

    Die Beziehung zwischen Iran und den USA ist eine komplizierte Sache, sagt der neu gewählte Präsident Hassan Rohani.

    "Es gibt alte Wunden. Mit klugen Maßnahmen muss man sich um die Heilung dieser Wunden kümmern. Wir wollen die Spannung weder fortsetzen noch verschärfen."

    Ob der Kleriker Rohani neue Saiten im iranisch-amerikanischen Verhältnis wird anschlagen können, steht noch dahin. Nicht er setzt die großen politischen Themen, sondern Revolutionsführer Ali Khamenei und seine engsten Vertrauten.

    Während der achtjährigen Amtszeit von Präsident Ahmedinejad sind die Beziehungen zwischen Iran und den USA von einem Tiefpunkt zum nächsten geeilt. Der künftige Präsident Hassan Rohani hat im Wahlkampf mehrfach die Isolation Irans beklagt und eine andere Außenpolitik angekündigt.

    "Die Politik der Regierung von "Hoffnung und Besinnung" wird eine konstruktive Zusammenarbeit mit der Welt sein. Wenn wir Veränderung in der Welt wünschen, müssen wir auch in der Welt präsent sein. Abseitsstehen und Parolen rufen, wird keine Veränderung bringen."

    Die USA haben in den Gewässern um den Iran eine gewaltige Feuerkraft zusammengezogen: Flugzeugträger, Fregatten, Zerstörer, U-Boote, Tarnkappenbomber, Bunker brechende Waffen – ein riesiges Arsenal, um Krieg zu führen. Die Obama-Administration sagt, die militärische Option sei auf dem Tisch, wenn Teheran an seiner Atompolitik festhalte.

    Sie bluffen nicht, bekräftigt der Publizist Davud Bavand. Sie meinen es ernst.

    "Das ist sehr teuer, diese ganzen Schlachtschiffe in den Persischen Golf zu bringen. Jeder einzelne Soldat kostet sie täglich zusätzliches Geld. Das ist nicht nur ein Manöver. Es gibt keinen Zweifel daran, dass die hier sind, um an möglichen militärischen Operationen teilnehmen zu können."

    Erst unlängst stellte US-Präsident Obama fest:

    "Es ist Zeit, dass die iranische Regierung sofortige und bedeutende Schritte unternimmt, um die Spannungen abzubauen und um eine langfristige und Beilegung der Nuklearfrage zu erreichen."

    Die USA sind die treibende Kraft hinten der harten Sanktionspolitik, mit der die Islamische Republik zur Änderung ihrer Atompolitik gezwungen werden soll. Doch es ist keineswegs ausgemacht, dass der Druck auf den Iran nach erfolgreichen Atomverhandlungen verschwinden würde.

    Selbst wenn das Problem gelöst würde, sagt der Publizist Davud Bavand in Teheran, würde das nicht auf aufhören.

    "Was folgen würde, wären Menschenrechtsfragen. Der Iran wurde beschuldigt, internationalen Terrorismus zu unterstützen - die Hamas, Jihad Islami und die Hisbollah. Die, sind ja alle auf die internationale Terrorliste gesetzt worden. Deshalb glaube ich nicht, dass das aufhört. Es werden eben andere Themen beleuchtet. Du wirst immer weiter dazu gezwungen, dich alternativlos dem gemeinen Druck der westlichen Mächte zu beugen."

    Letztlich, so betont Davud Bavand, gehe es Washington um einen Regimewechsel in Teheran – aus geostrategischen Gründen und um die Erniedrigung 444 Tage währender Geiselhaft amerikanischer Diplomaten zu Beginn der 80er Jahre zu vergelten.