Die Erforschung der Familienunternehmen und des Mittelstandes ist ein blinder Fleck in der Wissenschaft. Auch die überregionalen Zeitungen, Zeitschriften und Magazine interessieren sich fast ausschließlich für die börsennotierten Dax 30-Unternehmen. Eine Ausnahme ist das Institut für Familienunternehmen, das der Privaten Universität Witten/Herdecke angeschlossen ist. Mit seinem neuen Buch "Die Einflussreichen. Henkel, Otto und Co. - Wer in Deutschland Geld und Macht hat" stößt der Wirtschaftsjournalist Ulrich Viehöver also in eine Marktlücke. Der Autor hat bereits mit seiner kritischen Biographie des Porsche-Chefs Wendelin Wiedeking 2003 für Furore gesorgt. Der flott formulierende Viehöver ist ein bekennender, aber nicht apologetischer Fan von Familienunternehmen. Das macht er schon in seiner Einleitung deutlich, in der er mit der Konzernfixiertheit der Politiker ins Gericht geht:
" Der wahre Reichtum an Firmen gerät hierzulande aus dem Blickfeld. Einseitig beherrschen börsennotierte, anonyme Kapitalgesellschaften und ihre (angestellten) Topmanager ungestört das Feld. Dabei haben sie kaum noch Erfolge vorzuweisen. Über ihre Schwächen kann auch das täglich verwirrend, weil widersprüchlich inszenierte Börsengeschehen nicht mehr hinwegtäuschen. Leider lassen sich viele Politiker bereitwillig von den tonangebenden Konzernen und ihren geschmeidigen Lobbyisten um den Finger wickeln.(...)Gerade Aktiengesellschaften bauen jetzt Stellen ab und vernichten durch ihr verheerendes Missmanagement Milliardenwerte. Zu bereitwillig geben die Vorstände dem Druck hemmungsloser Börsenspieler nach, gerade den unersättlichen Spekulanten- und Hedgefonds. Und vom Infarkt der Kapitalmärkte um das Jahr 2001 und der Götterdämmerung bei den Banken haben sich viele Gesellschaften und Aktionäre lange nicht erholt. Stattdessen versagen die kapitalen Konzerne und ihre Manager als Unternehmer zusehends. "
Viehöver positioniert sich völlig anders als zum Beispiel Wolfgang Münchau, der in seinem neuen Buch über "Das Ende der Sozialen Marktwirtschaft" den Mittelstand als "heilige Kuh" und Grund für Deutschlands wirtschaftliche Probleme darstellt. Viehöver ist kein Freund anonymer Kapitalgesellschaften. Er findet es gut, dass in Familienunternehmen die Bindung der Mitarbeiter an die Firma stärker ausgeprägt ist. Wer über Jahrzehnte die eigene Selbständigkeit zäh verteidigt hat, folgt nicht so leicht den Moden und Beratertrends oder erliegt gar der Hetzjagd hysterischer Spekulanten. Die Politik von Familienfirmen ist langfristiger angelegt und auf Sicherheit ausgerichtet. Viele Chefs von inhabergeführten Unternehmen empfinden es als persönliche Niederlage, wenn sie ihre Leute entlassen müssen. Doch anders als in den USA ist es in Deutschland nicht Sitte, dass die teilweise superreichen Angehörigen eines Familienunternehmens mit Geld, Vermögen und Macht öffentlich protzen. Viehöver lüftet ein wenig den Vorhang und schaut, was sich hinter den Namen Merckle, Boehringer, Beisheim, Mohn, Henkel, Oppenheim oder Otto verbirgt. Vielleicht ziehen die genannten Unternehmen ihre Stärke aber auch daraus, dass sie nicht täglich die Spalten der Zeitungen füllen und Schlagzeilen produzieren:
" Selbstverständlich ist in Familienbetrieben nicht alles Gold was glänzt, weshalb auch die negativen Seiten in diesem Buch angesprochen werden. Dennoch, alles zusammen - Ausdauer, Einigkeit und Verantwortungsbewusstsein - scheint ein dauerhaft wirksames Rezept gegen lästige Heuschrecken und Vampire, die anonyme Gesellschaften überfallen und am Ende nur Leere zurücklassen. Familienunternehmen dagegen erfüllen zunehmend eine volkswirtschaftlich stabilisierende Funktion. Kein Wunder also, dass das Interesse der Öffentlichkeit an dieser ursprünglichsten Form der Privatwirtschaft langsam erwacht. "
Das Wittener Institut für Familienunternehmen stützt viele der Thesen, die Viehöver in journalistischer und anekdotenhafter Weise in sein Buch einstreut. Familienunternehmen sind zunächst einmal anders, da eine Familie den bestimmenden Einfluss auf die Entwicklung der Geschäfte nimmt. Sie sind erfolgreicher, weil für eine Familie im Zweifelsfall gilt: "Das Unternehmen geht vor". So gilt bei den Merckles, die von A wie Arznei bis Z wie Zement so ziemlich alles herstellen, der Spruch: "Unsere Firma ist unsere Familie". Familienunternehmen sind nach Erkenntnissen der Forscher langlebiger, unternehmerischer, familiärer, potentiell intelligenter, aber auch beratungsresistenter. Zudem sind sie dadurch besonders gefährdet, dass sich Familienstreitigkeiten, Vertrauensverlust, enttäuschte Bindungen oder Gefühle verratener Loyalität dramatisch auf das Unternehmen durchschlagen können. Manche Familienunternehmen unterschätzen auch die Risiken, denen sie täglich ausgesetzt sind, meint der Vorstandschef der Gothaer Versicherung, Werner Görg, wenn er sagt:
" Erschreckend viele Familienunternehmer unterschätzen mögliche Risiken, die ihnen und damit auch ihrem Betrieb drohen können. Jeder, der investiert, auf neue Geschäftsmodelle setzt oder sich in fremde Märkte wagt, geht Risiken ein. Dabei gehört es gerade zu den Tugenden eines guten Unternehmers, nicht verzagt in die Zukunft zu blicken. Leider kann diese Tugend auch zum Nachteil werden. Es gibt eine Reihe von Risiken, die man unternehmerisch kaum beeinflussen kann, die aber berücksichtigt und abgesichert sein müssen. Nach Erhebungen der Gothaer sind bei rund 80 Prozent der Unternehmen die Versicherungssummen viel zu niedrig angesetzt und könnten bei Schadenseintritt sogar zur Insolvenz führen. "
Wer sich als Familienunternehmer also selbst überschätzt und vor Risiken die Augen verschließt, die es ja auch gibt, der erleidet nicht nur persönlich Schiffbruch. Er setzt auch das Werk von Generationen in den Sand.
Ulrich Viehöver: Die Einflussreichen
Henkel, Otto und Co. - Wer in Deutschland Geld und Macht hat
Campus Verlag: Frankfurt-New York 2006
€ 24,90, 324 Seiten
" Der wahre Reichtum an Firmen gerät hierzulande aus dem Blickfeld. Einseitig beherrschen börsennotierte, anonyme Kapitalgesellschaften und ihre (angestellten) Topmanager ungestört das Feld. Dabei haben sie kaum noch Erfolge vorzuweisen. Über ihre Schwächen kann auch das täglich verwirrend, weil widersprüchlich inszenierte Börsengeschehen nicht mehr hinwegtäuschen. Leider lassen sich viele Politiker bereitwillig von den tonangebenden Konzernen und ihren geschmeidigen Lobbyisten um den Finger wickeln.(...)Gerade Aktiengesellschaften bauen jetzt Stellen ab und vernichten durch ihr verheerendes Missmanagement Milliardenwerte. Zu bereitwillig geben die Vorstände dem Druck hemmungsloser Börsenspieler nach, gerade den unersättlichen Spekulanten- und Hedgefonds. Und vom Infarkt der Kapitalmärkte um das Jahr 2001 und der Götterdämmerung bei den Banken haben sich viele Gesellschaften und Aktionäre lange nicht erholt. Stattdessen versagen die kapitalen Konzerne und ihre Manager als Unternehmer zusehends. "
Viehöver positioniert sich völlig anders als zum Beispiel Wolfgang Münchau, der in seinem neuen Buch über "Das Ende der Sozialen Marktwirtschaft" den Mittelstand als "heilige Kuh" und Grund für Deutschlands wirtschaftliche Probleme darstellt. Viehöver ist kein Freund anonymer Kapitalgesellschaften. Er findet es gut, dass in Familienunternehmen die Bindung der Mitarbeiter an die Firma stärker ausgeprägt ist. Wer über Jahrzehnte die eigene Selbständigkeit zäh verteidigt hat, folgt nicht so leicht den Moden und Beratertrends oder erliegt gar der Hetzjagd hysterischer Spekulanten. Die Politik von Familienfirmen ist langfristiger angelegt und auf Sicherheit ausgerichtet. Viele Chefs von inhabergeführten Unternehmen empfinden es als persönliche Niederlage, wenn sie ihre Leute entlassen müssen. Doch anders als in den USA ist es in Deutschland nicht Sitte, dass die teilweise superreichen Angehörigen eines Familienunternehmens mit Geld, Vermögen und Macht öffentlich protzen. Viehöver lüftet ein wenig den Vorhang und schaut, was sich hinter den Namen Merckle, Boehringer, Beisheim, Mohn, Henkel, Oppenheim oder Otto verbirgt. Vielleicht ziehen die genannten Unternehmen ihre Stärke aber auch daraus, dass sie nicht täglich die Spalten der Zeitungen füllen und Schlagzeilen produzieren:
" Selbstverständlich ist in Familienbetrieben nicht alles Gold was glänzt, weshalb auch die negativen Seiten in diesem Buch angesprochen werden. Dennoch, alles zusammen - Ausdauer, Einigkeit und Verantwortungsbewusstsein - scheint ein dauerhaft wirksames Rezept gegen lästige Heuschrecken und Vampire, die anonyme Gesellschaften überfallen und am Ende nur Leere zurücklassen. Familienunternehmen dagegen erfüllen zunehmend eine volkswirtschaftlich stabilisierende Funktion. Kein Wunder also, dass das Interesse der Öffentlichkeit an dieser ursprünglichsten Form der Privatwirtschaft langsam erwacht. "
Das Wittener Institut für Familienunternehmen stützt viele der Thesen, die Viehöver in journalistischer und anekdotenhafter Weise in sein Buch einstreut. Familienunternehmen sind zunächst einmal anders, da eine Familie den bestimmenden Einfluss auf die Entwicklung der Geschäfte nimmt. Sie sind erfolgreicher, weil für eine Familie im Zweifelsfall gilt: "Das Unternehmen geht vor". So gilt bei den Merckles, die von A wie Arznei bis Z wie Zement so ziemlich alles herstellen, der Spruch: "Unsere Firma ist unsere Familie". Familienunternehmen sind nach Erkenntnissen der Forscher langlebiger, unternehmerischer, familiärer, potentiell intelligenter, aber auch beratungsresistenter. Zudem sind sie dadurch besonders gefährdet, dass sich Familienstreitigkeiten, Vertrauensverlust, enttäuschte Bindungen oder Gefühle verratener Loyalität dramatisch auf das Unternehmen durchschlagen können. Manche Familienunternehmen unterschätzen auch die Risiken, denen sie täglich ausgesetzt sind, meint der Vorstandschef der Gothaer Versicherung, Werner Görg, wenn er sagt:
" Erschreckend viele Familienunternehmer unterschätzen mögliche Risiken, die ihnen und damit auch ihrem Betrieb drohen können. Jeder, der investiert, auf neue Geschäftsmodelle setzt oder sich in fremde Märkte wagt, geht Risiken ein. Dabei gehört es gerade zu den Tugenden eines guten Unternehmers, nicht verzagt in die Zukunft zu blicken. Leider kann diese Tugend auch zum Nachteil werden. Es gibt eine Reihe von Risiken, die man unternehmerisch kaum beeinflussen kann, die aber berücksichtigt und abgesichert sein müssen. Nach Erhebungen der Gothaer sind bei rund 80 Prozent der Unternehmen die Versicherungssummen viel zu niedrig angesetzt und könnten bei Schadenseintritt sogar zur Insolvenz führen. "
Wer sich als Familienunternehmer also selbst überschätzt und vor Risiken die Augen verschließt, die es ja auch gibt, der erleidet nicht nur persönlich Schiffbruch. Er setzt auch das Werk von Generationen in den Sand.
Ulrich Viehöver: Die Einflussreichen
Henkel, Otto und Co. - Wer in Deutschland Geld und Macht hat
Campus Verlag: Frankfurt-New York 2006
€ 24,90, 324 Seiten