Von den mehr als 1100 Fällen und 170 Toten in den letzten drei Monaten sind die meisten Gelbfieberfälle in der Hauptstadt Luanda aufgetreten. Normalerweise bleibt das Gelbfiebervirus im Regenwald. Dort übertragen es Mücken eigentlich zwischen Primaten. Manchmal stechen sie aber auch Menschen, und die können den Erreger in die Stadt bringen. Dort verteilen es andere Mücken weiter, sagt der Virologie-Professor Jonas Schmidt-Chanasit:
"Dadurch kann es eben zu sehr vielen Infektionen kommen, und gerade wenn der Impfschutz nicht flächendeckend ist und nicht gegeben ist, kann es eben zu vielen schweren Verläufen kommen. Die können ja dann auch als hämorrhagisches Fieber verlaufen, also mit Blutungen einhergehen. Das ist dann auch gerade in Großstädten ein großes Problem, weil es dann viele schwere Fälle gibt, viele schwere Verläufe."
Um die Ausbreitung zu stoppen, reagieren die Behörden in Angola mit einer groß angelegten Impfkampagne. Der Impfstoff wirkt sehr gut und schützt ein Leben lang, jedoch dauert es nach der Impfung zehn Tage, bis sie richtig wirkt. Die Zahl der Neuinfektionen sinke, meldet die WHO. Allerdings sei die Impfstoff-Reserve, die die WHO für Notfälle vorhält, inzwischen aufgebraucht. Die Herstellung ist langwierig. Und allein in Luanda fehlen anderthalb Millionen Dosen.
Reisende verbreiten Virus in andere Länder
Ebenfalls mit Sorge betrachtet die WHO, dass Reisende das Virus in andere Länder gebracht haben und dort ebenfalls Epidemien auslösen könnten. Nicht nur in Afrika, sagt der Gelbfieberexperte von der Medizinischen Universität Wien, Professor Franz Heinz.
So ist es auch diesmal passiert, dass Chinesen, die in Angola gearbeitet haben, dort infiziert wurden, und dieses Virus auch nach China gebracht haben. Die große Frage ist, ob das Gelbfiebervirus dann in China zum Beispiel auch eine Epidemie auslösen könnte.
Schon in der Vergangenheit wurde das Gelbfiebervirus immer wieder nach Asien eingeschleppt. Dort wäre so gut wie niemand dagegen geschützt. Grundsätzlich könnte sich das Virus auch dort festsetzen, sagt Franz Heinz.
"Weil im Grunde alle Voraussetzungen für die Übertragung dieses Virus auch in vielen Teilen Asiens vor allem in Südostasien, gegeben wären. Gelbfieber ist ja ein Virus, dass in erster Linie durch 'Aedes aegypti' übertragen wird, die auch in Asien, in Südostasien vor allem und auch in Teilen von Südchina vorkommen. Die Möglichkeit der Übertragung wäre in vielen Gebieten Asiens gegeben, bisher in der gesamten Geschichte der Menschheit allerdings ist es dort noch nie vorgekommen."
Größerer Ausbruch in Asien ist nicht zu erwarten
Warum das so ist, gehört zu den großen Mysterien der Virologie. Es gibt zwei Ansätze, das zu erklären, sagt Dr. Sandra Junglen, die am Universitätsklinikum Bonn Viren erforscht, die von Stechmücken übertragen werden.
"Es gibt zum einen die 'Asiatische Hypothese', die besagt, dass wenn ein Patient zuvor eine Dengue-Infektion gehabt hat, er Immun gegen das Gelbfiebervirus ist. Die sind sehr eng verwandt, die Viren. Dadurch kann das vorkommen, dass in Asien Dengue sehr weit verbreitet ist, und wenn dann Gelbfieber eingeschleppt wird, dass die Bevölkerung da zum Teil schon immun ist."
Die "Afrikanische Hypothese" wiederum besagt, dass die Gelbfiebermücke nur in Afrika in ausreichender Dichte vorkommt. In Asien machen ihr einheimische Mücken zu große Konkurrenz: Bei Infektionsversuchen hat sich gezeigt, dass die asiatischen Mücken Dengue sehr effektiv übertragen können, das Gelbfiebervirus hingegen nur sehr schlecht. Der Grund dafür liegt noch im Dunkeln.
Zwar könnten sich sowohl die Viren als auch die Mücken so verändern, dass sich der Erreger doch auch in Asien effektiv ausbreitet. Die Experten bleiben erst einmal gelassen, sagt Franz Heinz, der Wiener Virologe.
"Jedenfalls besteht derzeit kein zu großer Grund zur Panik."