Grünes Geld
Wie kann man mit einer Geldanlage Gutes tun?

Immer mehr Menschen möchten mit ihrer Geldanlage einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Passend dazu gibt es zahlreiche Finanzprodukte, die als grün beworben werden – doch eine positive Wirkung auf das Klima haben längst nicht alle.

Von Tobias Pastoors |
    Solarpanels stehen vor zwei Windkraftanlagen.
    Auch wenn das eigene Geld grüne und nachhaltige Energien finanziert, ist damit noch keine Wirkung garantiert (picture alliance / dpa-mag / Nestor Bachmann)

    Überblick

    Welche Wirkung kann eine nachhaltige Geldanlage haben?

    „Lass uns doch mal erstmal anfangen, keinen Schaden anzurichten,“ sagt der Ökonom Christian Klein, der an der Universität Kassel zu nachhaltigen Geldanlagen forscht. Denn eine Wirkung von Geldanlagen sicher nachzuweisen, ist methodisch nicht trivial.
    Also Schritt eins: Keinen Schaden anrichten. Dieses Ziel ist für Anleger relativ einfach zu erreichen. Auf dem Markt gibt es ein breites Angebot an Aktienfonds, die als nachhaltig beworben werden. Über einen Aktienfonds besitzt man Anteile an zahlreichen Unternehmen – grüne Fonds schließen dabei meist Investments in bestimmte Branchen oder besonders umweltschädliche Unternehmen aus.
    Um Fonds zu finden, die mindestens schonmal kein Geld in die Rüstungs- oder Kohleindustrie investiert haben, können Anleger nach dem FNG-Siegel schauen, das jährlich vom "Forum Nachhaltige Geldanlage" vergeben wird. In der Datenbank der Initiative „Faire Fonds“, kann man selbst filtern, welche ethischen Konflikte man aus seiner Geldanlage raushalten möchte.
    Keinen Schaden anzurichten, reicht vielen Verbrauchern allerdings nicht aus: Nach einer repräsentativen Umfrage für die Verbraucherzentrale Bremen wünscht sich fast die Hälfte der Anleger von einer nachhaltigen Geldanlage zusätzlich eine positive Wirkung. Und zwei Drittel der Menschen mit diesem Wunsch, würden für eine Wirkung auch einen geringeren finanziellen Gewinn in Kauf nehmen.

    Wirkung durch Risikobereitschaft oder Renditeverzicht

    Um eine Wirkung zu erzielen, reicht es nicht aus, problematische Branchen zu meiden. Und selbst wer nur in grüne Vorzeigeunternehmen investiert, hat damit nicht automatisch eine Wirkung erzielt. Es kommt darauf an, ob das eigene Geld einen Unterschied macht. Eine Wirkung ist also beispielsweise erzielt, wenn mit dem investierten Geld eine Solaranlage finanziert wird, die ohne dieses Geld nicht gebaut worden wäre.
    Wirkung ist daher beispielweise erreichbar, indem man Geld an Unternehmen verleiht, die sonst nicht an ausreichend finanzielle Mittel kommen. Als Anleger kann man nun dazu beitragen, dass das Unternehmen genug Kapital bekommt, sein Geschäftsmodell entwickeln und darüber Wirkung erzielen kann.
    Man sollte sich dabei aber bewusst sein, dass es natürlich gute Gründe geben, kann, dass ein Unternehmen am Kapitalmarkt nicht ausreichend Geld einsammeln kann. Möglicherweise ist das Geschäftsmodell sehr riskant oder die Aussichten auf Gewinn sind nicht groß.

    Für mich bedeutet Nachhaltigkeit, dass man ein Ziel definiert: Man möchte den Klimawandel begrenzen, Kinderarbeit bekämpfen oder für Geschlechtergerechtigkeit eintreten. Und jeder Schritt, der uns diesem Ziel näherbringt, ist ein guter Schritt, egal ob es ein kleiner oder ein großer Schritt ist; Hauptsache es ist ein Schritt in die richtige Richtung.

    Christian Klein, Professor für Nachhaltige Finanzwirtschaft
    Einen weiteren Hebel für positiven Einfluss sieht der Ökonom Klein im bewussten Verzicht auf Rendite. Wer sein Geld zu einem Zins zur Verfügung stellt, der unter den marktüblichen Konditionen liegt, ermöglicht damit Investitionen, die sonst nicht wirtschaftlich wären. Niedrige Zinsen allein sind aber natürlich kein Beleg für Wirkung. Anleger sollten genau hinschauen, ob sie ein nachhaltiges Geschäftsmodell fördern oder ob sie mit ihren niedrigen Zinsen lediglich einen höheren Unternehmensgewinn finanzieren.

    Sind nachhaltige Anlagen riskanter oder weniger ertragreich?

    Das kommt darauf an. Bei manchen Anlageoptionen bezahlen Anleger eine erhoffte Wirkung mit einem Teil ihrer finanziellen Rendite, oder sie gehen dafür Risiken ein, die im Vergleich zu den zu erwartenden Gewinnen hoch sind. Wer hingegen keinen Anspruch an eine positive Wirkung hat, sondern sein Geld erstmal vor allem aus bestimmten Branchen und besonders umweltschädlichen Unternehmen raushalten möchte, der muss weder mit höheren Risiken noch mit niedrigeren Gewinnen rechnen.
    Seit 2005 gab es einen deutlichen Anstieg der Geldsumme, die mit nachhaltigen Kriterien angelegt war. 2022 waren in Deutschland fast 500 Milliarden Euro in grünen Geldanlagen.
    Mehr und mehr Geld ist in den vergangenen Jahren in Geldanlagen geflossen, die ethische Kriterien berücksichtigen (Statista/Forum Nachhaltige Geldanlage)
    Studien zeigen, dass nachhaltig orientierte Fonds im Durchschnitt nicht schlechter abschneiden als konventionelle. Über die vergangenen Jahrzehnte hat es sich für Anleger tendenziell sogar ausgezahlt, wenn sie auf Fonds mit Nachhaltigkeitskriterien gesetzt haben.
    Das zeigt sich auch beim Blick auf den MSCI World Index, der auch als Weltaktienindex bezeichnet wird. In ihm sind über 1500 Unternehmen aus der ganzen Welt gelistet, mit dem Ziel, dadurch die Weltwirtschaft abzubilden. Seit 2011 gibt es auch einen MSCI World SRI Index; SRI steht für socially responsible investing, bei der Auswahl der Unternehmen werden also ethische Kriterien einbezogen. Während der konventionelle Index seit 2011 um fast 170 Prozent gestiegen ist, hat der SRI-Index über 180 Prozent zugelegt. Wer in den Weltaktienindex investieren möchte, kann das über Indexfonds machen.

    Eine Wette auf Klimaschutz

    Ökonom Klein sieht in nachhaltig orientierten Fonds eine Art Wette. Unternehmen seien unterschiedlich gut vorbereitet, um schärfere Gesetze zu Klimaschutz und Sozialstandards einzuhalten. Mit klassischen nachhaltigen Fonds investiere man „nur in die Unternehmen, die noch da sind, wenn wir das 2-Grad-Ziel erreichen.“ Wer hingegen stark in Unternehmen investiert, die ihr Geschäftsmodell auf fossilen Energieträgern aufbauen, für den sei Klimaschutz dann eben ein Investitionsrisiko.

    Nachhaltige Anlagen sind besser durch die Coronakrise gekommen

    Einige Unterschiede in den Erträgen und Risiken von nachhaltigen und konventionellen Fonds kann man sich in den Jahren 2020 und 2022 anschauen. Im Februar 2020 sind die Börsen durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie abgestürzt, haben sich dann aber zügig erholt. Zum Jahresende 2020 war der MSCI World Index 16,5 Prozent im Plus – der SRI-Index hatte hingegen 20,48 Prozent Gewinn zu verbuchen.
    Ein Grund für die unterschiedliche Performance liegt darin, dass der SRI-Index Branchen anders gewichtet. Im SRI-Index liegt ein größerer Schwerpunkt auf Technologieunternehmen und auch die Gesundheitsbranche hat dort mehr Gewicht. Energieunternehmen sind hingegen wesentlich schwächer vertreten. Und während Technologie- und Pharmakonzerne von der Coronakrise teils stark profitiert haben, war Energie in Zeiten des Lockdowns weit weniger gefragt.
    Im Jahr 2022 kehrte sich dieses Bild um: Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine führte zur Verknappung von Energie-Ressourcen und ließ Investments in Öl und Gas wieder attraktiv aussehen. Für die Börsen ging es insgesamt bergab, doch während der SRI-Index um über 22 Prozent absackte, konnte der konventionelle Weltaktienindex den Verlust auf knapp 18 Prozent eingrenzen.

    Stabilität durch Kompromisse bei der Nachhaltigkeit

    Anleger sollten allerdings bei als nachhaltig deklarierten Fonds keine grüne Utopie erwarten. Im MSCI World SRI Index finden sich beispielsweise auch Coca-Cola und Pepsi - die Getränkehersteller werden von der Initiative „Break Free From Plastic“ als die zwei größten Plastikverschmutzer der Welt gelistet. Und auch in den Fonds, die im Jahr 2022 ein FSG-Siegel erhalten haben, finden sich beispielsweise Nestlé, BMW, Toyota oder Apple.
    Um die Risiken der Fonds auf einem vertretbaren Niveau zu halten, müssten diese in zahlreiche Unternehmen investieren, erklärt der Ökonom Christian Klein. Da könne man nicht nur in „Windradhersteller, die mindestens 50 Prozent Frauenanteil an Bord haben und die garantieren können, dass in der gesamten Wertschöpfungskette keine Kinderarbeit vorkommt“ investieren. Es gebe schlicht zu wenige solcher Vorzeigeunternehmen, um damit das Geld breit genug zu verteilen.

    Welchen Einfluss hat man, wenn man Aktien kauft?

    „Wenn ich mir eine Tesla-Aktie kaufe, verschwindet kein CO2 aus der Luft“, sagt der Ökonom Christian Klein. Wenn Anleger eine Aktie kaufen, dann wechselt die Aktie im Regelfall lediglich den Besitzer, für das Aktienunternehmen ändert sich dadurch erstmal nicht viel. Es fließt insbesondere kein Geld in das Unternehmen.
    Aktionäre können aber trotzdem Wirkung entfalten. Das gilt zumindest für die Besitzer von Stamm- oder Namensaktien, denn sie können auf der Hauptversammlung die Geschicke des Unternehmens beeinflussen – und auch auf Nachhaltigkeit pochen. Wer Vorzugsaktien besitzt, die am „Vz.“ im Namen zu erkennen sind, hat dort hingegen kein Stimmrecht.
    Doch selbst wenn man sich die Zeit nimmt, an der Hauptversammlung teilzunehmen, hat man als Kleinanleger dort nicht viel Entscheidungsgewicht, denn das Stimmrecht hängt mit der Zahl der Aktien zusammen. Entscheidend für den Kurs sind also die Großaktionäre.
    Um sein Stimmrecht als Kleinanleger wirkungsvoller zu nutzen, gibt es zwei Wege: Man kann sein Stimmrecht zum einen übertragen, zum Beispiel an den „Dachverband Kritische Aktionäre“. Mit den übertragenen Stimmen macht der Verband sich für Klimaschutz, Menschenrechte und andere Themen stark.
    Einfacher macht man es sich, wenn man keine einzelnen Aktien kauft, sondern auf Aktienfonds setzt. Das Stimmrecht liegt dann beim Fondsmanagement. Anleger sollten daher nicht nur darauf achten, welche Vermögenswerte in einem Fonds sind, sondern auch, wer den Fonds leitet. Mit den Stimmrechten der Anleger im Rücken können Fondsmanager Einfluss auf Unternehmensentscheidungen nehmen und darüber auch Wirkung erzielen.
    Fonds, die Wirkung erzielen sollen, werden oft mit dem Schlagwort „Impact“ beworben. Manche Anbieter berichten auf ihrer Webseite auch ausführlich über ihre Aktivitäten als Investor und über erreichte Ziele. Bei vielen Finanzprodukten ist für Anleger aber kaum nachvollziehbar, welche Wirkung durch welche Mittel erreicht werden soll.

    Was kann man mit anderen Finanzprodukten erreichen?

    Wer grüne Geschäftsmodelle fördern möchte und bereit ist, dafür ins Risiko zu gehen, der kann sich nach Crowdinvestings umschauen. Über Crowdinvesting-Plattformen können Anleger schon mit kleinen Summen Geld an Unternehmen verleihen und es gibt auch Plattformen, die auf ethische Investitionen spezialisiert sind. „Gemeinsam mit anderen Investoren ermöglichen Sie visionäre und nachhaltige Vorhaben“, schreibt etwa die GLS-Crowd, die Crowdinvesting-Plattform der GLS Bank, auf ihrer Webseite.
    Um die sechs Prozent Zinsen bieten die Unternehmen an – aber eben mit beträchtlichem Risiko. Bei neun der 49 Unternehmen, für die die GLS-Crowd Geld eingesammelt hat, ist die Rückzahlung im September 2023 fraglich. Für Anleger kann das bedeuten, dass sie von ihrem investierten Geld nichts zurückbekommen. Denn auf Crowdinvesting-Plattformen werden im Regelfall Nachrangdarlehen abgeschlossen. Kommt das Unternehmen in Zahlungsschwierigkeiten, dann stehen die Gläubiger mit Nachrangdarlehen auf der Prioritätenliste für Rückzahlungen weit hinten.

    Green Bonds: Weniger Risiko, weniger Wirkung

    Weniger Risiko gehen Anleger ein, wenn sie Anleihen kaufen, aber auch hier ist ein Totalverlust möglich. Auch bei Anleihen gibt es einen Markt für grüne Produkte, die dann als Green Bonds bezeichnet werden. Dass damit eine nennenswerte Wirkung für Nachhaltigkeit erzielen werden kann, hält der Ökonom Christian Klein allerdings eher für unwahrscheinlich.
    Denn für Green Bonds zahlen Unternehmen im Durchschnitt die gleichen Zinsen wie für Anleihen ohne grünes Label. Es sei daher sehr wahrscheinlich, dass „über Green Bonds grüne Realinvestitionen finanziert werden, die ohnehin durchgeführt worden wären“, heißt es in einer Studie, die Klein zusammen mit dem Ökonom Marco Wilkens für den Verbraucherzentrale Bundesverband geschrieben hat.

    Welche Wirkung kann ein Tagesgeld-Konto haben?

    Wer keine Risiken eingehen möchte und sein Geld trotzdem zumindest teilweise für kleine nachhaltige Vorzeige-Unternehmen zur Verfügung stellen möchte, der kann es zu einer nachhaltigen Bank bringen. Auf der Suche nach einer Bank mit den passenden ethischen Standards, hilft zum Beispiel der Fair Finance Guide. Den stellt der Verein "Facing Finance" zusammen mit der Verbraucherzentrale Bremen online kostenfrei zur Verfügung.
    Der Vorteil der Banken: Sie können – verglichen mit Privatanlegern – relativ leicht in kleine Vorzeigeunternehmen investieren. Zum einen, weil sie Expertise haben, um die Risiken einzuschätzen, zum anderen, weil sie Kredite an Tausende Unternehmen vergeben und damit ihr Risiko streuen. Die Ökonomen Klein und Wilkens halten es für sehr gut möglich, dass Einlagen bei Nachhaltigkeitsbanken zu zusätzlichen nachhaltigen Investitionen führen, also Wirkung entfalten.

    Nachhaltige Banken bieten weniger Zinsen

    Dazu passt, dass Anleger für eine Einlage bei einer der deutschen Nachhaltigkeitsbanken auch tatsächlich auf Rendite verzichten. Im September 2023 gab es bei nachhaltigen Banken bis zu zwei Prozent Zinsen auf Tagesgeld, bei konventionellen Anbietern hingegen drei Prozent.