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"Gelbwesten"-Proteste in Paris
Tränengasgranaten auf den Champs-Élysées

Bereits 500 Festnahmen bis zum Mittag, 8.000 Polizisten allein in Paris im Einsatz: Der vierte Aktionstag der "Gelbwesten" in Frankreich ist erneut von heftigen Zusammenstößen überschattet. Kaufhäuser und Geschäfte müssen schließen - mitten im Weihnachtsgeschäft.

Von Marcel Wagner |
    Mann mit Gelber Weste in Wurfhaltung umgeben von Rauch
    Gelbwesten-Proteste auf der Champs-Élysées am Samstagvormittag (MAXPPP Julien Mattia / Le Pictorium)
    Benjamin Cauchy, einer der Sprecher der gemäßigten Gelbwesten, hatte es in jedes Mikrofon gesagt: "Wir rufen nicht dazu auf, zu den Protesten nach Paris zu kommen."
    Doch wie erwartet blieb der Appell unerhört. Bereits am frühen Morgen sammelten sich die ersten Gelbwesten am Triumpfbogen und auf den Champs-Élysée. Viele wollten sich, wie Florian, von der drohenden Gewalt nicht abhalten lassen, ihren Protest kundzutun:
    "Ich bin in pazifistischer Absicht hier. Ich habe mit einigen geredet, die eher gewalttätig denken, die sagen, mit Gewalt verstehen sie uns besser. Aber ich habe ihnen gesagt, dass das zwar sein mag, aber keine Lösung ist."
    Potentielle Waffen, Hammer, Gasmasken
    Die Polizei ist mit einem so wohl noch nie dagewesenen Aufgebot vor Ort. 8.000 Beamte sollen allein in Paris für Ruhe sorgen. Und sie gehen diesmal deutlich früher gegen mögliche Gewalttäter vor als in der vergangenen Woche. Bereits an den Zufahrten nach Paris stoppten sie mutmaßliche Randalierer und fanden dabei Ausrüstung, die offenbar zu nichts anderem dienen soll als zu Krawallen wie in der vergangenen Woche.
    "Wir finden potentielle Waffen, Hammer, Gasmasken, die perfekte Grundausstattung für Randalierer. Das Leute, die nur da sind, um Geschäfte oder Monumente zu beschädigen", sagte Joahnna Primevert, Sprecherin der Pariser Polizeipräfektion. Um kurz nach elf gab Premierminister Edouard Philippe allererste Zahlen bekannt: "In Paris haben wir bereits 481 Personen in Gewahrsam genommen. Gegen 211 davon wird weiter ermittelt."
    Großer Ansehensverlust
    Bei allen Vorsichtsmaßnahmen war die Stimmung schon am Vormittag angespannt. Die Polizei setzte erste Tränengasgranaten ein. Auf den Champs-Élysées hatten sich, wie in der vergangenen Woche, wieder viele gewaltbereite Randalierer aus dem linken und rechten Spektrum unter die Demonstranten gemischt, auch wenn die Polizei die Lage zunächst deutlich besser unter Kontrolle hatte als am vergangenen Samstag. Der Schaden für die Stadt ist so oder so bereits immens. Sämtliche Geschäfte auf der Champs-Élysées, die großen Luxuskaufhäuser, hunderte kleine Geschäfte, dazu bedeutende Museen haben geschlossen und das mitten im Weihnachtsgeschäft. Vom Ansehensverlust ganz zu schweigen.
    "Wir müssen laufen, der Taxifahrer wollte uns nicht zum Hotel fahren", erzählte Steve aus Chicago mit Koffern beladen in einer Nebenstraße der Champs-Élysées, durch die bereits Tränengas zog. Und seine Frau Treena meinte: "Nein, das wussten wir nicht, wir wollten Paris und seine Schönheit im Dezember genießen. Mit dem hier haben wir überhaupt nicht gerechnet. Das ist echt gruselig." Viele Pariser und Pariserinnen dürften das heute auch so empfinden.